Auch wenn ihnen der Betrieb gehört – bei vielen Themen können Unternehmerinnen und Unternehmer nicht nach Gutdünken schalten und walten. Gesetzliche Regelungen schränken ihren Handlungsspielraum ein oder verpflichten sie zu bestimmten Verhaltensweisen und Vorkehrungen. Sehr umfassend sind die Vorgaben zum Umgang mit Beschäftigten im Falle einer Entlassung. Hier genießen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den besonderen Schutz des Gesetzgebers. Unter anderem – aber nicht nur – das Kündigungsschutzgesetz legt fest, welche generellen Formalien bei einer Trennung einzuhalten sind. Darüber hinaus greifen unterschiedliche Regelungen für eine betriebsbedingte, eine verhaltensbedingte oder eine personenbedingte Kündigung, zu der auch die krankheitsbedingte Kündigung zählt. Die Details einer Kündigung sollten deshalb stets mit einem Anwalt oder einer Anwältin besprochen werden. Als erstes zu klären ist dabei, ob es für das Unternehmen eine Ausnahme beim sonst so rigiden Kündigungsschutz gibt – denn für Kleinbetriebe ist er weniger strikt. Der Kündigungsschutz in Kleinbetrieben basiert nämlich nicht auf dem scharfen Kündigungsschutzgesetz, sondern auf anderen Gesetzen.
Welche gesetzlichen Vorgaben regeln den Kündigungsschutz?
Sind Kleinbetriebe vom Kündigungsschutz ausgenommen?
Bis wann gilt man beim Kündigungsschutz als Kleinbetrieb?
Welche gesetzlichen Vorgaben regeln den Kündigungsschutz?
Die allgemeinverbindlichen Regeln zum Kündigungsschutz ergeben sich aus Tarifverträgen, diversen Paragrafen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sowie anderen Gesetzen. Dazu zählen unter anderem Mutterschutzgesetz (MuSchG), Berufsbildungsgesetz (BBiG), Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) sowie Sozialgesetzbuch. Außerdem ist natürlich zu beachten, wie Gerichte in der Vergangenheit die Paragrafen ausgelegt haben. Umfassend geregelt ist der Kündigungsschutz im Kündigungsschutzgesetz (KSchG), das allerdings für Kleinbetriebe nicht gilt. Der Anwalt oder die Anwältin kann klären, welche Regeln in welchem Fall einzuhalten sind. Eine individuelle Prüfung ist stets empfehlenswert, weil das Kündigungsschutzgesetz zwar mit Blick auf den Kündigungsschutz in Kleinbetrieben nicht gilt. Allerdings greifen vielleicht andere der zahlreichen Vorgaben, die die Möglichkeiten des Unternehmens bei einer Entlassung einschränken. Zudem sind natürlich die generellen formalen Anforderungen an eine Kündigung einzuhalten. Verstöße sowohl gegen den Kündigungsschutz als auch gegen die Formerfordernisse könnten einen Betrieb teuer zu stehen kommen.
Sind Kleinbetriebe vom Kündigungsschutz ausgenommen?
Kleinbetriebe sind nicht komplett vom Kündigungsschutz ausgenommen. Keine Anwendung finden nur jene Vorgaben, die sich aus dem Kündigungsschutzgesetz ergeben. Andere Vorschriften etwa nach BGB, AGG, Mutterschutzgesetz, Elternzeitgesetz, Berufsbildungsgesetz und Sozialgesetzbuch sind auch für den Kündigungsschutz in Kleinbetrieben relevant, sie greifen unabhängig von der Betriebsgröße. Mit Blick auf diese Gesetze ist dann natürlich ebenso die Auslegung durch Gerichte wichtig. Selbstverständlich gelten zudem die allgemeinen Fristen und Formanforderungen ebenfalls unabhängig von der Zahl der Beschäftigten.
Bis wann gilt man beim Kündigungsschutz als Kleinbetrieb?
Vom Kündigungsschutzgesetz ausgenommen sind Betriebe mit bis zu zehn Vollzeitbeschäftigten. Für diese sogenannten Kleinbetriebe gilt der im KSchG festgelegte Kündigungsschutz nicht. Die Grenze errechnet sich so:
- Wer bis zu 20 Stunden pro Woche arbeitet, gilt als 0,5 Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen.
- Bis zu 30 Stunden pro Woche ergibt 0,75 Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen.
- Wer über 30 Stunden arbeitet, gilt als voll beschäftigt.
