Digitalisierung

Mobile Office ist eine or­ga­ni­sa­to­ri­sche Herausforderung

Das geplante „Mobile-Arbeit-Gesetz“ soll Vor­ga­ben für das Mo­bile Of­fice ma­chen. Aber be­reits jetzt brau­chen Be­trie­be ei­nen Plan für das The­ma. Sie soll­ten mit An­walt und Steuer­be­ra­ter klä­ren, wel­che ge­setz­li­chen Re­geln schon gel­ten und wie sie darauf reagieren können.

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Es wird ernst. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat den schon länger angekündigten Entwurf für das Gesetz zum Recht auf Homeoffice vorgelegt. Jetzt können die Bundesministerien ihre Änderungsvorschläge zum sogenannten „Mobile-Arbeit-Gesetz“ machen, anschließend entscheiden zunächst Bundeskabinett und dann Bundestag und Bundesrat darüber. Heil möchte den Beschäftigten einen Anspruch auf das seit Beginn der Corona-Pandemie zunehmend beliebtere Arbeiten außerhalb des Betriebs geben. Und er will klare Rahmenbedingungen festlegen. Dafür müssen sich die Beteiligten im Gesetzgebungsverfahren allerdings erst darauf einigen, was mobiles Arbeiten – auch Mobile Office genannt – eigentlich ist. In der Arbeitsstättenverordnung ging es bislang immer nur um Telearbeit. „Telearbeitsplätze sind vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat“, so die Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW). Ein Telearbeitsplatz sei erst eingerichtet, wenn die Bedingungen im Arbeitsvertrag festgelegt sind und der Arbeitgeber die Ausstattung gestellt hat.

Mobile Office wird als Oberbegriff verwendet

Vermutlich argumentiert der Bundesarbeitsminister auf Basis einer Empfehlung vom Ausschuss für Arbeitsstätten (ASTA). Danach sind sowohl Telearbeit wie Homeoffice und mobiles Arbeiten besondere Formen des „mobilen Arbeiten unter Nutzung von Bildschirmgeräten“. Das passt zu den gängigen Definitionen, die überdies Homeoffice oft mit Telearbeit gleichsetzen. Danach ist
Mobiles Arbeiten der Überbegriff für jegliches Arbeiten außerhalb des Büros, zuhause wie auch unterwegs.
Homeoffice die Bezeichnung für das Arbeiten zuhause in den eigenen vier Wänden.
Flexibles Arbeiten eine Variante, bei der die Beschäftigten sowohl räumlich als auch zeitlich flexibel sind, etwa durch die Nutzung von Vertrauensarbeitszeit.
Unternehmen müssen nun damit rechnen, dass die Politik mehr Homeoffice oder Mobile Office ermöglicht und dafür klare Rahmenbedingungen setzt. Viele Firmenchefs fürchten zu weitgehende Vorgaben oder Eingriffe in ihre Autonomie bei der betrieblichen Organisation. Aber unabhängig davon, wie das Gesetzgebungsverfahren ausgeht, sollten sie kritisch hinterfragen, wie sie das Konzept des Mobile Office interpretieren. Hier drohen diverse Risiken.

Auch bei Mobile Office an Ar­beits­schutz denken

Kein Unternehmer, der Beschäftigte außerhalb des Betriebs arbeiten lässt, sollte das Thema Arbeitsschutz aus den Augen verlieren. Die Arbeitsstättenverordnung greift zwar nur bei einem Arbeitsplatz im Homeoffice, der arbeitsvertraglich als Telearbeitsplatz gemäß Arbeitsstättenverordnung gilt. Dann stellt der Arbeitgeber die benötigte Ausstattung des Arbeitsplatzes mit Mobiliar, Arbeitsmitteln und Kommunikationseinrichtungen. Beim locker abgesprochenen Homeoffice oder Mobile Office ist der Chef hier nicht in der Pflicht. Anders sieht das beim Arbeitsschutzgesetz aus. Da ist der Unternehmer uneingeschränkt für Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter zuständig. Er müsste auch für das Mobile Office eine Gefährdungsbeurteilung erstellen, etwa zur ergonomischen Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen oder Arbeitsabläufen. Und er sollte auf psychische Belastungen achten, beispielsweise durch ständige Erreichbarkeit am mobilen Arbeitsplatz. Das ist natürlich nicht einfach. Hier könnte das „Mobile-Arbeit-Gesetz“ neue Vorgaben machen und für mehr Sicherheit sorgen. Bis dahin sollten Unternehmer alle Beschäftigten, die zuhause oder mobil arbeiten, im Arbeitsschutz unterweisen und dies dokumentieren, um sich abzusichern.

