Es passiert regelmäßig, dass ein Unternehmer oder eine Unternehmerin keine Basis für die weitere vertrauensvollen Zusammenarbeit mit einzelnen Beschäftigten sieht. Hat jemand gegen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verstoßen, ist dann oft eine verhaltensbedingte Kündigung möglich. Die verhaltensbedingte Kündigung wird – anders als eine personenbedingte oder betriebsbedingte – für ein steuerbares und daher den Betroffenen vorwerfbares Fehlverhalten ausgesprochen. Wer etwa stets verspätet zur Arbeit kommt, könnte dafür sorgen, dass sich das nicht wiederholt. Beispielsweise durch früheres Aufstehen oder die Wahl anderer Verkehrsmittel, um pünktlich zu sein. Grundsätzlich lassen sich so Pflichtverstöße im Leistungsbereich und gegen die betriebliche Ordnung sowie Störungen im Vertrauensbereich und Verletzungen von Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag ahnden. Wer eine verhaltensbedingte Kündigung plant, sollte anwaltlich klären lassen, ob es gute verhaltensbedingte Kündigungsgründe gibt, erst eine Abmahnung auszusprechen oder eine bestimmte Frist einzuhalten ist. Im Einzelfall wäre zu prüfen, ob eine fristlose verhaltensbedingte Kündigung in Frage kommt oder der Betriebsrat anzuhören ist.
Wie lässt sich eine verhaltensbedingte Kündigung begründen?
Meistens liegen verhaltensbedingte Kündigungsgründe in Pflichtverstößen im Leistungsbereich. Das sind Verhaltensweisen, durch die Beschäftigte dem Betrieb ihre Arbeitsleistung vorenthalten. Etwa, indem jemand oft unentschuldigt der Arbeit fernbleibt. Oder später kommt beziehungsweise früher geht – insbesondere, wenn das Betriebsabläufe stört. Gerechtfertigt sein kann die Entlassung auch, wenn jemand ohne Genehmigung verreist oder sich ohne Grund krankmeldet. Krankfeiern kann sogar eine fristlose verhaltensbedingte Kündigung auslösen, das erfordert allerdings Beweise. Präsentieren Beschäftigte eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, entscheiden die Gerichte in der Regel in ihrem Sinne. Neben Nichtleistung kann es sie auch wegen Minderleistung geben. Nämlich, falls jemand wiederholt zu langsam arbeitet, obwohl es möglich wäre, schneller und korrekt zu arbeiten. Arbeitsverweigerung ist ebenfalls ein Kündigungsgrund. Allerdings nicht, wenn jemand an organisierten Streiks teilnimmt. Oder die Arbeit verweigert, weil etwa aufgrund fehlender Schutzausrüstung eine gesundheitliche Gefährdung droht. Meistens erfordert die verhaltensbedingte Kündigung das Einhalten einer Frist, manchmal eine Abmahnung – und der Betriebsrat ist anzuhören.
Verstöße gegen die betriebliche Ordnung ahnden
Auch Pflichtverstöße gegen die betriebliche Ordnung rechtfertigen eine verhaltensbedingte, manchmal sogar fristlose Kündigung. Verhaltensbedingte Kündigungsgründe in diesem Sinne sind Verhaltensweisen, die einer im beziehungsweise für den Betrieb existierenden Regelung widersprechen. Dazu gehört etwa der Konsum von Alkohol am Arbeitsplatz, obwohl auf dem Firmengelände ein Alkoholverbot besteht. Oder das Rauchen trotz Rauchverbots. Und selbstverständlich Drogenmissbrauch mit Blick auf harte Drogen. Wer Maschinen ohne vorgeschriebene Schutzkleidung bedient, kann ebenfalls gegen die betriebliche Ordnung verstoßen. Sollte privates Surfen im Internet oder das Annehmen von Geschenken der Geschäftspartner eindeutig untersagt sein, wären auch dies Kündigungsgründe. Denn die verhaltensbedingte Kündigung ist insofern anders gelagert als die personenbedingte oder betriebsbedingte Kündigung, dass Betroffene ihr Verhalten ändern könnten – also Schutzkleidung anziehen oder nicht mehr Surfen im Internet. Gerade bei solchen Verfehlungen ist aber stets zunächst mit der Anwaltskanzlei zu klären, ob zuerst eine Abmahnung erforderlich oder eine bestimmte Frist einzuhalten ist, bevor die verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen wird.
