Eines der größten Schreckgespenster für Unternehmerinnen oder Unternehmer hierzulande ist die Insolvenz. Gerade an der Spitze kleinerer Betriebe lösen wirtschaftliche Schwierigkeiten Angst vor dem Verlust der unternehmerischen Eigenverantwortung aus. Natürlich ist vorausschauendes Handeln und Planen der beste Weg, um in sicherem Fahrwasser zu bleiben. Doch selbst in der Insolvenz können Unternehmer und Unternehmerinnen das Heft in der Hand behalten – dank der Möglichkeit zur Sanierung in Eigenverwaltung. Vielen zahlungsunfähigen oder überschuldeten Firmen gesteht die Insolvenzordnung (InsO) das sogenannte Eigenverwaltungsverfahren zu, das Anreize für vorausschauenderes Handeln in der Insolvenz geben soll. Es lässt Unternehmen auch in der Insolvenz viel Eigenverantwortung. Allerdings müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein, damit Unternehmen in der Krise diese Art des Insolvenzverfahrens durchlaufen können – rechtlich, steuerlich und wirtschaftlich. Der Chef oder die Chefin sollte daher spätestens bei absehbaren finanziellen Schwierigkeiten mit der Steuerberatungskanzlei die Probleme besprechen. Auch die Anwaltskanzlei sollte am besten zurate gezogen werden, bevor ein Insolvenzgrund eintritt.
Das macht die Sanierung in Eigenverwaltung besonders
Die Sanierung in Eigenverwaltung ist ein vergleichsweise neuer Bestandteil des Insolvenzrechts. Sie kommt seit ihrer Einführung in der Praxis selten zur Anwendung. Der Anteil dieser Verfahren liegt seit Jahren im kleinen einstelligen Prozentbereich. Dabei wäre eine Sanierung in Eigenverwaltung für viele angeschlagene Unternehmen interessant. Wie schon der Begriff Eigenverwaltungsverfahren sagt, wird bei dieser Form des Insolvenzverfahrens auf den sonst obligatorischen Insolvenzverwalter verzichtet. Der Grund hierfür ist pragmatisch: Die jahrzehntelange Erfahrung von Insolvenzverwaltern zeigt, dass eine Insolvenz regelmäßig viel zu spät angemeldet wird. Das dreimonatige Insolvenzgeld, das der Sanierung dienen soll und rückwirkend zur Auszahlung kommt, ist dann beim Insolvenzantrag oft bereits aufgebraucht. Meistens kann der Betrieb so nur noch abgewickelt oder gleich liquidiert werden. Für eine Sanierung ist es dann längst zu spät. Die Sanierung in Eigenverwaltung gemäß Insolvenzordnung (InsO) soll nach dem Willen des Gesetzgebers die Sanierung von Unternehmen (ESUG) erleichtern, indem sie einen Anreiz für frühzeitige Insolvenzanträge gibt.
So unterscheiden sich Regel- und Eigenverwaltungsverfahren
Die Sanierung in Eigenverwaltung unterscheidet sich stark vom klassischen, sogenannten Regelinsolvenzverfahren. Im Regelverfahren übernimmt ein Insolvenzverwalter die Verwertung des Schuldnervermögens. Als Vollstrecker erhält er die Verfügungsbefugnis über das gesamte Schuldnervermögen (§80 Abs.1 InsO). Für die Verwertung gibt es prinzipiell drei Möglichkeiten:
- die Zerschlagung des Unternehmens
- die Ausproduktion, also das Abarbeiten bereits erteilter Aufträge und dann die Abwicklung
Die Alternative zum Regelverfahren ist die Befriedigung von Gläubigern auf Grundlage eines Insolvenzplans (§§217ff. InsO). Ein solcher Insolvenzplan gemäß InsO hat zum Ziel, die Krise zu überwinden, um am Ende saniert dazustehen. Der (alte) Rechtsträger bleibt in einem solchen Insolvenzplanverfahren bestehen. Die Gläubiger verzichten im Regelfall auf Teile ihrer Forderungen – beispielsweise auf 50 Prozent – oder erhalten Erlöse aus der Betriebsfortführung. Fachleute bezeichnen das Insolvenzplanverfahren – weil auch in der Krise eine vorausschauende Planung stattfindet – als strategische Insolvenz. Und im Zusammenhang mit der Sanierung kann der Schuldner die Eigenverwaltung beantragen, so dass das Insolvenzverfahren in Eigenregie läuft.