Über Versicherungs­schutz ent­schei­den oft Gerichte

Grundsätzlich genießen Mitarbeiter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn im Homeoffice oder am Telearbeitsplatz während der Arbeit ein Unfall passiert. Aber er muss im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit stehen. Die Abgrenzung zwischen Arbeit und privatem Bereich ist oft schwierig. Bricht jemand sich das Bein auf dem Weg zum Drucker im heimischen Bürozimmer, ist das etwas anderes als der Weg zum Kühlschrank ein Stockwerk tiefer. Noch schwieriger ist das beim mobilen Arbeiten. Aber auch hier gilt, dass sie unter Nutzung von Bildschirmgeräten gesetzlich unfallversichert ist. Der Versicherungsschutz besteht laut BGHW, solange die Tätigkeit betriebsbezogenen Zwecken dient, inklusive hierfür erforderlicher Wege. Entscheidend ist die Handlungstendenz der versicherten Person. Letztlich fallen Urteile immer im Einzelfall. Unternehmer sollten ihre Mitarbeiter für das Thema sensibilisieren und Arbeitsunfälle gut dokumentieren, insbesondere wenn sie unterwegs passieren. Zudem sollten sie mit dem Anwalt sowie den Beschäftigten generell über das Thema Versicherung im Homeoffice und Mobile Office sprechen.

Arbeitszeiterfassung könnte zur Vorschrift werden

Die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes gelten generell – auch am Telearbeitsplatz, im Homeoffice sowie im Mobile Office. Daher sind Pausenzeiten, Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten sowie Sonn- und Feiertagsschutz einzuhalten, egal wo der Beschäftigte arbeitet. Firmenchefs sollten deshalb eine Möglichkeit schaffen, die Arbeitszeit einfach und komfortabel zu erfassen und dokumentieren. Ob mit dem „Mobile-Arbeit-Gesetz“ die Vorschriften zur Arbeitszeitaufzeichnung strenger oder lockerer werden, bleibt abzuwarten.

Auch das Mobile Office sollte gut aus­gestattet sein

Wenn der Firmenchef sich für eine Vereinbarung über Telearbeit entscheidet, ist er laut Arbeitsstättenverordnung in der Pflicht. Er muss die benötigte Ausstattung stellen. Bei Homeoffice ohne klare vertragliche Regelung oder Mobile Office arbeiten viele Beschäftigte mit eigenen Geräten an eigenen Schreibtischen. Der Arbeitnehmer muss sie zwar auf arbeitsschutzrechtliche Themen hinweisen, etwa eventuelle Risiken durch langes Arbeiten auf nicht ergonomischen Möbeln. Der Arbeitnehmer ist aber selbst in der Pflicht, dies zu bemerken und das Arbeiten unter erkennbar gesundheitsgefährdenden Umständen zu unterlassen. Insofern ist nachvollziehbar, dass viele Firmenchefs möglichst wenig in die Ausstattung von Homeoffice oder Mobile Office der Mitarbeiter investieren wollen. Doch dies wäre zu kurz gedacht. Zu einem guten betrieblichen Gesundheitsmanagement gehört auch, etwa ergonomische Arbeitsplätze zu stellen. Sonst geht die Zahl der Fehltage durch Krankschreibungen schnell nach oben. So würde der erwünschte wirtschaftliche Effekt durch mehr Flexibilität wegen steigender Krankheitskosten rasch verpuffen.