Wegen gestörtem Vertrauensverhältnis entlassen
Auch bei einem gestörten Vertrauensverhältnis zwischen Vorgesetzten und Beschäftigten ist eine – gegebenenfalls sogar fristlose – verhaltensbedingte Kündigung möglich. Das gilt insbesondere nach kriminellen Taten. Untreue, Betrug und Diebstahl zum Schaden der Firma können unabhängig von der Schadenshöhe triftige verhaltensbedingte Kündigungsgründe zur sofortigen Entlassung sein. Auch hier wäre allerdings stets zu prüfen, ob eine Abmahnung erforderlich ist und eine Frist für die verhaltensbedingte Kündigung gilt. Der Verdacht auf eine Straftat kann bei handfesten Hinweisen eine Verdachtskündigung rechtfertigen. Dies sollte allerdings ein Anwalt oder eine Anwältin beurteilen. Gleiches gilt für die vermutete Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen. Mit Beweisen wäre sogar eine fristlose Kündigung möglich. Auch wer Arbeitszeit- oder Spesenbetrug begeht, indem falsche Stundenzahlen angegeben oder nicht angefallene Betriebsausgaben abgerechnet werden, riskiert die Entlassung. Manchmal ist eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung nur möglich, wenn die Gründe eine außerordentliche fristlose Kündigung gerechtfertigt hätten. Daher empfiehlt sich bei jedem einzelnen Fall die Rücksprache mit Fachleuten für Arbeitsrecht.
Bei Fehlverhalten an Abmahnung und Frist denken
Eine rasche Entlassung ist auch bei massivem Fehlverhalten im zwischenmenschlichen Bereich möglich. Tätlichkeiten gegenüber Vorgesetzten oder anderen Beschäftigten beispielsweise können sofort ohne Abmahnung und gegebenenfalls Einhaltung einer Frist eine verhaltensbedingte ordentliche oder sogar fristlose Kündigung rechtfertigen. Hier können bereits aus einem einmaligen Vorfall ausreichende verhaltensbedingte Kündigungsgründe entstehen, so das Landesarbeitsgericht Mainz. Auch das Mobben anderer am Arbeitsplatz, wiederholte schwere Beleidigungen, sexuelle Belästigung oder rassistische Ausfälligkeiten stören das Betriebsklima nachhaltig und sind Kündigungsgründe. Hier können sich Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber beim Beurteilen der Vorfälle auch an den Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) orientieren. Wichtig ist aber, schnell zu reagieren – gerade bei gravierenden Vorfällen. Wer nämlich eine verhaltensbedingte fristlose Kündigung aussprechen will, muss dies binnen zwei Wochen tun, nachdem Kenntnis vom Fehlverhalten erlangt wurde. Eine verhaltensbedingte Kündigung ist außerdem möglich, wenn Mitarbeitern mehrfach das Gehalt gepfändet wird und dies erheblichen Arbeitsaufwand beim Unternehmen verursacht.
Erfordert die verhaltensbedingte Kündigung eine Abmahnung?
Es empfiehlt sich, eine verhaltensbedingte Kündigung stets durch eine Abmahnung vorzubereiten, um auf der sicheren Seite zu sein. Sind eine oder mehrere Abmahnungen dokumentiert, erhöht dies die Erfolgschancen im Falle einer Kündigungsschutzklage. Da die Entlassung bei Unstimmigkeiten zwischen Vorgesetzten und Beschäftigten die letzte Konsequenz sein sollte, muss jeder die Gelegenheit erhalten, das bemängelte Verhalten zu ändern. Bleibt die Abmahnung wirkungslos, kann das Unternehmen die Kündigung aussprechen. Nur bei schweren Pflichtverletzungen durch Beschäftigte kann eine Abmahnung unterbleiben, lediglich die reguläre Frist zur Beendigung des Arbeitsvertrags wäre auch dann einzuhalten. Weil schwere Pflichtverletzungen nach §626 BGB meist aber auch die fristlose verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen, würde sich gleich dieser Weg anbieten. Fachleute für Arbeitsrecht können beurteilen, ob eine fristlose Kündigung möglich ist oder wie sich eine ordentliche Kündigung per Abmahnung vorbereiten lässt. Mit ihnen wäre auch zu klären, ob eine Änderungskündigung mit Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz eine Entlassung vermeiden könnte.
