Mitarbeiter & Ausbildung

Assessment Center kann auch klei­nen Be­trie­ben weiterhelfen

Assessment Center er­leich­tern die Po­ten­zial­ana­ly­se bei Mit­ar­bei­tern und die Aus­wahl ex­ter­ner Be­wer­ber. Das hilft auch Hand­werk und Mit­tel­stand. Fir­men­chefs soll­ten sie nut­zen – aber nur nach Rück­spra­che mit dem An­walt und am bes­ten über Dienstleister.

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Viele Unternehmer beklagen, dass Fachkräfte und beruflicher Nachwuchs fehlen. Sie tun sich schwer beim Besetzen offener Stellen und finden kaum geeignete Kandidaten für Ausbildungsplätze. Gerade das Handwerk zeigt sich deshalb offen für ungewöhnliche Lösungen. Die Firmenchefs versuchen, Migranten in den Betrieb zu integrieren oder ältere Bewerber, die anderswo kaum Chancen hätten. Und schlechte Noten sind längst kein Grund mehr, Interessenten pauschal abzuweisen. Viele Unternehmer führen ausführliche persönliche Gespräche und entscheiden dann nach Bauchgefühl – nicht nur mit Blick aufs Zeugnis. Wer so um qualifizierte Bewerber kämpfen muss, betrachtet Assessment Center vermutlich als sinnlose Investition. Warum sollte man Geld in einen teuren, strukturierten und zeitaufwändigen Prozess zur Personalauswahl stecken, wenn man kaum Auswahl hat? Kleinen Betrieben gilt das Assessment Center deshalb als Instrument der Personalabteilungen in Konzernen. Nur sie könnten es sich leisten, Kandidaten mit ausgeklügelten Aufgaben zu stressen, um so die für eine Position am besten passende Person zu identifizieren.

Assessment Center ist nicht nur für Konzerne

Klingt logisch, ist aber zu kurz gedacht. Kleine Betriebe müssen sich interessanter machen. Dazu gehören attraktive Gehälter und (Sozial-) Leistungen, aber auch Imagefaktoren wie eine gute Homepage oder Social-Media-Präsenz. Und Engagement beim Thema Qualifizierung. Ein Assessment Center signalisiert: Wir nehmen Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeiter ernst. Zweitens helfen Assessment Center, das Potenzial der Teilnehmer zu erkennen. Dies dient der Auswahl von Auszubildenden wie auch der besten Kandidaten beim internen Besetzen von Führungspositionen. Ein Assessment Center kann jederzeit für jeden Zweck veranstaltet werden, nicht nur zur Lehrlingssuche. Drittens erleichtert es die Ausbildung im Verbund. Organisieren mehrere Unternehmen ihre Ausbildung zusammen, wäre ein gemeinsames Assessment Center sinnvoll. Das zieht eine größere Zahl von Interessenten an, macht deren Bewertung professioneller und gibt den beteiligten Firmenchefs eine bessere Entscheidungsbasis, wenn sie die zu ihnen passenden Bewerber auswählen. Vielleicht wird ein gemeinsames Assessment Center sogar zur Keimzelle einer neuen Verbundausbildung.

Assessment Center muss nicht Tage dauern

Es gibt viele Tests, die bei der Auswahl externer Bewerber oder der Bewertung und Förderung talentierter Mitarbeiter helfen. Einfache Varianten können sich Unternehmer im Internet besorgen, ausgefeiltere von spezialisierten Personaldienstleistern für ihre individuellen Zwecke bekommen. Aber immer mehr kleinere Unternehmen erkennen, dass sie vom Assessment Center mehr profitieren. Das Assessment Center ist im Handwerk und kleinen Mittelstand eine Chance, die Personalarbeit weiter zu professionalisieren. „Schon ein vierstündiges Auswahlverfahren bietet dem Arbeitgeber gute Möglichkeiten, Interviews, Gruppendiskussionen und intelligente Case Studies durchzuführen, um die Kandidaten währenddessen zu beobachten“, so die Karriereexpertin Susanne Senf auf „bewerbung.com“. Dieses Auswahlverfahren sollte dann allerdings gut durchdacht sein, damit belastbare Ergebnisse herauskommen. Wer statt eines Dienstleisters ein internes Team mit der Organisation beauftragt, sollte dringend Rücksprache mit dem Anwalt halten. Auch beim Assessment Center Marke Eigenbau sind bestimmte arbeitsrechtliche Fragen zu beachten.