Besonderheiten der Sanierung in Eigenverwaltung
Statt eines Insolvenzverwalters wird bei der Sanierung in Eigenverwaltung lediglich ein sogenannter Sachwalter bestellt. Die bisherigen Leitungsorgane des Unternehmens behalten die Verfügungsbefugnis. Im Eigenverwaltungsverfahren geht also – anders als in §80 Abs.1 InsO vorgesehen – nicht die Verfügungsgewalt über das Vermögen auf den Insolvenzverwalter über. Stattdessen hat der Sachwalter im Eigenverwaltungsverfahren nur Kontroll- und Aufsichtsfunktion – und die Unternehmerin oder der Unternehmer behält auch in der Insolvenz die Eigenverantwortung. Anders als im Regelverfahren üblich bleibt im Planverfahren der Schuldner als Rechtsträger erhalten. Insolvenz bedeutet mit dem Eigenverwaltungsverfahren für Unternehmen also mehr Eigenverantwortung und auch Kontinuität. Der Gesetzgeber sieht diese Form des Insolvenzverfahrens erklärtermaßen als Möglichkeit für Firmen vor, eine Krise unter staatlichem Schutz zu meistern. Der Gläubigerschutz soll hier also mehr in Einklang mit dem Schuldnerschutz stehen.
Diese Vorteile bringt eine Sanierung in Eigenverwaltung
Der Gesetzgeber gewährt insolventen Unternehmen mit der Sanierung in Eigenverwaltung eine Vielzahl von Sondervergünstigungen. Die Geschäftsführung bleibt im Amt und vertritt die Organisation weiter nach außen. Für bis zu drei Monate gibt es eine Vorfinanzierung der Löhne und Gehälter aus den Mitteln des Insolvenzgeldes. Die so gesparte Liquidität kann das Unternehmen voll für die Sanierung einsetzen. Das Eigenverwaltungsverfahren eröffnet außerdem die Möglichkeit, sich unter Insolvenzschutz durch eine einfache Erklärung aus ungünstigen, auch langfristigen Verträgen zu lösen. Zahlungen, die unter Druck geleistet worden sind, lassen sich zurückfordern. Die Entlassung von Personal ist leichter und regelmäßig auch ohne Abfindungen möglich. Das Sanierungskonzept bedarf nicht der Zustimmung aller Gläubiger, sondern kann auch mit Mehrheit durchgesetzt werden. Und während der gesamten Dauer des Verfahrens ist das Unternehmen vor Eingriffen der Gläubiger geschützt. Im Gegenzug zu einer frühzeitigen Insolvenzanmeldung gewährt das ESUG-reformierte Insolvenzrecht dem Unternehmen also eine Art wettbewerbsrechtlicher Auszeit.
Doch auch die Gläubigerrechte werden gestärkt
Unternehmer oder Unternehmerinnen sollten sich allerdings keiner Illusion hingeben: Insgesamt ist die Einflussnahme der Gläubiger durch das ESUG nicht geringer als im Regelinsolvenzverfahren, sondern sogar noch stärker. Sie werden in Form eines vorläufigen Gläubigerausschusses bereits frühzeitig mit in das Eigenverwaltungsverfahren eingebunden – mit sehr weitreichenden Rechten. Gläubiger können im Eigenverwaltungsverfahren etwa Einfluss auf die Anordnung der Eigenverwaltung, die Bestellung des (vorläufigen) Sachwalters sowie die Beauftragung eines Kassenprüfers, eines Bewertungsgutachters oder weiterer Dienstleister nehmen. Außerdem kontrollieren sie den Schuldner und (vorläufigen) Sachwalter und erhalten regelmäßig Informationen über den Gang des Verfahrens. Der Gläubigerausschuss trifft bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch Entscheidungen über die Eigenverwaltung, die das Gericht vorläufig nach §270 InsO bereits zwischen Insolvenzantragstellung und Eröffnung anordnen kann – im Rahmen des sogenannten Schutzschirmverfahrens.
Unternehmen erstellt den Insolvenzplan unterm Schutzschirm
Ein wichtiger Aspekt der Sanierung in Eigenverwaltung ist die bis zu dreimonatige Schonfrist zwischen Eröffnungsantrag und Verfahrenseröffnung – das sogenannte Schutzschirmverfahren nach §270 InsO. In dieser Zeit erhält der Schuldner die Möglichkeit, unter Aufsicht eines vorläufigen Sachwalters in Eigenverwaltung – frei von Vollstreckungsmaßnahmen – einen Sanierungsplan zu erstellen: den anschließenden Insolvenzplan für die Sanierung in Eigenverwaltung. Dass setzt zum einen den schriftlichen Antrag mit Nennung eines Insolvenzgrundes – Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung oder drohende Zahlungsunfähigkeit – voraus sowie den Beschluss des zuständigen Gerichts. Und außerdem, dass „keine Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird“. Existiert ein vorläufiger Gläubigerausschuss, ist dieser zum Antrag der Eigenverwaltung zu hören. So attraktiv die Chancen der Sanierung in Eigenverwaltung für Unternehmer und Unternehmerinnen also sein mögen – die Anforderungen sind durchaus immens. Und es gibt Unwägbarkeiten.
