Arbeitsrecht & Soziales

Low Performer – entweder motivieren oder nach Abmahnung kündigen

Wer Low Performer im Team hat, spricht schnell ei­ne Ab­mah­nung aus und will ih­nen dann we­gen un­ter­durch­schnitt­li­cher Leis­tung kün­di­gen. Bes­ser wä­re es an­ge­sichts des Per­so­nal­man­gels in vie­len Bran­chen, sie zu qua­li­fi­zie­ren oder für an­de­re Auf­ga­ben einzuteilen.

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Bleiben die Leistungen von Beschäftigten unter den Erwartungen ihrer Vorgesetzten oder anderer Personen im Team, kommt schnell die Bezeichnung Low Performer ins Spiel – vor allem, wenn die erfolgsorientierte Entlohnung aller leidet. Leistungsschwache oder leistungsunwillige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind für jedes Unternehmen eine Herausforderung, weil durch sie oft Ziele verfehlt werden. Trotzdem sollten Vorgesetzte lieber versuchen, Low Performer neu zu motivieren, statt gleich eine Abmahnung auszusprechen und ihnen zu kündigen. Denn erstens ist die Entlassung wegen angeblich schlechter Leistungen arbeitsrechtlich gar nicht so einfach – zwar hat das Bundesarbeitsgericht eine grobe Definition für Low Performer aufgestellt, aber es gibt bei so begründeten Kündigungen besondere Formalien zu beachten. Und zweitens wäre es angesichts des aktuellen Fachkräfte- sowie allgemeinen Personalmangels sinnvoller, Low Performer zu motivieren statt zu kündigen. Manche haben vielleicht Talente für andere Aufgabenbereiche, die es zu entdecken gilt. Deshalb sollte zur Personalstrategie ein Talent Management gehören, das auch vermeintlich schwierige Fälle berücksichtigt.

Eine Frage der Definition: Was sind Low Performer?

Low Performer besser motivieren statt ihnen kündigen

Low Performer nicht ohne Abmahnung kündigen

Grafik zeigt die Erwartung der Beschäftigten für die kommenden drei Jahre und sagt damit viel über Mitarbeitermotivation und Minderleister oder Low Performer

Eine Frage der Definition: Was sind Low Performer?

Low Performer ist einer der vielen Anglizismen, die sich im Personalbereich durchgesetzt haben. Als deutsche Übersetzung eignet sich Wenig-Leister oder Minder-Leister. Mit Low Performer sind Personen gemeint, deren Arbeitsleistung im Team längere Zeit unter den Erwartungen oder dem Durchschnitt liegt. Sie sind qua Definition das glatte Gegenteil sogenannter High Performer. Dieser Begriff bezeichnet Personen, die jedes Unternehmen gerne langfristig an sich binden würde, weil sie kontinuierlich außergewöhnlich gute Arbeitsleistungen erbringen. Der Geschäftsleitung können Low Performer derart große Probleme bereiten, dass sie ihnen eine Abmahnung aussprechen oder am liebsten kündigen will. Arbeiten sie etwa langsam und wenig zielgerichtet, ist das für andere Beschäftigte nicht nur lästig. Vielmehr zwingen sie die Kolleginnen und Kollegen durch schlechte Leistungen auch dazu, für sie einzuspringen. Oder sie tolerieren Fehler und Qualitätsmängel, was häufig hohe Folgekosten sowie Unzufriedenheit auch bei den Kundinnen und Kunden auslöst.

