Eine alte Marketingweisheit lautet: „Neukunden kosten Geld, Bestandskunden bringen Geld.“ Während Unternehmen potenzielle neue Kundinnen und Kunden aufwändig umwerben müssen, basiert Bestandskundenmanagement auf einer funktionierenden Beziehung mit langer Kundenhistorie. Fürs Erste kann Bestandskundenpflege schon bedeuten, eine spezielle Vorlage für ein Anschreiben an Bestandskunden zu nutzen, um beispielsweise „Danke“ zu sagen oder individualisiert zu aktuellen Aktionen einzuladen. E-Mails mit zusätzlichen Angeboten oder weitergehendem Nutzwert können nach gängigen Tipps von Fachleuten ebenfalls Teil der Bestandskundenpflege sein. Natürlich hängt es vom Geschäftsfeld und den Vertriebskanälen ab, welche konkreten Aktivitäten beim Bestandskundenmarketing am besten wirken. Doch grundsätzlich lohnt sich Bestandskundenpflege mit dem Ziel, Bestandskunden zu halten und die Kundenbeziehung zu pflegen, für alle Unternehmen. Auch kleine oder mittlere Betriebe aller Branchen, egal ob im Geschäft mit Firmenkunden (B2B) oder Verbrauchern (B2C) tätig – alle können profitieren, wie eng oder breit auch immer sie die Definition von Bestandskunden und Bestandskundenmanagement auslegen.
Warum sollte man in Bestandskundenpflege investieren?
Viele Unternehmen haben die Bedeutung der Bestandskundenpflege erkannt: Laut Dialog Marketing Monitor 2021 richten 43 Prozent ihre Werbung gezielt an Bestandskunden. Denn die Zahlen bestätigen den qua Definition unterstellten Wert von Bestandskundenmanagement. Marketingfachleute zitieren gerne eine Studie der Harvard Business School, nach der eine um fünf Prozent höhere Kundenbindung Ertragssteigerungen von 25 bis 95 Prozent bewirkt. Laut Adobe Digital Index Report entfallen auf jeden Bestandskunden die Umsätze von fünf bis sieben Neukunden. Sie zu pflegen lohnt sich also. „In den USA werden 40 Prozent des Umsatzes von Wieder- oder Stammkäufern getätigt, die nur acht Prozent des gesamten Besucheraufkommens darstellen“, so Adobe. Hoch sind die Umsätze im Vergleich insbesondere in der Weihnachtssaison sowie „in Zeiten schwachen wirtschaftlichen Aufschwungs“. Auch die Erkenntnisse des GfK Consumer Scan überzeugen: Bestandskundinnen und -kunden im deutschen Handel stehen für knapp ein Drittel der gesamten Käuferschaft, bringen aber zwei Drittel des Gesamtumsatzes.
Neukundengewinnung ist teurer als Bestandskundenpflege
Die höheren Umsätze mit Bestandskunden – und so den Grund dafür, sie zu pflegen und zu halten – erklären Fachleute mit der geringeren Preissensibilität treuer Kunden. Die schieben zum Beispiel in der Regel besser gefüllte Warenkörbe mit einem höheren Produktwert zur Kasse beziehungsweise ordern diese online. Hinzu kommt, dass Bestandskunden erfahrungsgemäß eine bessere Zahlungsmoral haben als Neukunden. Das senkt unter anderem die Kosten für das Verwalten sowie Eintreiben offener Forderungen und erhöht gleichzeitig die Liquidität. Bestandskundenpflege sollte also auch zu den Tipps für ein besseres Management der Finanzen gehören. Zudem empfehlen zufriedene Bestandskunden öfter Produkte und Marken weiter, Bestandskundenmarketing eignet sich also als Bestandteil etwa einer Kampagne für Produkteinführungen. Gerade in gesättigten Märkten ist dies ein wichtiger Vorteil, der Bestandskundenmanagement zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil machen kann.
Was sind Bestandskunden? Eine kurze Definition
Die Zahlen sprechen also klar für eine intensive Bestandskundenpflege. Marketing-Fachleute schätzen, dass die Akquise neuer Kundinnen oder Kunden fünfmal teurer ist als Maßnahmen, die das Abspringen von Bestandskunden verhindern. Doch was genau sind Bestandskunden eigentlich – und welche Tipps können Unternehmen dabei helfen, sie zu pflegen, um sie zu halten?
