Organisation & Management

Den Mitarbeitern erklären: Was ist ein Durchgangsarzt?

Viele Beschäftige fra­gen erst nach ei­nem Ar­beits­un­fall: Was ist ein Durch­gangs­arzt? Un­ter­neh­men soll­ten ih­nen dies schon vor­her er­klä­ren. Sie müs­sen wis­sen, dass dann die Pflicht be­steht, zum Durch­gangs­arzt zu ge­hen – sonst droht Är­ger bei den Behandlungskosten.

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Arzt ist nicht gleich Arzt. Logisch. Zahnärzte, Augenärzte oder Hals-Nasen-Ohren-Ärzte (HNO) führen die Körperteile, auf die sie spezialisiert sind, schon im Namen ihrer Praxis. Auch bei vielen anderen Medizinern wissen die Menschen, was hinter der Berufsbezeichnung steckt: Internisten kümmern sich um innere Organe, Orthopäden um den Bewegungsapparat, Psychologen um menschliches Erleben und Verhalten. Das erleichtert die Wahl des passenden Spezialisten für klare Beschwerden. Aber was ist ein Durchgangsarzt, kurz D-Arzt? Diese Mediziner-Kategorie wird wichtig, wenn im Betrieb oder auf dem Arbeitsweg etwas passiert. Beschäftigte haben nach einem Arbeitsunfall die Pflicht, einen Durchgangsarzt zu suchen und sich dort vorzustellen. Er übernimmt die Erstversorgung, entscheidet über die weitere Behandlung, überweist sie gegebenenfalls zum Facharzt und dokumentiert alles im Durchgangsarztbericht an den Versicherungsträger. Unternehmerinnen und Unternehmer sollten die Belegschaft darauf hinweisen, dass ein Durchgangsarzt aufzusuchen ist – davon kann die Übernahme der Behandlungskosten abhängen. Am besten sollte allen der zuständige D-Arzt bekannt sein.

Den Mitarbeitern erklären, was ein Durchgangsarzt ist

Was ein Durchgangsarzt ist, ergibt sich aus dem Sozialgesetzbuch (SGB) VII. Es legt die Grundlagen für alle Themen rund um die gesetzliche Unfallversicherung. Unter anderem enthält es Regelungen zur Verhütung von oder finanziellen Entschädigung bei Arbeitsunfällen, Wegeunfällen sowie Berufskrankheiten. Im SGB IX finden sich dann Vorgaben etwa zum betrieblichen Eingliederungsmanagement. Zum Träger der gesetzlichen Unfallversicherung hat der Gesetzgeber die Berufsgenossenschaften (BG), Unfallkassen und Gemeindeunfallversicherungsverbände bestimmt. Sie sind müssen bei Arbeitsunfällen schnellstmöglich eine sachgemäße und soweit erforderlich besondere unfallmedizinische Heilbehandlung und Versorgung gewährleisten. Dafür gibt es bundesweit gut 3.500 Durchgangsärzte – Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie – mit einer speziellen unfallmedizinischen Qualifikation. Da die gesetzliche Unfallversicherung die Behandlungskosten zahlt, besteht nach einem Arbeitsunfall die Pflicht, einen Durchgangsarzt zu suchen und konsultieren. Er übernimmt die Erstversorgung, entscheidet über die Behandlung, überweist Patienten gegebenenfalls an einen Facharzt und dokumentiert alles im Durchgangsarztbericht an den Versicherungsträger. Die freie Arztwahl des Versicherten bei diesen Heilbehandlungen eingeschränkt.

Besondere Fach­qua­li­fi­kation und Praxisausstattung

Ein Durchgangsarzt braucht nicht nur die entsprechende Facharztqualifikation sowie mindestens ein Jahr mit Praxiserfahrung in der Behandlung Schwer-Unfallverletzter. Auch die Ausstattung der Praxis muss so sein, dass bei einem Arbeitsunfall eine schnelle und gute Behandlung möglich ist. Zu gewährleisten ist, dass mindestens zwei medizinische Assistenzkräfte anwesend sind. Außerdem sind als Praxisausstattung unter anderem ein Röntgenraum, zwei Räume für invasive Eingriffe sowie eine spezielle apparativ-technische Ausrüstung erforderlich. Darüber hinaus muss ein Durchgangsarzt besondere hygienische Anforderungen erfüllen.