Ein Zehntel der Belegschaft gilt gemeinhin als Low Performer

Es ist nicht so einfach, das Phänomen der unterdurchschnittlich engagierten und/oder erfolgreichen Beschäftigten in harte Zahlen zu packen. Eine Definition für Low Performer entstammt der US-Managementliteratur und wurde von Jack Welch geprägt, dem Ex-Chef von General Electric. Nach seiner 20-70-10-Regel gelten 20 Prozent der Beschäftigten als High Potentials, also Leistungsträger, die für exzellente Ergebnisse sorgen. 70 Prozent liefern durchschnittliche Arbeit ab. Und zehn Prozent der Beschäftigten sind Low Performer mit Arbeitsleistungen, die im Vergleich zu den anderen im Team deutlich abfallen. Rechtlich ist allerdings nirgends präzise festgelegt, wo die unterdurchschnittliche Leistung beginnt. Zwar sind Beschäftigte einerseits verpflichtet, die vertraglich vereinbarte Leistung zu erbringen. Andererseits dürften die wenigsten Arbeitsverträge klare Kriterien als Bewertungsgrundlage enthalten. In einem Beschäftigtenverhältnis, also mit einem Dienstvertrag, ist durch den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin grundsätzlich nur ein „Bemühen“ geschuldet. Im Gegensatz dazu müssen Unternehmen als Auftragnehmer mit einem Werkvertrag ein festgelegtes Ergebnis oder einen bestimmten Erfolg liefern.

Low Performer im Team sind um ein Drittel schlechter

Ein gewissen Bewertungsrahmen in Sachen Low Performer – wenn auch keine Definition – hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) geschaffen. 2003 urteilte es: „Ist die Arbeitsleistung im Vertrag der Menge und der Qualität nach nicht oder nicht näher beschrieben, so richtet sich der Inhalt des Leistungsversprechens zum einen nach dem vom Arbeitgeber durch Ausübung des Direktionsrechts festzulegenden Arbeitsinhalt und zum anderen nach dem persönlichen, subjektiven Leistungsvermögen des Arbeitnehmers.“ Beschäftigte müssen – so gut sie können – tun, was sie sollen. Dabei schulden sie ihr „Wirken“, kein „Werk“. Zugleich muss ihr Arbeitserfolg qualitativ wie quantitativ bestimmte Anforderungen erfüllen. Low Performer wegen schlechter Arbeitsqualität zu kündigen oder ihnen eine Abmahnung zuzustellen, billigt das BAG bei dauerhaft unterdurchschnittlichen Leistungen. Etwa, wenn – wie im konkreten Fall – ihre Fehlerquote beim Dreifachen der anderen im Team liegt. Die BAG-Faustformel: Unterschreitung der Durchschnittsarbeitsleistung aller vergleichbaren Arbeitnehmer um ein Drittel. Denkbar sind arbeitsrechtliche Konsequenzen auch, falls persönliche Fähigkeiten eigentlich weit bessere Leistungen ermöglichen.

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Low Performer besser motivieren statt ihnen kündigen

Bevor Unternehmen ihre Low Performer mit einer Abmahnung bedenken oder ihnen kündigen, sollten sie die Ursachen des Problems erforschen. Dies dient nicht nur der rechtssicheren Vorbereitung einer Entlassung, sondern kann Low Performer wieder Anschluss im Team finden lassen. Beim zunehmenden Personalmangel ist das oft die bessere Alternative. Zunächst empfiehlt sich dafür eine klare Definition, was der Betrieb von den Beschäftigten erwartet – und dies zu kommunizieren. Leistungen einzelner Personen lassen sich auf dieser Grundlage außerdem leichter vergleichen sowie subjektiv empfundene Leistungsdefizite besser in Zahlen fassen. Anschließend sollten nicht sofort Sanktionen gegen Low Performer folgen, sondern Maßnahmen, die sie motivieren könnten. Es geht darum, die Situation aus der Perspektive der Betroffenen zu betrachten. Unter Personalfachleuten kursiert mit Blick auf Low Performer die Empfehlung: „Warum Chefs keine härtere Peitsche, sondern eine neue Brille brauchen.“ Und der Rat, die drei KDW-Fragen zu klären, das „Können – Dürfen – Wollen“:

  • Können die in der Kritik stehenden Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter ihre Aufgabe mithilfe der eigenen Fähigkeiten und Kenntnisse bewältigen?
  • Dürfen Low Performer die entsprechenden Aufgaben überhaupt erledigen? Wenn ja: Wissen sich eventuell gar nicht, wie weit ihr individueller Entscheidungsspielraum tatsächlich reicht?
  • Wollen die Betroffenen tatsächlich etwas leisten?