Eigenverwaltung ist kein Selbstzweck, sie dient den Gläubigern
Nach einem Beschluss des Amtsgerichts Köln ist die Sanierung in Eigenverwaltung auch mit der erneuerten Insolvenzordnung kein Selbstzweck (Az.:73IN125/12). Der entsprechende Antrag müsse sich weiterhin daran messen lassen, dass die Gläubiger, um deren Befriedigung es im Insolvenzverfahren geht, Vertrauen zum Management des Schuldners haben. Diese Hürde also muss der Firmenchef oder die Firmenchefin nehmen. Deshalb tun Betroffene gut daran, frühzeitig mit ihrer Steuerberatungskanzlei über eine mögliche Insolvenz oder die Notwendigkeit einer Sanierung zu sprechen. So lassen sich eher die Weichen hin zu einer auch aus Gläubigersicht aussichtsreichen Sanierung stellen.
Unternehmerinnen und Unternehmer sollten sich vor einem geplanten Eigenverwaltungsverfahren außerdem klarmachen: Das Verfahrensziel der Eigenverwaltung ist nicht nur kein Selbstzweck – es ist auch grundsätzlich offen. Die Sanierung in Eigenverwaltung kann daher einige Unwägbarkeiten mit sich bringen. So kommt alternativ zur Sanierung gemäß Insolvenzplan des Chefs oder der Chefin durchaus ein möglicher Verkauf der Wirtschaftsgüter und eine Übertragung des Geschäftsbetriebes im Rahmen eines sogenannten Asset-Deals in Frage – der Betrieb könnte also auch im Eigenverwaltungsverfahren ungeplant den Eigentümer wechseln. Die Gesellschafterebene könnte sich im Rahmen eines Insolvenzplans ebenfalls verändern und der Kreis der Gesellschafter durch Investoren eine Erweiterung erfahren. Und wie beim Regelverfahren in der Hand eines externen Insolvenzverwalters, kann der Geschäftsbetrieb auch im Eigenverwaltungsverfahren trotz anders lautender Pläne stillgelegt werden. Wer die Sanierung in Eigenverwaltung anstrebt, kann also vor der unerwünschten Situation stehen, dass am Ende nur noch ein Versteigerungsverfahren für die Veräußerung der Wirtschaftsgüter eröffnet wird.
Diese Angaben gehören in den Antrag auf Eigenverwaltung
Nach den Regelungen durch das ESUG hat der Schuldner seinem Antrag generell ein Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen beizufügen. Hat der Schuldner seinen Geschäftsbetrieb noch nicht eingestellt, sind folgende Gläubiger besonders zu kennzeichnen:
- Die mit den höchsten Forderungen
- Jene mit den höchsten gesicherten Forderungen
- Forderungen der Finanzverwaltung
- Forderungen der Sozialversicherungsträger
- Verbindlichkeiten aus betrieblicher Altersversorgung
Der Steuerberater weiß, in welcher Rangfolge Gläubiger bedient werden und welcher Gruppe sie im Antrag zuzuordnen sind. Für das letzte Wirtschaftsjahr muss der Schuldner folgende Angaben machen:
- zur Bilanzsumme
- zu den Umsatzerlösen
- zur durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen
Zudem ist schon dem Antrag auf Sanierung oder vorläufige Sanierung in Eigenverwaltung die Erklärung des Schuldnervertreters beizufügen, dass die Angaben vollständig und richtig sind. Diese Aufgabe sollten Unternehmer der Steuerberatungskanzlei übertragen. Wie üblich, prüft das Insolvenzgericht auch beim Antrag auf Sanierung in Eigenverwaltung, ob der Insolvenzantrag zulässig ist und das Verfahren eröffnet werden kann. Hierfür muss ein Insolvenzgrund existieren – also Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung oder drohende Zahlungsunfähigkeit, letztere nur bei Eigenantrag – und eine Deckung der Verfahrenskosten vorliegen. Das Gericht darf darüber aufgrund eigener Sachkenntnis entscheiden, soweit die vorliegenden Unterlagen dafür ausreichen. Bei Regelinsolvenzverfahren („Unternehmensinsolvenzen“, „IN-Verfahren“) braucht es in der Regel zuvor ein Sachverständigengutachten.