Zum Durchgangsarzt: Pflicht nach jedem Arbeitsunfall

Grundsätzlich haben nach fast jedem Wege- oder Arbeitsunfall die Betroffenen die Pflicht, sofort direkt einen Durchgangsarzt aufzusuchen. Andernfalls drohen Probleme bei den Behandlungskosten. Unternehmerinnen und Unternehmer sollten daher dafür sorgen, dass alle Beschäftigten wissen, was ein Durchgangsarzt ist und dass sie dorthin müssen. Dies bedeutet auch, dass bekannt sein sollte, wie sie etwa auf Montage in einer anderen Stadt einen Durchgangsarzt suchen können. Wer sich nach einem Unfall bei „normalen“ Ärzten vorstellt, kann dort nur die Versorgung mit notwendigen Sofortmaßnahmen erwarten. Anschließend überweisen diese Ärzte ein Arbeitsunfallopfer sofort an einen Durchgangsarzt. Da die Unfallversicherung die Behandlungskosten nach einem Arbeitsunfall trägt, muss ein Durchgangsarzt die Diagnose stellen, über die Therapie entscheiden und alles im Durchgangsarztbericht an den Versicherungsträger dokumentieren. Er kann den Patienten dann in seiner eigenen Behandlung behalten oder Fachärzte anderer Fachrichtungen zu Weiterbehandlung und Nachschautermine hinzuziehen. Dann würde er jemanden eventuell auch wieder an den erstbehandelnden Arzt überweisen.

Ausnahmen: HNO, Zähne, kleine und schwere Unfälle

Es gibt allerdings auch Ausnahmen von der Pflicht, nach einem Arbeitsunfall einen Durchgangsarzt zu suchen und zu konsultieren. Auch dies gehört zu der Frage, was ein Durchgangsarzt ist und was er tut. Nicht zuständig ist ein D-Arzt für folgende Fälle:

  • Kleine Unfälle. Um einen kleinen Unfall handelt es sich, wenn die Arbeitsunfähigkeit nicht über den Unfalltag hinaus besteht und wenn die Behandlung insgesamt nicht länger als eine Woche dauert. In so einem Fall kann also auch ein Allgemeinarzt die Behandlung ohne eine Überweisung an einen Durchgangsarzt durchführen. Dann trägt trotzdem die Unfallversicherung die Kosten, obwohl es keinen Durchgangsarztbericht gibt.
  • Augen/HNO/Zähne. Eine Ausnahmeregelung gilt, wenn es um eine isolierte Augen-, Hals-, Nasen- oder Ohrenverletzung geht. Dann muss sich das Unfallopfer sofort bei einem Augen- oder HNO-Arzt vorstellen. In solchen Fällen gelten diese Fachärzte automatisch als Durchgangsärzte. Analog dazu ist die Situation bei Zahnverletzungen – hier geht es gleich zum Zahnarzt.
  • Schwere Unfälle. Auch nach einem Arbeitsunfall mit schweren Verletzungen, etwa einem Gelenkbruch, ist nicht automatisch sofort der Durchgangsarzt aufzusuchen. Hier sollte unverzüglich das nächste Krankenhaus oder eine Unfallklinik angesteuert werden. Viele Unfallambulanzen gelten aber sowieso als Durchgangsarzt – vorausgesetzt, der leitende Arzt hat eine Zulassung als D-Arzt. Wichtig ist, dass Unfallopfer dann schnellstmöglich nach Verletztenartenverfahren oder Schwerstverletztenverfahren in ausgewählte und zugelassene Krankenhäuser oder spezielle berufsgenossenschaftliche Einrichtungen verlegt werden. Diese Zuweisung obliegt den örtlich zuständigen Rettungsleitstellen oder den in der Notaufnahme tätigen D-Ärztinnen und D-Ärzten.
  • Berufskrankheiten. Eine Berufskrankheit zählt nicht als Arbeitsunfall. Wer darunter leidet, kann direkt zum Haus- oder Facharzt gehen.

