Arbeitsrecht & Soziales

Strafe beim Mindestlohn mit Auf­zeich­nung und Do­ku­men­ta­tion vermeiden

Nur durch eine ge­set­zes­kon­for­me Auf­zeich­nung und lücken­lo­se Do­ku­men­ta­tion ist bei ei­ner Kon­trol­le zum Min­dest­lohn ei­ne Stra­fe zu ver­mei­den. Es geht nicht al­lein da­rum, ob der Min­dest­lohn ge­zahlt wur­de. Das Un­ter­neh­men muss dies auch nachweisen können.

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Auf einen Blick:

– Prinzipiell müssen Unternehmen mit einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Dokumentation belegen, dass sie den geltenden Mindestlohn zahlen.
– Bestimmte Personengruppen können mit Blick auf den Mindestlohn von der Pflicht zur Aufzeichnung befreit sein, über die Details informiert die Steuerberatungskanzlei.
– Werden bei einer Kontrolle zum Mindestlohn unzureichende Aufzeichnungen oder sogar vorenthaltene Entgeltzahlungen entdeckt, kann eine hohe Strafe drohen.
– Die Pflicht zur Aufzeichnung oder Dokumentation erstreckt sich beim Mindestlohn auch auf Subunternehmen, die eine Firma zur Erbringung ihrer Leistungen beauftragt.

Viele Unternehmerinnen und Unternehmer betrachten die neuerliche Erhöhung des Mindestlohns als erhebliche finanzielle Belastung im Personalbereich. Im Januar 2024 steigt die gesetzliche Lohnuntergrenze auf 12,41 Euro pro Stunde, im Januar 2025 auf 12,82 Euro. Damit verbunden sind Anpassungen beim Lohn und Gehalt jener Beschäftigten, die sonst weniger als das künftig vorgeschriebene Mindestentgelt bekommen würden. Doch in enger Absprache mit der Steuerberatungskanzlei sollte die Personalabteilung jetzt nicht nur alle mit dem Mindestlohn verbundenen Zahlen prüfen. Wichtig ist zudem, sich eventuelle weitere gesetzliche Veränderungen in diesem Bereich anzusehen. Und es gilt, das bestehende System der Aufzeichnung und Dokumentation zum Thema Mindestlohn regelmäßig auf seine Wirksamkeit zu überprüfen. Denn bei einer Kontrolle ist nicht nur wichtig, ob der Mindestlohn tatsächlich gezahlt wird. Sondern auch, ob das Unternehmen dies rechtlich wasserdicht belegen kann – andernfalls droht eine Strafe wegen Verstößen gegen die Aufzeichnungspflichten.

Das Risiko einer Kontrolle zum Mindestlohn steigt

Nach Verstößen beim Mindestlohn droht eine hohe Strafe

Mindestlohn: Pflicht zur Aufzeichnung genau einhalten

Das Risiko einer Kontrolle zum Mindestlohn steigt

Primär obliegt die Kontrolle, ob Unternehmen alle Vorgaben zum Mindestlohn einhalten, der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS). Die Abteilung des Zolls dient hauptsächlich der Bekämpfung von Schwarzarbeit. Für die Beamtinnen und Beamten gibt es diverse Gründe zum Einsatz vor Ort, beispielsweise auf Baustellen oder in Gaststätten. Oft finden Initiativprüfungen auf Basis eigener Risikoeinschätzungen statt, gerade in von Schwarzarbeit stark betroffenen Branchen. Aber auch hinweisbezogene Einsätze und verdachtsunabhängige Spontanprüfungen sind möglich. Die Zahl der kontrollierten Unternehmen stieg zwischen 2020 und 2022 von 45.000 auf 53.000. Dabei gab es immer wieder wechselnde bundesweite und regionale Schwerpunktprüfungen, insbesondere im Baugewerbe, im Friseurhandwerk, im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie in der Speditions-, Transport und Logistikbranche und im Taxigewerbe. Den Befragungen der Beschäftigten vor Ort zum Arbeitsverhältnis folgen oft aufwendige Ermittlungen mit Prüfungen von Geschäftsunterlagen. Fehlt im Ergebnis eine gesetzlich vorgeschriebene Aufzeichnung, dass der Mindestlohn gezahlt wurde, oder ist die Dokumentation unzureichend, ist eine Strafe fällig.