Ausschlaggebend ist die Zahl der geleisteten Stunden, nicht der vereinbarten. Oft teilen sich zwei Halbtagskräfte mit einem Vertrag über 20 Stunden einen Vollzeit-Job. Arbeiten beide – etwa wegen der Übergabe – täglich eine Viertelstunde länger, sind das zweimal knapp über 21 Wochenstunden. So ergeben zwei Teilzeitbeschäftigte, die sich einen 40-Stunden-Job teilen, plötzlich 1,5 Beschäftigte. Immer bei der Berechnung zu berücksichtigen ist, wer sich in Wehr- und Zivildienst, Eltern- und Pflegezeit oder Mutterschutz befindet. Engagiert das Unternehmen für diese Zeit befristet einen Ersatz, zählt diese Person dafür nicht. Unberücksichtigt bleiben bei der Berechnung neben Auszubildenden und Praktikanten oder Praktikantinnen auch Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen.
Wichtig: Bis Ende 2003 lag die Kleinbetriebsgrenze bei fünf Beschäftigten. Solange Personen im Betrieb arbeiten, die dort schon vor 2004 tätig waren und rein rechnerisch über fünf Beschäftigte ergeben, genießen sie Bestandsschutz. Das Kündigungsschutzgesetz gilt dann aber nur für sie, nicht für später Eingestellte. Und sobald die Zahl dieser Alt-Beschäftigten rechnerisch die Fünf-Volle-Stellen-Grenze unterschreitet, greift das Kündigungsschutzgesetz gar nicht mehr. Dann ist der Kündigungsschutz gemäß KSchG in diesen Kleinbetrieben komplett hinfällig.
Was müssen Kleinbetriebe beim Kündigungsschutz beachten?
Ausgenommen sind Kleinbetriebe nur von jenem Kündigungsschutz, der sich aus dem Kündigungsschutzgesetz ergibt. Die anderen Regeln greifen auch dort weiterhin. Trotzdem bedeutet die Sonderregelung für kleine Unternehmen eine erhebliche Entlastung, bürokratisch wie finanziell. Weil sich der Chef oder die Chefin nicht an die Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes halten muss, darf Beschäftigten etwa eine ordentliche Kündigung ausgesprochen werden, ohne dafür personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe anführen zu müssen. Das erleichtert die Trennung von Low Performern, deren Leistung hinter den Erwartungen des Unternehmens sowie den Ergebnissen der anderen Beschäftigten zurückbleibt. Abfindungen, die sonst oft dazu dienen, trotz Kündigungsschutzgesetz die Entlassung zu ermöglichen, sind daher in kleinen Unternehmen selten ein Thema. Auch eine Kündigung wegen wiederholter Krankheit ist einfacher, denn durch den eingeschränkten Kündigungsschutz in Kleinbetrieben entfällt die Verpflichtung, eine Gesundheitsprognose zu erstellen, die die Entlassung rechtfertigt. Der Sonderkündigungsschutz für bestimmte Personengruppen, der sich aus anderen Gesetzen ergibt, ist allerdings weiter zu beachten.
Der Schutz für Eltern oder Schwerbehinderte gilt immer
Mutterschutz: Das Mutterschutzgesetz untersagt die Kündigung während der Schwangerschaft. Außerdem bis vier Monate nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche sowie vier Monate nach der Entbindung. Voraussetzung: Das Unternehmen weiß zur Zeit der Kündigung von der Schwangerschaft, der Entbindung oder Fehlgeburt. Die Betroffene kann es binnen zwei Wochen nach der Kündigung darüber informieren.
Elternzeit: Das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz verbietet die Kündigung ab dem Zeitpunkt, von dem an Elternzeit verlangt worden ist. Der Kündigungsschutz gilt auch für Kleinbetriebe und beginnt frühestens acht Wochen vor Beginn einer Elternzeit bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes und frühestens 14 Wochen vor Beginn einer Elternzeit zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes. Ausnahmeweise kann die für Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle eine Kündigung für zulässig erklären.
Schwerbehinderte: Laut Sozialgesetzbuch bedarf eine Kündigung von Schwerbehinderten der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes.
Für Azubis und Betriebsräte gelten besondere Regeln
Auszubildende: In der Probezeit können beide Seiten ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Nach Ablauf der Probezeit lässt sich ein Ausbildungsverhältnis nur noch aus wichtigem Grund beenden. Dieser liegt etwa dann vor, wenn das Ausbildungsziel gefährdet ist oder sonstige Umstände bestehen, die eine Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses für den Betrieb unzumutbar machen. Das gilt vor allem dann, wenn Gründe für eine fristlose Kündigung vorliegen, etwa wiederholte schwere Beleidigungen. Auch mehrfaches unentschuldigtes Fehlen oder Verlassen des Arbeitsplatzes beziehungsweise Berufsschulunterrichts sowie Urlaubsüberschreitung, Diebstahl und Arbeitsverweigerung können eine Entlassung rechtfertigen.