Eigenverwaltung ist auch nachträglich möglich
Die Sanierung in Eigenverwaltung kann im eröffneten Insolvenzverfahren auf Antrag der Kopf- und Summenmehrheit durch die erste Gläubigerversammlung eingerichtet werden. Auch eine bereits angeordnete Eigenverwaltung kann gemäß ESUG wieder aufgehoben werden, wenn dies
- die Gläubigerversammlung mit Summen- und Kopfmehrheit (§272 Abs.1 Nr.1 InsO) beantragt oder
- ein absonderungsberechtigter Gläubiger oder
- ein Insolvenzgläubiger, der glaubhaft machen kann, dass ihm durch die Eigenverwaltung erhebliche Nachteile drohen (§272 Abs.1 Nr.2 InsO).
Aufgaben des Sachwalters bei der Sanierung in Eigenverwaltung
Das Gesetz weist dem Sachwalter oder vorläufigen Sachwalter beziehungsweise der Sachwalterin bei einer Sanierung in Eigenverwaltung folgende Kompetenzen zu:
- Verbindlichkeiten, die nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, soll der Schuldner nur mit Zustimmung des Sachwalters eingehen (§275 Abs.1 Satz 1 InsO).
- Verbindlichkeiten, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, soll der Schuldner nicht eingehen, wenn der Sachwalter widerspricht (§275 Abs.1 Satz 2 InsO).
Der Sachwalter hat das Recht zur Führung der Kasse; er kann verlangen, dass alle eingehenden Gelder nur von ihm entgegengenommen und Zahlungen auch nur von ihm veranlasst werden (§275 Abs.2 InsO).
Das schuldnerische Unternehmen hat das Verzeichnis der Massengegenstände, das Gläubigerverzeichnis sowie die Vermögensübersicht zu erstellen und zur Insolvenzakte einzureichen. Die Verzeichnisse und den Bericht zur Gläubigerversammlung erhält der Sachwalter vorab zur Prüfung und Stellungnahme – ein vorläufiger Gläubigerausschuss auch bereits vor der offiziellen Eröffnung des Eigenverwaltungsverfahrens. Der Sachwalter nimmt Stellung zu dem Bericht und den Verzeichnissen, geht auf die Zusammenarbeit sowie die Voraussetzungen der Eigenverwaltung ein und nimmt gegebenenfalls auch Stellung zum Sanierungsvorschlag. Außerdem prüft der Sachwalter mögliche Haftungs- und Anfechtungsansprüche und nimmt hierzu Stellung. Sollten Unternehmer oder Unternehmerinnen selbst einmal in einem Gläubigerausschuss sitzen, müssen sie wissen: Bei der Sanierung in Eigenverwaltung obliegt die Prüfung ihrer Insolvenzforderungen dem Sachwalter. Er gibt die Tabellenerklärungen zu den angemeldeten Forderungen gegenüber dem Gericht ab. Haben Gläubiger ihre Forderung rechtzeitig angemeldet und hören nichts vom Insolvenzverwalter, ist das gut. Ihre Forderung zur Insolvenztabelle ist damit nach §179 Abs.3 Satz 3 InsO angemeldet.
Unternehmen müssen viele Fragen mit dem Steuerberater klären
Vor Bestellung eines Sachwalters für die Sanierung in Eigenverwaltung sollten Unternehmer und Unternehmerinnen mit der Steuerberatungskanzlei die praktischen Fragen besprechen. So ist beispielsweise zu klären, ob sie noch Lieferungen und Leistungen vor Eröffnungen des Verfahrens und nach dem Eröffnungszeitpunkt erfüllen dürfen – und was unbedingt vor Eröffnung bezahlt sein muss. Mit dem Insolvenzantrag oder spätestens der Insolvenzeröffnung ist zu klären, ob es bei Steuerverbindlichkeiten um bloße Insolvenzforderungen geht, die später in Höhe einer Quote auf alle Gläubigerinnen und Gläubiger der Insolvenztabelle befriedigt werden. Oder ob das Finanzamt im Rahmen einer Massenverbindlichkeit direkt und vorrangig vollständige Steuerforderungen beitreiben kann. Hier stehen gesetzgeberische Ziele der Insolvenzordnung nicht immer mit Steuergesetzen in Einklang, deshalb gilt für Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten höchste Vorsicht.