Wirtschaftsfachleute unterteilen Kundinnen und Kunden üblicherweise in Geschäftskunden, Privatkunden sowie Kunden aus dem öffentlichen Sektor. In allen Gruppen legen Ökonomen dann für die Definition von Bestandskunden die jeweilige Kaufhäufigkeit zugrunde. Sie unterscheiden zwischen Einmalkunden, Gelegenheitskunden oder eben Stammkunden. Und bei diesen dann zwischen „Heavy User“ oder „Light User“, also Stammkunden mit viel Einkäufen und Umsatz oder etwas weniger. Differenziert wird zudem nach dem Kundenstatus. Unternehmen adressieren zum Beispiel potenzielle Kunden, Kunden der Konkurrenz oder Nicht-Verwender mit dem Ziel, sie zu gewinnen. Wer kauft, ist als Neukunde gewonnen. Bestandskunden sind dann per Definition jene Kunden, die mindestens ein zweites Mal beim selben Unternehmen kaufen. Sie können schließlich zu Stammkunden und eventuell sogar (langjährigen) Altkunden werden – nicht zu verwechseln mit ehemaligen, verlorenen oder Ex-Kunden. Bestandskundenpflege – beziehungsweise übergreifender das Bestandskundenmanagement – dient dem Ziel, laufend mit Bestandskunden im Geschäft zu bleiben. Und zwar ganz unabhängig von der Art des Geschäfts oder der Branche.
Die Pflege bestehender Beziehungen ist einfacher und günstiger
Wer den Sinn von Bestandskundenpflege oder Bestandskundenmarketing verstehen will, muss auch auf die Kommunikation selbst schauen. Mit Bestandskunden ist sie viel leichter. Deren Namen und Anschriften sind bekannt, Einwilligungen zum Empfang von Nachrichten in der Regel bereits erteilt. Dadurch ist die Kommunikation mit Bestandskunden auch unter datenschutzrechtlichen Aspekten deutlich unkomplizierter, als die Ansprache von Neukunden – solange das Unternehmen die gesetzlichen Bestimmungen einhält. Um dies zu gewährleisten, müssen neben der Bestandskundenpflege selbst auch rechtliche Fragen im Sinne der Kontaktaufnahme ein Aspekt beim Bestandskundenmanagement sein.
Wie sich Bestandskunden dann genau pflegen und damit halten lassen, dazu gibt es viele Tipps, die natürlich auch situationsabhängig sind. Man trifft sich beispielsweise vielleicht häufiger auf einer Messe. Da kann die Beziehung zu Kunden auf persönlicher Ebene anders gepflegt werden, als wenn man sich nur in Videokonferenzen sieht. Generell gilt: Nicht außer Acht lassen sollten Unternehmerinnen und Unternehmer die dem Bestandskundenmarketing übergeordnete Strategie. Diese sollte stets beide Themenbereiche erfassen: Bestandskundenpflege und Neukundengewinnung gehören eingebettet in ein umfassendes Kundenbeziehungsmanagement.
Bestandskundenmanagement reicht weiter – eine Definition
Wenn klar ist, was genau Bestandskunden sind und was Bestandskundenpflege bedeutet, lautet die nächste Frage: Was ist Bestandskundenmanagement? Unter anderem neben Neukundengewinnung der wichtigste Anwendungsbereich eines Systems für Customer Relationship Management (CRM) zur Organisation der Kundenbeziehung – und Teil des CRM. Bestandskundenmanagement ist das praktische Umsetzen einer Selbstverständlichkeit: Für ein funktionierendes Geschäft ist es unerlässlich, einen Stamm zufriedener und loyaler Kunden zu bewahren und ihn zu vergrößern. Aktive Bestandskundenpflege zum Erhalt des Kundenstamms ist somit per Definition ein wichtiger Teil vom Bestandskundenmanagement. Die Kernziele dabei sind:
- Erhaltung hoher Kundenzufriedenheit
- Gezielte Verhinderung von Kundenabwanderung (Churn Prevention)
- Erhalt der Relevanz
- Steigerung des Kundenwerts durch Reaktivierung, Cross-Selling und Up-Selling – also den Verkauf weiterer Produkte oder Dienstleistungen.
Bestandskundenpflege oder Neukundengewinnung? Beides zählt
Das eine tun – also die Bestandskundenpflege durch Bestandskundenmanagement beziehungsweise Bestandskundenmarketing – darf nicht automatisch bedeuten, das andere zu lassen. Sinnvoll ist die Ansprache von Neukunden immer, wenn sich ein Unternehmen oder Shop im Aufbau befindet und noch nicht genügend Kunden hat. Sinnvoll ist Neukundenakquise außerdem in der Regel, wenn das Ziel für ein bestehendes Unternehmen vor allem Wachstum heißt. Was sinnvoll ist, muss jede Unternehmerin und jeder Unternehmer für das eigene Geschäft abwägen.