Problem Low Performer ohne Abmahnung oder Kündigen lösen

Oft lässt sich das Problem Low Performer einfach lösen, ohne eine Abmahnung auszusprechen oder ihnen zu kündigen – wenn die Betroffenen im Gespräch offen darlegen können, womit genau sie Probleme haben. Manche Low Performer verzetteln sich beispielsweise mit nach ihrem Empfinden wichtigen Aufgaben, in denen andere im Team oder Vorgesetzte nur reine Nebensächlichkeiten sehen. Also stimmt scheinbar die Leistung nicht. Hier hilft eine klare Definition der Zielvorgaben. Beschäftigte müssen wissen, was ihr Arbeitgeber erwartet. Der wiederum sollte solche Hindernisse auf dem Weg zum Ziel beseitigen. Oft lassen sich Low Performer durch klare Absprachen leichter motivieren und erbringen dann den Erwartungen entsprechende Leistungen. Hilfreich sein können beispielsweise Coachings oder Trainings. Dabei kann es um Selbstorganisation gehen, um Zeitmanagement oder um die gezielte Vermittlung nötigen Fachwissens. Natürlich muss auch die technische Ausstattung die Voraussetzungen dafür bieten, das gewünschte Arbeitsergebnis abzuliefern. Entsprechende Hilfsmittel und Kompetenzen machen willige Low Performer vielleicht sogar zu motivierten Höchstleistenden.

Unterdurchschnittliche Beschäftigte gezielt fördern

Haben Unternehmen ein System zur dauerhaften Personalentwicklung, lässt sich eher verhindern, dass ein Umfeld für Low Performer entsteht. Das beginnt mit gezielter Nachwuchsförderung. Auch in kleinen und mittleren Betrieben sollten dazu Methoden wie das Mentoring zählen. Wichtig sind außerdem leistungsunabhängige Mitarbeiterbeurteilungen, um Kompetenzlücken zu erkennen und zu schließen. Auch moderne Instrumente wie Assessment Center helfen, noch unerkannte oder sich erst entwickelnde Potenziale beziehungsweise Interessen zu identifizieren. Es kann Low Performer motivieren, diese Fähigkeiten im Team zu nutzen und weiter auszubilden. Das steigert nicht nur die Motivation der Low Performer – so erübrigt es sich, eine Abmahnung auszusprechen oder ihnen zu kündigen. Dazu gilt es natürlich, eine sinnvolle Weiterbildung anzustoßen. Chancen und Herausforderungen sowie Fortbildungen und Trainings sind wichtig im Umgang mit jenen, die als Low Performer gelten. Unternehmen können ihnen unmissverständlich das Signal zum „Dürfen“ geben – die zweite der KDW-Fragen – und sie praktisch dabei unterstützen, ihre Chancen zu ergreifen.

Auf persönliche Probleme oder Mobbing achten

Klarheit und Fortbildung an der richtigen Stelle können Low Performer zurück auf Erfolgskurs bringen – auch ohne Zustellen einer Abmahnung, oder ihnen das Kündigen anzudrohen. Manchmal verhindern allerdings komplexere oder größere private Probleme, dass jemand die volle Leistung erbringt. Low Performer könnten etwa permanent überlastet sein – im Team bei der Arbeit oder auch im Privatleben. Unternehmen könnten dann beispielsweise ein Sabbatical zur persönlichen Neuorientierung anbieten und Low Performer so wieder motivieren, statt ihnen zu kündigen. Überhaupt empfiehlt sich ein breiterer Blick auf mögliche Ursachen für unterdurchschnittliche Leistungen, weil Arbeitgeber die Pflicht haben, ein der Gesundheit nicht abträgliches Arbeitsumfeld zu schaffen. Dazu zählt die Gefährdungsbeurteilung ebenso wie eine sinnvolle statt unnötig belastende Arbeitsorganisation. Oft stecken hinter einer vermeintlichen Demotivation auch massive Probleme wie ein Burnout, nicht nur bei Führungskräften. Verursachen Mobbing oder eine Suchterkrankung das Leistungsloch, müssen Unternehmen angemessene Hilfsangebote unterbreiten. Die Berufsgenossenschaften helfen dabei.