Wichtige Baustelle bleibt weiterhin die Umsatzsteuer
Besonders große Absicherungsbedarf besteht auch bei einer Sanierung in Eigenverwaltung hinsichtlich der Umsatzsteuer. Knifflig ist etwa die Frage, wann genau Vor- und Umsatzsteuern zu berichtigen sind. §17 Abs.2 Umsatzsteuergesetz (UStG) wertet die Uneinbringlichkeit einer Forderung als Änderung der Bemessungsgrundlage, die die leistenden Unternehmen berichtigen müssen. Und Kunden den Vorsteuerabzug. Das Problem: Die Uneinbringlichkeit einer Forderung ist nicht gesetzlich klar definiert. Auch über Soll-Ist-Besteuerung sollten Unternehmer und Unternehmerinnen vor einem Eigenverwaltungsverfahren mit ihrem Steuerberater oder ihrer Steuerberaterin sprechen. Beispielsweise für die in der Dreimonatsphase vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehenden Forderungen und Verbindlichkeiten. Auch die umsatzsteuerliche Organschaft ist ein wichtiges Thema. Zumal dabei Spezialregelungen für 2021 aufkommende Insolvenzgründe gelten – falls Corona-bedingt.
Rund um die Ertragsteuern gibt es für Unternehmen mit Blick auf ein Eigenverwaltungsverfahren ebenfalls einiges zu klären. Der mit einem Insolvenzplan verbundene Forderungsverzicht führt dazu, dass Verbindlichkeiten mangels wirtschaftlicher Belastung ertragswirksam aufzulösen sind. Das geht unter gewissen Voraussetzungen gemäß Einkommensteuergesetz (EStG) und Gewerbesteuergesetz (GewStG) steuerfrei. Möglicherweise wird der Insolvenzplan gemäß §249 InsO unter die Bedingung der Erteilung einer verbindlichen Auskunft des zuständigen Finanzamts gestellt – um Überraschungen hinsichtlich steuerrechtlicher Einstufungen vorzubauen. Spätestens mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind die Regelungen der Insolvenzordnung vorrangig. Als Insolvenzforderungen eingestufte Steuerschulden dürfen dann nicht mehr festgesetzt werden, Einspruchsverfahren werden mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen.
Diese Fragen sollten Unternehmen mit der Anwaltskanzlei klären
Vor einer möglichen Insolvenz gibt es selbstverständlich auch einige Fragen mit der Anwaltskanzlei zu klären. Die Fachleute kennen nicht nur die Richtzahlen, ab denen ein vorläufiger Gläubigerausschuss obligatorisch ist, nach Ermessen beantragt oder vom Gericht bestellt werden kann. Sie sollten bei nur drohender Zahlungsunfähigkeit auch prüfen, ob die außergerichtliche Sanierung eine Option ist – also eine Restrukturierung nach StaRUG, dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz. Unter bestimmten Umständen sieht es Sanierungsmaßnahmen außerhalb einer Insolvenz auch gegen den Willen einzelner Gläubiger vor und schließt damit eine rechtliche Lücke. Gerade mit Blick auf Corona-bedingte Schwierigkeiten ist Rücksprache mit der Anwaltskanzlei empfehlenswert. Unternehmerinnen und Unternehmer sollten danach aber immer auch nochmal ihre Optionen mit dem Steuerberater oder der Steuerberaterin besprechen. Weil im Rahmen beispielsweise eines Sanierungsverfahrens nach StaRUG keine Insolvenzreife vorliegen kann, werden Steuerfestsetzungs- oder Rechtsbehelfsverfahren und Rechtsbehelfsfristen nicht unterbrochen. Hier gibt es also nicht nur einiges zu beachten, sondern auch zu kalkulieren.
Eine Sanierung in Eigenverwaltung kann Jahre dauern
Bei der Sanierung in Eigenverwaltung setzt das Unternehmen gemäß Insolvenzplan die Beschlüsse der Gläubigerversammlung um, verwertet das vorhandene Vermögen und bereinigt die Insolvenztabelle. Das kann von einem halben Jahr bis hin zu mehreren Jahren in Anspruch nehmen. Die Verfahrensdauer hängt etwa davon ab, ob
- Immobilienvermögen vorhanden ist,
- Debitorenforderungen streitig eingezogen werden müssen,
- Sonderaktiva und Insolvenzanfechtungen auf gerichtlichem Weg verfolgt werden müssen – stets vom Sachwalter oder der Sachwalterin,
- mehrere Jahre steuerlich aufzuarbeiten sind oder
- Gläubiger eine Feststellungsklage gegen das Bestreiten der angemeldeten Forderung erheben.
Alle sechs Monate muss das Unternehmen bei einer Sanierung in Eigenverwaltung einen Zwischenbericht über die weiteren Entwicklungen zur Insolvenzakte einreichen.