Betriebsratsmitglieder: Sehr genau nehmen sollten es Kleinbetriebe mit dem Kündigungsschutz des Betriebsrats. Maßnahmen gegen Arbeitnehmervertreter oder Arbeitnehmervertreterinnen sollten immer detailliert mit einem Anwalt besprochen werden.
Auch wenn das Kündigungsschutzgesetz für Kleinbetriebe nicht gilt, kann der Kündigungsschutz in Kleinbetrieben also durch andere auf Unternehmen und Arbeitswelt abzielende Rechtsvorschriften durchaus relativ umfassend sein.
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Viele Vorschriften ergänzen das Kündigungsschutzgesetz
Auch aus weiteren Paragrafen insbesondere des BGB ergeben sich Vorgaben für den Kündigungsschutz in Kleinbetrieben, die unabhängig vom Kündigungsschutzgesetz gelten.
- Laut Maßregelverbot darf die Entlassung keine Strafe dafür sein, dass Beschäftigte berechtigte Ansprüche geltend machen.
- Das Diskriminierungsverbot untersagt Kündigungen wegen Rasse, ethnischer Herkunft, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter, Geschlecht, sexueller Identität.
- Das Verbot der Sittenwidrigkeit verbietet Kündigungen, die allein aufgrund verwerflicher Motive wie etwa Rachsucht ausgesprochen werden.
- Gemäß dem Grundsatz von „Treu und Glauben“ darf eine Kündigung nicht treuwidrig sein. Das wäre der Fall, wenn das Unternehmen kein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme zeigt. Zwar ist für Kleinbetrieb ohne Kündigungsschutz keine strenge Sozialauswahl erforderlich. Im Extremfall könnte aber die Kündigung von stark sozial schutzwürdigen Beschäftigten an Stelle sozial schwach schutzwürdiger gegen diesen Grundsatz verstoßen. Der 59jährige Vater mehrerer unterhaltsberechtigter Kinder, der seit seiner Lehre im Betrieb ist, wäre schutzbedürftiger als der 20jährige ledige Berufseinsteiger ohne Kind.
- Befristete Arbeitsverhältnisse lassen sich nur durch begründete fristlose Kündigung vor dem regulären Auslaufen des Vertrags beenden. Oder falls einzel- oder tarifvertraglich die Möglichkeit einer Kündigung vereinbart wurde.
Welche formalen Anforderungen sind generell einzuhalten?
Außerdem gilt für das Thema Kündigungsschutz und Kleinbetriebe, dass unabhängig vom Kündigungsschutzgesetz allgemeine Fristen und Formalien einzuhalten sind. Die Kündigungsfrist ergibt sich aus dem Arbeits- oder Tarifvertrag oder – ohne entsprechende Regelung – dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Laut BGB können Unternehmen grundsätzlich mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Monatsende kündigen. Mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit steigt die Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende nach zwei Jahren stufenweise. Bis auf sieben Monate für Beschäftigte, die über 20 Jahre beschäftigt sind. In Betrieben mit bis zu 20 Personen lassen sich per Arbeitsvertrag kürzere Kündigungsfristen vereinbaren, mindestens vier Wochen. In der Probezeit beträgt die Kündigungsfrist zwei Wochen. Eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund ist immer möglich, muss jedoch binnen zwei Wochen nach dem Vorfall erfolgen. Etwa wenn jemand Vorgesetzte schwer beleidigt, die Arbeit verweigert oder ohne Erlaubnis in den Urlaub fährt.
Die Kündigung muss richtig formuliert und übergeben werden
Ebenfalls wichtig sind – unabhängig vom eingeschränkten Kündigungsschutz für Kleinbetriebe gemäß Kündigungsschutzgesetz – die allgemeinen formellen Vorgaben für eine wirksame Kündigung. Sie muss
- zwingend in Schriftform erfolgen,
- problemlos als solche erkennbar sein,
- das Datum der Beendigung des Arbeitsverhältnisses enthalten,
- vom Kündigenden eigenhändig unterschrieben sein,
- den Gekündigten nachweisbar termingerecht zugehen, am besten per Einwurf des Kündigungsschreibens durch einen Botendienst in den Briefkasten des Arbeitnehmers.
Vor jeder Kündigung sollten diese Details mit dem Anwalt oder der Anwältin besprochen werden. Über das Thema Kündigungsschutz in Kleinbetrieben informiert auch das folgende Video.