Gilt für eine verhaltensbedingte Kündigung eine besondere Frist?
Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt in der Regel jene Frist, die für jede ordentliche Kündigung vorgesehen ist. Sie ergibt sich aus Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Bundesgesetz. Die begründete verhaltensbedingte Kündigung, die per Abmahnung vorbereitet wurde, relativiert den gesetzlichen Kündigungsschutz des Arbeitnehmers, ändert aber nicht die Kündigungsfristen. Bei gravierenden Pflichtverletzungen besteht die Möglichkeit, eine fristlose verhaltensbedingte Kündigung auszusprechen. In diesem Fall erfordert sie keine Abmahnung, aber dafür ist eine andere Frist einzuhalten. Der Unternehmer darf sie nämlich nur innerhalb von zwei Wochen aussprechen, nachdem er von dem Kündigungsgrund erfahren hat. Und natürlich ist jede verhaltensbedingte Kündigung auch ein Thema für den Betriebsrat.
So sieht eine gerichtsfeste verhaltensbedingte Kündigung aus
- Formalien einhalten: Für eine verhaltensbedingte Kündigung gelten die gleichen formalen Anforderungen wie für jede andere Kündigung. Wer Fehler macht, muss im Falle einer Kündigungsschutzklage mit einer Niederlage rechnen.
- Beweisbarer Kündigungsgrund: Grundsätzlich gilt die Vermutung, dass die Vorwerfbarkeit der Arbeitspflichtverletzung vorliegt. Allerdings können die Gekündigten nachzuweisen versuchen, dass ihr Verhalten entschuldbar beziehungsweise gerechtfertigt war. Dann muss das Unternehmen die Argumente entkräften. Nach einer Kündigung wegen Nichterscheinens kann jemand etwa ein ärztliches Attest vorlegen. Dann müsste das Unternehmen beweisen, dass die Arbeitsunfähigkeit zu Unrecht festgestellt wurde. Dies dürfte kaum gelingen.
- Vorherige Abmahnung: Die verhaltensbedingte Kündigung ist eine drastische Konsequenz. Daher sollten Beschäftigte bei einem nicht besonders schwerwiegenden Fehlverhalten abgemahnt werden und die Chance erhalten, sich anders zu verhalten. Die Abmahnung muss das konkrete Fehlverhalten benennen und androhen, dass die Kündigung folgt, falls keine Verhaltensänderung erfolgt und verhaltensbedingte Kündigungsgründe nicht durch Wohlverhalten beseitigt werden.
- Seriöse Interessenabwägung: Sämtliche Interessen von Unternehmen und Beschäftigten sind gegeneinander aufzuwiegen. Aus Sicht der Beschäftigten frühere Leistungen, die Schwere der Pflichtverletzung, die Wiederholungsgefahr und Aspekte wie Unterhaltspflichten oder Schwerbehinderung. Aus Sicht des Unternehmens die nachteiligen Folgen der Pflichtverletzung für den Betrieb sowie eine möglicherweise wiederholte, nachhaltige Missachtung von Vorschriften. Bei der Abwägung spielt auch die Frage eine Rolle, ob die Pflichtverletzung an anderen Arbeitsplätzen nicht mehr stattfände. Probleme könnten sich etwa auch durch eine Versetzung lösen lassen statt durch eine verhaltensbedingte Kündigung.
- Sonderfälle beachten: Generell gilt auch für die verhaltensbedingte, gegebenenfalls fristlose Kündigung, dass der Betriebsrat anzuhören ist, falls einer im Betrieb existiert. Trifft sie jemanden mit Sonderkündigungsschutz, etwa Schwerbehinderte, Betriebsratsmitglieder oder Arbeitnehmer in Elternzeit und Mutterschutz, ist die Maßnahme genau zu begründen. Zudem könnten Tarifverträge vorschreiben, wie detailliert verhaltensbedingte Kündigungsgründe anzugeben sind. Deshalb empfiehlt sich vor jeder Kündigung die Rücksprache mit einem Anwalt oder einer Anwältin.
Mehr Informationen zum Thema Kündigungsschutz in Kleinbetrieben liefert folgendes Video.