Neben der FKS prüft auch die Rentenversicherung

Halten sich Unternehmerinnen und Unternehmer nicht an die Vorgaben, könnten sie nicht nur durch FKS-Razzien auffliegen. Oft bringen Anzeigen ehemaliger Beschäftigter oder enttäuschter (Ehe-)Partner solche Verfahren ins Rollen. Außerdem spielt bei der Kontrolle, ob ein Unternehmen den Mindestlohn zahlt, auch die Rentenversicherung eine entscheidende Rolle. Ihre Fachleute lassen sich bei Betriebsprüfungen der Lohnunterlagen für die betroffenen Arbeitsplätze beziehungsweise Beschäftigten die jeweilige Aufzeichnung oder Dokumentation vorlegen. Hat ein Unternehmen gegen Vorschriften zum Mindestlohn verstoßen, werden auf Basis des geschuldeten Arbeitsentgelts ausstehende Sozialversicherungsbeiträge ermittelt und nachgefordert sowie diese Erkenntnisse der Unfallversicherung weitergeleitet. Außerdem informiert der Rentenversicherungsträger die FKS über alle relevanten Punkte, die bei der Betriebsprüfung ans Licht kommen. So können Verstöße gegen den Mindestlohn auch noch Jahre später diversen Stellen zur Kenntnis gelangen und zu einer Strafe führen.

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Nach Verstößen beim Mindestlohn droht eine hohe Strafe

Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) klärt im Internet intensiv über die Folgen für Arbeitgeber, Verleiher, Entleiher, Auftraggeber oder Beschäftigte auf, die die Vorschriften zum Mindestlohn verletzen. Nach einer Kontrolle droht eine empfindliche Strafe für Verstöße gegen das Gesetz über den Mindestlohn. Möglich sind Geldbußen von bis zu 500.000 Euro. Wer Pflichten verletzt, die zur Prüfung der Einhaltung des Mindestlohns dienen, etwa die Aufzeichnung oder Dokumentation der Arbeitszeit, riskiert eine Geldbuße von bis zu 30.000 Euro. Geldbußen nach Verstößen gegen Mindestlohngesetz (MiLoG), Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) und Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) sowie gegen das Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA Fleisch) von über 200 Euro führen zu einem Eintrag im Gewerbezentralregister. Und, was für viele Unternehmen besonders schmerzhaft ist: Wer wegen eines Verstoßes gegen das MiLoG oder das AEntG eine Geldbuße von über 2.500 Euro zahlen muss, kann vorübergehend das Recht zur Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen für Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsaufträge verlieren.

Arbeitgeber schuldet die kompletten Sozialabgaben

Außerdem drohen bei Verstößen gegen den Mindestlohn nach einer Kontrolle neben der Strafe erhebliche Nachzahlungen. Wer nicht den Mindestlohn erhalten hat, kann bis zu drei Jahre nach der fälligen Lohnzahlung das ausstehende Geld einklagen. Bei Nachforderungen der Sozialversicherung schuldet das Unternehmen den kompletten Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil – selbst, wenn benachteiligte Beschäftigte keine Lohnnachzahlung fordern. Zeigen sich bei einer FKS-Razzia oder Betriebsprüfung Auffälligkeiten beim Mindestlohn, von einer unzureichenden Aufzeichnung oder Dokumentation bis zum gezielten Umgehen der gesetzlichen Vorgaben, kann es für Unternehmen eventuell richtig unangenehm und teuer werden. Insgesamt stieß die FKS 2022 über 111.500 Strafverfahren insbesondere wegen Betrugs sowie des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt und fast 48.000 Ordnungswidrigkeitenverfahren an. Darunter waren über 3.600 wegen Verstößen gegen Mindestarbeitsbedingungen. Für von ihnen verursachte Schäden für die Sozialversicherung in einer Gesamthöhe von gut 686 Millionen Euro mussten die Verantwortlichen mit Freiheitsstrafen von insgesamt rund 1.400 Jahren büßen sowie knapp 70 Millionen Euro zahlen.

Mindestlohn: Pflicht zur Aufzeichnung genau einhalten

Viele Unternehmen müssen mit einer besonderen Dokumentation belegen, dass sie den Mindestlohn zahlen, was vor allem die Aufzeichnung von Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Beschäftigten beinhaltet. Denn ohne einen Nachweis der geleisteten Stunden lässt sich nicht errechnen, ob die Bezahlung tatsächlich auf Mindestlohnniveau liegt. Die Aufzeichnung hat bis zum siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertag zu erfolgen und ist für mindestens zwei Jahre zu archivieren. Das Unternehmen kann die Art der Aufzeichnung festlegen. Verpflichtend ist die Aufzeichnung der Arbeitszeit für alle Unternehmen, die in Branchen und Wirtschaftszweigen tätig sind, die unter §2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes fallen. Dazu zählen

  • Baugewerbe,
  • Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe,
  • Personenbeförderungsgewerbe,
  • Speditions-, Transport- und das damit verbundene Logistikgewerbe,
  • Schaustellergewerbe,
  • Forstwirtschaft,
  • Gebäudereinigung,
  • Unternehmen im Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen,
  • Fleischwirtschaft,
  • Prostitutionsgewerbe,
  • Wach- und Sicherheitsdienste.