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Low Performer nicht ohne Abmahnung kündigen

Manchmal stellt sich nach genauer Analyse der Situation aber heraus, dass jemand keine Leistung bringen will. Fehlt tatsächlich das „Wollen“, das dritte der KDW-Kriterien, lässt es sich kaum vermeiden, dem Low Performer oder der Low Performerin eine Abmahnung auszusprechen und der Person anschließend zu kündigen. Denn trotz des Fachkräftemangels sollten Unternehmen alle Low Performer entlassen, die sich nicht motivieren lassen und im Team eine dauerhafte Belastung zu werden drohen. Dafür gibt es das Instrument der verhaltensbedingten Kündigung, wobei aber hohe formale und inhaltliche Anforderungen zu erfüllen sind. Insbesondere muss das Unternehmen den Betroffenen eine die Durchschnittsleistung erheblich unterschreitende Leistung nachweisen – dass es sich also um Low Performer nach der Definition des Bundesarbeitsgerichts handelt. Dies betonte unter anderem das Arbeitsgericht Siegburg bei der Kündigungsschutzklage eines Kfz-Mechanikers, dem wegen schlechter Arbeitsleistungen verhaltensbedingt gekündigt worden war.

Entlassungen unter anderem per Abmahnung vorbereiten

Laut Unternehmen hatte der vermeintliche Low Performer bei einem Werkstatttest nur vier der sechs Fehler erkannt und bei einem Auftrag anstehende Servicearbeiten vergessen. Dies schade dem Image der Firma, und trotz insgesamt drei Abmahnungen sei kein Besserungswille festzustellen gewesen. Das Arbeitsgericht teilte im Rahmen einer Kündigungsschutzklage die Sichtweise des Unternehmens nicht. Der Arbeitgeber habe weder die Leistungen des Klägers noch die Fehlerquote vergleichbarer Beschäftigter über einen repräsentativen Zeitraum erfasst. So lasse sich nicht belegen, dass vertragliche Verpflichtungen vorwerfbar verletzt worden seien. Wer Low Performer kündigen will, muss sie also zunächst durch eine Abmahnung für den Ernst der Lage sensibilisieren und ihnen dann die Chance zur Verhaltensänderungen gegeben. Zu dokumentieren gilt es für Kündigungen außerdem, dass die Leistung der Low Performer in Relation zu allen vergleichbaren Beschäftigten im Team und gegebenenfalls darüber hinaus die Durchschnittsleistung erheblich unterschreitet. Hier gilt als Faustformel die Unterschreitung um ein Drittel.

Betroffene auf einen anderen Arbeitsplatz versetzen

Wer glaubt, Low Performer nicht mehr motivieren zu können, und ihnen nach einer Abmahnung kündigen will, sollte dies stets mit der Anwaltskanzlei absprechen, denn der Teufel liegt in den individuellen Details. So könnte es dem Unternehmen etwa zumutbar sein, Low Performer an einen anderen Arbeitsplatz zu versetzen oder ihnen nicht zum Zwecke der Trennung zu kündigen, sondern nur eine Änderungskündigung auszusprechen, sprich weniger Geld bei gleicher Arbeitsleistung zu zahlen. Dies gilt es ebenso zu prüfen wie das formal richtige Vorgehen sowie eine wasserdichte Argumentation, bevor man eine Kündigung ausspricht und damit eine Kündigungsschutzklage riskiert.

Über weitere Details zum Thema Kündigungsschutz informiert dieses Video.
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Frank Wiercks

ist Mitglied der Redaktion von TRIALOG, dem Unternehmermagazin für Mittelständler, Selbständige und Freiberufler. Außerdem arbeitet er für verschiedene Wirtschafts- und Managementmagazine. Zuvor war er unter anderem Chefredakteur von handwerk magazin und Markt und Mittelstand.

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