Unternehmen ohne Rücklagen hatten es in der Hochphase der Corona-Pandemie schwer. Hilfsgelder flossen nur schleppend, und die Banken winkten bei Kreditanfragen von Selbstständigen oder kleinen Firmen häufig ab. Nicht nur diese Erfahrung zeigt: Vorsorge ist die beste Strategie. Unternehmen bilden deshalb Rücklagen, laut Definition die finanzielle Reserve eines Betriebs und damit Puffer für größere Investitionen oder schlechte Zeiten. Sie entstehen, wenn Unternehmerinnen oder Unternehmer zusätzliches Eigenkapital in die Firma einbringen oder Gewinne nicht entnehmen. Sie stärken per Definition also das Eigenkapital und verbessern so die Kapitalstruktur. Das bringt Vorteile bei der Finanzierung. Eine höhere Eigenkapitalquote sichert günstigere Kreditkonditionen und ermöglicht oft auch den Zugang zu alternativen Finanzierungsformen. Rücklagen erhöhen außerdem die finanzielle Stabilität, gerade in Krisenzeiten. Haben Unternehmen genug Geld auf der hohen Kante, können sie anstehende Investitionen aus Eigenmitteln bezahlen und Verluste ausgleichen. Deshalb ist es immer sinnvoll, einen Teil der Reserve als Liquidität vorzuhalten, etwa auf einem Tagesgeldkonto.
Was sind Rücklagen? Eine Definition und Abgrenzung
Qua Definition kommt der Begriff Rücklagen aus dem Bilanzrecht. Er bezeichnet Eigenkapital, das einem bestimmten Zweck dient – sogenanntes gebundenes Eigenkapital. Vorausschauende Unternehmerinnen und Unternehmer bilden Rücklagen, um einen finanziellen Puffer für künftige Investitionen zu schaffen und mögliche Risiken abzusichern. Mitunter fällt beispielsweise die Steuernachforderung des Finanzamts, etwa nach einer Betriebsprüfung, deutlich höher aus als erwartet. Oder Firmen müssen im laufenden Geschäftsjahr einen Verlust ausgleichen. Möglichst alle Unternehmen sollten daher Geld für schlechte Zeiten zurücklegen. Gesetzlich verpflichtet sind zur Bildung von Rücklagen gemäß Definition allerdings nur Genossenschaften sowie Kapitalgesellschaften, um den Gläubigerschutz zu stärken. Wollen sich Unternehmerinnen oder Unternehmer ein Kapitalpolster in Form von Rücklagen schaffen, sollten sie zuvor Kontakt zur Steuerberatungskanzlei suchen. Es macht nämlich einen Unterschied, ob sie bilanzieren oder ihren Gewinn per Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln. Bilanzierende Unternehmen haben es oft leichter, Rücklagen zu bilden, weil sie gewinnmindernde Rückstellungen ausweisen dürfen. Dadurch sparen sie Steuern und können finanzielle Reserven aufbauen.
Wie KMU Rücklagen für künftige Investitionen bilden
Klassische Rücklagen entstehen qua Definition, wenn Unternehmen den Gewinn nicht entnehmen, sondern in der Firma lassen. Es geht also um die Verwendung des Nettogewinns. Steuern sind vorher abzuführen. Attraktiver wäre es natürlich, wenn Unternehmen das Kapital für geplante Investitionen ohne vorherigen Steuerabzug ansparen könnten – beispielsweise in Form steuerbegünstigter Rücklagen. Bilanzierende Unternehmen gewinnen zusätzliche Liquidität, indem sie Rückstellungen für künftige Verbindlichkeiten ausweisen, die den steuerpflichtigen Gewinn senken. Zwar profitieren kleine Unternehmen und Selbstständige mit Einnahmen-Überschuss-Rechnung nicht von diesem Finanzierungseffekt. Allerdings dürfen auch sie eine Form von Rücklagen bilden, die sich laut Definition steuermindernd auswirken. Früher war das die sogenannte Ansparrücklage, heute ist es der Investitionsabzugsbetrag (IAB). Wer bis zu 200.000 Euro Gewinn erwirtschaftet, darf – auch in mehreren Teilbeträgen – diverse IABs in aufaddiert maximal dieser Höhe gewinnmindernd berücksichtigen. Und das schon mindestens drei Jahre vor der geplanten Anschaffung. 50 Prozent der voraussichtlichen Investitionskosten lassen sich vorzeitig als Betriebsausgabe ansetzen.
Das gilt für Rücklagen von bilanzierenden Unternehmen
Jeder Unternehmer und jede Selbstständige sollte sich ein finanzielles Polster ansparen – für Einkommenssteuerzahlungen, die Umsatzsteuer, geplante Anschaffungen oder als eiserne Reserve für den Fall, dass die Geschäfte mal schlechter laufen. Rücklagen gehören laut Definition zum Eigenkapital eines Unternehmens und stellen somit eine wichtige Kennzahl für Kapitalgeber dar. Wer Rücklagen bildet, gilt als vorausschauende Führungskraft, die den Betrieb sicherer durch Krisenzeiten steuern kann. Buchführungspflichtige Unternehmen müssen Rücklagen laut Definition als Bestandteil des Eigenkapitals auf der Passivseite der Bilanz ausweisen. Doch nur Kapitalgesellschaften, die gesetzlich zur Bildung von Rücklagen verpflichtet sind, müssen sie als eigenständige Bilanzposition aufführen. Personengesellschaften und Einzelunternehmen schreiben nicht ausgeschüttete Gewinne den Eigenkapitalkonten zu. Aber auch ohne gesetzliche Verpflichtung stärken viele Firmen ihre Innenfinanzierungskraft, indem sie freiwillig Rücklagen bilden. Das belegen die Zahlen: Im Jahr 2022 betrug die durchschnittliche Eigenkapitalquote mittelständischer Unternehmen über 30 Prozent. Durch die Corona-Pandemie mussten viele Unternehmen diese Reserven anzapfen.