Grundsätzlich zu dokumentieren ist die Arbeitszeit außerdem bei jedem Minijob – nicht nur in den Branchen gemäß §2a SchwarzArbG, sondern in allen Unternehmen. Wer das nicht beachtet, muss bei einer Kontrolle zum Mindestlohn stets mit einer Strafe rechnen. Das gilt selbst, wenn der Mindestlohn tatsächlich gezahlt wurde. Zudem sollten Firmenchefs und -chefinnen bedenken, dass neben Aufzeichnungspflichten für den gesetzlichen Mindestlohn eventuell branchenspezifische Aufzeichnungspflichten der Arbeitszeit zu erfüllen sind, falls für ihr Unternehmen beispielsweise ein Branchenmindestlohn gilt. Etwas Erleichterung bringt bei mobilen Tätigkeiten die Mindestlohnaufzeichnungsverordnung (MiLoAufzV). Sie besagt, dass lediglich die Dauer der täglichen Arbeitszeit festzuhalten ist. Dies gilt für Unternehmen, die

  • Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit ausschließlich mobilen Tätigkeiten beschäftigen,
  • die keinen Vorgaben zur konkreten täglichen Arbeitszeit (Beginn und Ende) unterliegen und
  • sich ihre tägliche Arbeitszeit eigenverantwortlich einteilen.

Ob ein Betrieb unter diese Ausnahmeregelung fällt, sollte detailliert mit der Steuerberatungs- oder Rechtsanwaltskanzlei geklärt werden.

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Schwellenwerte der Dokumentation zum Mindestlohn

Eine Ausnahme bei der Aufzeichnung oder Dokumentation zum Mindestlohn sieht die Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung (MiLoDokV) für Beschäftigte in den in §2a SchwarzArbG genannten Branchen vor, die vergleichsweise gut verdienen. Konkret heißt dies: Wer ein verstetigtes regelmäßiges Monatsentgelt von über 4.176 Euro brutto erhält, ist von den Aufzeichnungspflichten ausgenommen. Auch Beschäftigte, die in den vergangenen zwölf Monaten nachweislich ein verstetigtes regelmäßiges Monatsentgelt von mindestens 2.784 Euro brutto hatten, unterliegen nicht mehr der Aufzeichnungspflicht.

Eine weitere Ausnahme gilt beim Aufzeichnen der täglichen Arbeitszeit für Familienangehörige. Die Aufzeichnungspflicht betrifft nicht im Betrieb arbeitende Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Kinder und Eltern. Firmiert das Unternehmen als juristische Person, etwa als GmbH, oder als rechtsfähige Personengesellschaft, etwa als KG, sollte die Frage der verwandtschaftlichen Beziehung und ihrer Auswirkung auf Aufzeichnung und Dokumentation rund um den Mindestlohn unbedingt mit der Steuerberatungs- oder Rechtsanwaltskanzlei analysiert werden. Wer hier einer Fehleinschätzung unterliegt und zu wenig dokumentiert, muss – selbst wenn der Mindestlohn tatsächlich gezahlt wurde – nach einer Kontrolle mit einer Strafe wegen Verstößen gegen die Aufzeichnungspflichten rechnen.

Bei Dokumentation zum Mindestlohn an Dienstleister denken

Bei der Steuerberatungs- und/oder Anwaltskanzlei gibt es nicht nur Tipps, wie die Aufzeichnung und Dokumentation beim Mindestlohn aussehen sollten. Mit den Fachleuten kann auch das Thema Auftraggeberhaftung geklärt werden. Geben Unternehmen von ihnen geschuldete Leistungen an Auftragnehmer weiter, droht bei Verstößen gegen den Mindestlohn nach einer Kontrolle nämlich eine Strafe. Wer Subunternehmen mit Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, haftet dafür, dass diese den Mindestlohn zahlen. Gastronomen stehen also etwa für Caterer in der Pflicht, die für sie als Subunternehmen eine Party mit Essen beliefern. Nicht zur Verantwortung gezogen werden sie, wenn etwa ein Sanitärbetrieb, der die WCs der Gaststätte erneuert, keinen Mindestlohn zahlt. Also: Schriftlich bestätigen lassen, dass ein Subunternehmen den gesetzlichen Mindestlohn zahlt. Eine Freistellung von Ansprüchen Dritter vereinbaren. Bei Neuaufträgen das Auswahlverfahren dokumentieren, etwa das Hinterfragen detaillierter Kalkulationsunterlagen. So lässt sich verhindern, dass man von Beschäftigten des Subunternehmens, die keinen Mindestlohn erhalten haben, verklagt wird. Oder von der Sozialversicherung.

Wichtige Informationen zum Mindestlohn liefert auch dieses Video.
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Frank Wiercks

ist Mitglied der Redaktion von TRIALOG, dem Unternehmermagazin für Mittelständler, Selbständige und Freiberufler. Außerdem arbeitet er für verschiedene Wirtschafts- und Managementmagazine. Zuvor war er unter anderem Chefredakteur von handwerk magazin und Markt und Mittelstand.

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