Beim Mobile Office nicht die IT-Sicherheit vergessen

Vor allem sollten Unternehmer bei Ausstattung aber an die Kommunikationstechnik denken. Wer im Homeoffice oder Mobile Office arbeitet, muss die gleichen Standards an Datenschutz und Datensicherheit erfüllen wie jemand im Betrieb. Das gilt nicht nur wegen der hohen Bußgelder, die Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DG-SVO) nach sich ziehen. Jeder Firmenchef muss größtes Interesse daran haben, dass Hackerangriffe jederzeit abgewehrt werden können, auch im Mobile Office. Daher sollte er gegebenenfalls mit externen Dienstleistern prüfen, wie er seine Mitarbeiter so mit IT ausrüstet, dass höchste Sicherheit herrscht. Auf die Checkliste für die IT-Sicherheit bei Geräten und Verhalten für Mobile Office gehören mindestens folgende Punkte:

Mitarbeiter sensibilisieren: Die Datenschutzregeln sind in regelmäßigen Schulungen aufzufrischen. Datenspeicherung auf mobilen Endgeräten ist tabu, der Virenschutz stets zu aktivieren.
Sichere mobile Anwendungen nutzen: WhatsApp oder Facebook etwa schaffen Lücken für Datendiebe, weil alle Kontakte mit dem Server dieser Dienste synchronisiert werden. Dann liegen die Mitarbeiter- und Kundendaten auch dort.
Mobile Device Management: Damit lassen sich mobile Endgeräte zentral verwalten und konfigurieren. Das schafft mehr Sicherheit. Bei Verlust können sofort Daten und Anwendungen gelöscht werden.
Identity & Access Management: Per Benutzer- und Rechteverwaltung lassen sich Anwender identifizieren, Rechte erteilen und Zugriffe nachvollziehen.
Regelmäßige Sicherheitsupdates: Sicherheitslücken sind immer möglich. Daher müssen Sicherheitsupdates der Hersteller sofort installiert werden.
Fremde Netzwerke meiden: Niemand sollte über offene Hotspots etwa von Restaurants arbeiten. Potenzielle Angreifer könnten dort leicht die Kommunikation abhören. Besser ist es, für das Mobile Office volumenstarke Mobiltarife zu buchen und im Homeoffice nur per Datenleitung über einen gut gesicherten Router zu kommunizieren.

Alle steuerlichen Vor­teile für die Mit­ar­beiter prüfen

Wenn Beschäftigte im Homeoffice oder Mobile Office arbeiten dürfen, sollte eine Vereinbarung auch steuerliche Aspekte berücksichtigen. Der Unternehmer kann mit Steuerberater und Mitarbeitern besprechen, welche Gestaltungsspielräume es gibt. Wie lässt sich der Arbeitsplatz zuhause in der Steuererklärung ansetzen? Welche Kosten kann der Firmenchefs wie übernehmen oder erstatten? Lassen sich beispielsweise mobile Endgeräte als steuerfreie Gehaltsextras einsetzen? Wer als Arbeitgeber künftig mehr auf Mobile Office oder Homeoffice setzen will, sollte mit Anwalt und Steuerberater diverse Aspekte auch aus Sicht seiner Beschäftigten klären und dann Rahmenvereinbarungen festlegen, von denen beide Seiten profitieren. Die kann man dann jederzeit an das „Mobile-Arbeit-Gesetz“ von Hubertus Heil anpassen, wenn es wirklich kommt. Über weitere Details zu steuerlichen Besonderheiten beim Homeoffice informiert das folgende Video.

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Frank Wiercks

ist Mitglied der Redaktion von TRIALOG, dem Unternehmermagazin für Mittelständler, Selbständige und Freiberufler. Außerdem arbeitet er für verschiedene Wirtschafts- und Managementmagazine. Zuvor war er unter anderem Chefredakteur von handwerk magazin und Markt und Mittelstand.

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