Der optimale Marketingmix kann sehr unterschiedlich sein
Je nach Produkten oder Dienstleistungen ist natürlich auch ein Neukundengeschäft zwingend erforderlich – etwa für Hersteller von Matratzen oder Anbieter von Küchen. Weil Kunden bei ihnen meist nur alle paar Jahre oder sogar Jahrzehnte kaufen. In manchen Fällen sind Unternehmen einfach auf Neukundengeschäft angewiesen – und sollten deshalb die Bestandskundenpflege nicht priorisieren. Trotzdem kann sich Bestandskundenmarketing auch für solche Firmen lohnen. Bieten sie alltägliche Produkten oder Dienstleistungen an, tun sie in der Regel gut dran, gezielter und ausgiebiger Bestandskundenpflege zu betreiben und sich dafür Tipps von Fachleuten zu holen. Denn eine aktive Bestandskundenpflege mit für die Kundschaft und den Kanal relevanter Kommunikation, Serviceangeboten sowie After-Sales-Betreuung steigert die Chance, dass Kundinnen und Kunden Empfehlungen an andere aussprechen. Gerade wer in den diversen Online-Kanälen mit seinen Bemühungen erfolgreich ist, Bestandskunden zu pflegen und so zu halten, gewinnt damit zufriedene Follower und zieht sich dadurch vielleicht „Markenbotschafter“ heran.
Welche Maßnahmen der Bestandskundenpflege gut zum eigenen Unternehmen passen, das müssen Firmenchefs und -chefinnen beim Bestandskundenmarketing strategisch erarbeiten und in ein Bestandskundenmanagement übersetzen. Auf diesem höheren Niveau der Bestandskundenpflege reicht ein simples Anschreiben nach Vorlage an Bestandskunden nicht mehr aus. Je nach Geschäftsfeld oder Branche ist die strategische Frage für diese Unternehmen dann auch noch, ob sie sich beim Bestandskundenmanagement auf den erneuten Verkauf von Produkten konzentrieren oder auf Zubehör beziehungsweise Service – oder sogar beides. Hierbei ist es hilfreich, wenn Unternehmen ihre strategischen Hausaufgaben hinsichtlich beispielsweise Businessplan und Wettbewerbsanalyse erledigt haben. Oder sie nehmen das (geplante) Bestandskundenmanagement zum Anlass, sich hier besser aufzustellen.
Tipps und Kniffe für eine gute Bestandskundenpflege
Zur erfolgreichen Bestandskundenpflege im kleineren Stil oder für ein kleines Unternehmen kann zu Beginn schon reichen, aus einer Vorlage ein Anschreiben für Bestandskunden zu ziehen und ein Angebot zu machen oder für eine Aktion zu werben. Das Schöne an der Bestandskundenpflege ist aber neben niedrigeren Hürden und Kosten auch: Kommunikation mit Bestandskunden ist viel zielgenauer als die mit potenziellen Neukunden. Das gilt unabhängig davon, ob der lokale Händler den seit Jahren bestens bekannten Kunden maßgeschneiderte Angebote macht, oder ein Onlineshop der Kundschaft per Marketingautomation individuell passende Mailings schickt. Oder auch mal eine handgeschriebene Karte – wenn nicht in der Weihnachtszeit, dann vielleicht zum Geburtstag. Auch ohne jahreszeitlichen Anlass können Unternehmen ihren Bestandskunden per Mail oder via Social Media wie Facebook, Instagram und WhatsApp Mehrwert bieten. Hierbei kann künstliche Intelligenz sehr helfen, Bestandskunden passgenau zu pflegen und so zu halten.
Unternehmerinnen und Unternehmer sollten mit Blick auf ihre Bestandskundenpflege sowie ihr Bestandskundenmanagement allerdings auch an ganz alltägliche Vorkommnisse denken, wie etwa Reklamationen. Wenig überzeugt die meisten Kunden und Kunden mehr von einem Unternehmen, als ein souverän und freundlich gelöstes Problem. Entsprechend sollten Unternehmen die Bestandskundenpflege auch in der Gesamtstrategie berücksichtigen – nicht nur für das konkrete Bestandskundenmarketing, sondern allgemein für die Kundenzufriedenheit.
Ruhig die Feinheiten beim Bestandskundenmarketing ausloten
Wie passgenau Unternehmen im Bestandskundenmarketing arbeiten wollen, hängt von der Größe, vom Bereich und vom jeweiligen Markt ab. Für manche dürfte es sich lohnen, die Feinheiten beim Bestandskundenmarketing auszuloten und Bestandskunden etwa nach allen Regeln der Kunst zu segmentieren oder sie per ABC-Analyse einzugruppieren. Und die Anschreiben mit Blick auf als besonders wertvoll eingestufte Bestandskunden unabhängig von der Vorlage sehr individuell und vielleicht noch mit exklusiven Angeboten aufgewertet zu gestalten. Dabei kann es sich auch lohnen, um als vielversprechend erkannte Bestandskunden zu werben, die sich plötzlich doch abgewendet haben – in welchen Fällen, das muss jedes Unternehmen natürlich für sich selbst entscheiden.