Nächsten Durchgangsarzt über Portal im Internet suchen

Es reicht allerdings nicht, nur zu wissen, was ein Durchgangsarzt ist und wann er tätig wird. Unternehmerinnen und Unternehmer sollten die Beschäftigten immer wieder auf die Bedeutung des Themas hinweisen. Denn jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin muss verinnerlichen, wer im Notfall zu alarmieren ist. Oder die Pflicht kennen, bei einem Arbeitsunfall den Durchgangsarzt zu konsultieren. Am besten geht das mit regelmäßigen Schulungen und einem Aushang. Er sollte die Kontaktdaten des nächsten Durchgangsarztes enthalten und laufend auf Aktualität überprüft werden. Falls nötig, kann jeder Betroffene auch im Internet direkt nach einem Durchgangsarzt suchen, und zwar nach der Postleitzahl. Dafür hat die Gesetzliche Deutsche Unfallversicherung als Spitzenverband ein Online-Portal eingerichtet. Jeder Betrieb braucht einen Notfallplan, was in bestimmten Situationen zu tun ist. Hierzu gehören unbedingt auch Anweisungen zum Verhalten bei einem Arbeitsunfall und den Details zum Durchgangsarzt. Dabei ist auch wichtig, die Melde- und Dokumentationspflichten nach einem Arbeitsunfall zu beachten.

Arbeitsunfall: Vor­sicht beim Wechseln von Durchgangsarzt

Im Gegensatz zur normalen medizinischen Versorgung besteht nach einem Arbeitsunfall mit der Pflicht zur Behandlung bei einem Durchgangsarzt auch eine eingeschränkte Arztwahl. Wer vom Durchgangsarzt zu einem Facharzt wechseln will, kann das nur per Überweisung an den weiterbehandelnden Kollegen. Im Durchgangsarztbericht an den Versicherungsträger wird auch diese Überweisung vermerkt. Wer eine laufende Behandlung bei einem Durchgangsarzt abbrechen und zu einem anderen wechseln will, sollte das mit der Unfallversicherung klären.

Versicherungsträger helfen auch bei Arbeitsunfall im Ausland

Der Durchgangsarzt spielt bei Arbeitsunfällen in Deutschland eine wichtige Rolle. Die Berufsgenossenschaften beziehungsweise die gesetzliche Unfallversicherung helfen aber auch bei Arbeitsunfällen im Ausland. Einige bieten ihren Versicherten eine Hotline, über die es 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr Unterstützung gibt, um erforderliche medizinische Behandlungen zu erhalten. Firmenchefs sollten sich und ihre Mitarbeiter laufend über solche aktuellen Angebote informieren, damit sie im Notfall gleich genutzt werden können. Außerdem sollte Unternehmer und Unternehmerinnen klären, wie sie gegebenenfalls über eine freiwillige Mitgliedschaft den umfassenden Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auch für sich selbst in Anspruch nehmen können. Die Kosten dafür könnten sich nach einem Arbeitsunfall durch umfassendere Leistungen rasch bezahlt machen. Hier ist zur Entscheidungsfindung das Gespräch mit Anwalt, Steuerberater sowie einem Versicherungsexperten empfehlenswert.

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Frank Wiercks

ist Mitglied der Redaktion von TRIALOG, dem Unternehmermagazin für Mittelständler, Selbständige und Freiberufler. Außerdem arbeitet er für verschiedene Wirtschafts- und Managementmagazine. Zuvor war er unter anderem Chefredakteur von handwerk magazin und Markt und Mittelstand.

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