Schon ein vierstündiges Auswahlverfahren bietet dem Arbeitgeber gute Möglichkeiten, Interviews, Gruppendiskussionen und intelligente Case Studies durchzuführen, um die Kandidaten währenddessen zu beobachten.

Susanne Senf, Karriereexpertin

Es gibt schon Assessment Center im Handwerk

Als erstes sollte der Unternehmer festlegen, welchem Zweck das Assessment Center dient: Der Personalauswahl oder der Potenzialanalyse? Zur Personalauswahl richtet es sich an externe Bewerber. Bei der Potenzialanalyse geht es um den aktuellen Leistungsstand und perspektivische Einsatzmöglichkeiten von Beschäftigten, die bereits im Betrieb sind. Diese Analyse dient als Basis für gezielte Maßnahmen zur Personalentwicklung. Auch das ist in Zeiten des Fachkräftemangels wichtig, wo jede Kündigung eines qualifizierten Mitarbeiters dem Unternehmen wehtut. Besser wäre es, unzufriedenen Beschäftigten interessante Perspektiven im Betrieb zu eröffnen – etwa durch ein Assessment Center. Natürlich gibt es in jedem Unternehmen inhaltliche Anforderungen, die mit der Branche sowie der jeweiligen Aufgabe zusammenhängen. Daher braucht der Firmenchef entsprechende Anforderungsprofile, mit denen er die Qualifikation oder das Potenzial eines Kandidaten abgleichen kann. Idealerweise passt beides gut zueinander. Ist der Bewerber noch nicht da, wo er sein sollte, kann das Unternehmen die erforderlichen Qualifizierungsmaßnahmen anbieten.

Übungen und Gespräche auf Zielgruppe zuschneiden

Inhaltlich lassen sich Assessment Center sehr unterschiedlich anlegen. Ratsam ist eine Mischung aus Einzelübungen, Gruppenübungen, Präsentationen und Tests sowie einem persönlichen Interview. So erhält der Unternehmer einen Eindruck von der fachlichen Qualifikation und der sozialen Kompetenz eines Kandidaten. Folgende Blöcke bieten sich an und sollten möglichst mit konkreten Fragen und Aufgaben gefüllt werden:

Aufsatz: Wie bringt der Kandidat seine Gedanken zu einem Thema in Schriftform?
Interview: Wie wirkt er im persönlichen Gespräch?
Fallstudie: Wie löst er ein branchentypisches Problem?
Gruppendiskussion: Wie bringt er sich in der Gruppe ein?
Konstruktionsübung: Wie trägt er in einer Gruppe zur Problemlösung bei?
Unternehmensplanspiel: Welche Ideen hat er für die Unternehmensentwicklung?
Postkorbübung: Wie gut kann er priorisieren und entscheiden?
Präsentation: Wie überzeugt er von seinen Ideen?
Rollenspiel: Wie kann er sich in Personen hineinversetzen und mit anderen interagieren?
Selbstpräsentation: Wie verkauft er sich?

Assessment Center von Dienst­leis­ter planen lassen

Ebenso wichtig wie die inhaltliche Ausgestaltung des Assessment Center ist der organisatorische Rahmen. Es sollte geplant werden wie jedes andere Projekt – mit einem eigenen Budget und genug zeitlichem Vorlauf. Wer externe oder interne Bewerber einen solchen Prozess durchlaufen lassen will, muss das rechtzeitig vorbereiten und auch beispielsweise den dafür vorgesehenen Zeitraum bekannt machen. Für ein internes Assessment Center zur Potenzialanalyse können die Kandidaten zwar eventuell kurzfristig freigestellt werden, wenn es die Auftragslage zulässt. Wer aber für Ausbildungsplätze externe Bewerber mit einem weiter entfernten Heimatort anlocken will, sollte genau prüfen, welcher Zeitraum vor Beginn des Ausbildungsjahres sich hier anbietet. Auch hier könnte sich – wie bei der Ausgestaltung der Inhalte und bei der Bewertung – der Einsatz eines Personaldienstleisters anbieten. Auf dessen Verträge sollte der Anwalt dann übrigens einen scharfen Blick werfen.

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Frank Wiercks

ist Mitglied der Redaktion von TRIALOG, dem Unternehmermagazin für Mittelständler, Selbständige und Freiberufler. Außerdem arbeitet er für verschiedene Wirtschafts- und Managementmagazine. Zuvor war er unter anderem Chefredakteur von handwerk magazin und Markt und Mittelstand.

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