Offene Rücklagen in der Bilanz von Kapitalgesellschaften
Finanzielle Reserven in Form von Rücklagen lassen sich gemäß Definition – entsprechend ihrem Ausweis in der Bilanz – in offene und stille Rücklagen unterscheiden. Wie der Name schon sagt, schlüsseln Kapitalgesellschaften offene Rücklagen als eigenständige Bilanzpositionen näher auf. In der Regel stellt diese Eigenkapitalreserve ein zusätzliches Haftungskapital dar, um künftige Verluste abzudecken – noch vor dem gezeichneten Kapital. Stille Rücklagen, besser bekannt als stille Reserven, tauchen dagegen nicht in der Bilanz auf. Sie entstehen, wenn Vermögen – etwa im Rahmen der Inventur – unterbewertet oder Schulden überbewertet werden. Folgende offene Rücklagen sind laut gesetzlicher Definition in der Bilanz aufzuführen:
- Kapitalrücklagen: Wenn Anteilseigner dem Unternehmen Eigenkapital zuführen, bilden sie finanzielle Reserven. Auch wenn Kapitalgesellschaften Aktien oder Anteile zu einem Preis ausgeben, der über dem Nennwert liegt, entstehen Kapitalrücklagen. Mit ihnen lässt sich ein Verlust ausgleichen und das Kapital aus Gesellschaftsmitteln erhöhen.
- Gewinnrücklagen: Sie entstehen, wenn die Gesellschafter- beziehungsweise Hauptversammlung entscheidet, Teile des Jahresüberschusses zu thesaurieren. In der Satzung lässt sich festschreiben, dass jährlich ein bestimmter Gewinnanteil als finanzielle Reserve eingestellt wird. Oder die Anteilseigner entscheiden jedes Jahr neu und bilden eine freiwillige Gewinnrücklage. Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien sowie Unternehmergesellschaften (UG) verpflichtet der Gesetzgeber, jährlich Gewinnrücklagen zu bilden, bis ein bestimmter Eigenkapitalwert erreicht ist. Die Rücklagen sind per Definition vorher zu versteuern.
Rücklagen sind bei Kapitalgesellschaften als gesonderte Bilanzposten des Eigenkapitals aufzuführen. Die vereinfachte Bilanzgliederung sieht wie folgt aus:
A. Eigenkapital
I. Gezeichnetes Kapital
II. Kapitalrücklage
III. Gewinnrücklagen
1. Gesetzliche Rücklage
2. Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen
3. Satzungsmäßige Rücklagen
4. Andere Rücklagen
IV. Gewinnvortrag oder Verlustvortrag
V. Jahresüberschuss oder Jahresfehlbetrag
Muss eine GmbH und UG auch Gewinnrücklagen bilden?
Die kurze Antwort lautet ja. Die Pflicht, Rücklagen zu bilden, trifft per Definition jede Kapitalgesellschaft in der einen oder anderen Weise. Besonders für die UG gelten strenge Regeln, weil sie sich – im Unterschied zur GmbH – mit wenig Haftungskapital gründen lässt. Die „Mini-GmbH“, wie sie umgangssprachlich heißt, muss daher
- so lange 25 Prozent des Jahresüberschusses (abzüglich eines Verlustvortrags) als Gewinnrücklage einstellen, bis ihr Stammkapital dem einer GmbH entspricht, sowie
- bei Gewinnausschüttungen und Geschäftsführergehältern vorsichtig sein. Maximal drei Viertel des Gewinns dürfen an die Gesellschafter fließen. Gehaltszahlungen sollten nicht zu üppig ausfallen, weil sie den Gewinn und damit auch die Höhe der gesetzlichen Rücklagen schmälern. Bei einer Betriebsprüfung steht sonst schnell der Verdacht auf eine verdeckte Gewinnausschüttung im Raum.
Ist das Haftungskapital durch die Umwandlung der Rücklagen in Stammkapital auf 25.000 Euro angewachsen, besteht die Möglichkeit zur Umfirmierung in eine GmbH – aber nicht die Pflicht. Die GmbH wiederum muss in bestimmten Fällen – etwa innerhalb einer Holding – Rücklagen für Unternehmensanteile bilden. Gemeint sind damit Gewinnrücklagen für „Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen“. Die Höhe der Rücklage muss laut gesetzlicher Definition dem auf der Aktivseite der Bilanz für die Anteile angesetzten Betrag entsprechen. Diese Rücklage dürfen Unternehmen erst auflösen, wenn sie die jeweiligen Firmenanteile verkaufen oder einziehen.
Lesen Sie im Fachbuch alles zur grundlegenden Besteuerungssystematik und zu Begünstigungen wie steuerfreien Rücklagen. In der Neuauflage wurden insbesondere Themenbereiche wie GoBD, Sonderabschreibungen (neue § 7b, 7c EStG), EÜR-Taxonomie und Kleinunternehmergrenze angepasst. Das Buch ist erhältlich im DATEV-Shop für DATEV-Mitglieder oder auch im Buchhandel bei Sack, Schweitzer online, Amazon oder Genialokal.