Regelmäßig stellt sich die Frage, welche Unterlagen in den Schredder können und welche aufzubewahren sind. Die Antwort darauf ist nicht ganz leicht. Natürlich müssen Unternehmerinnen und Unternehmer steuerrelevante Dokumente aufbewahren – revisionssicher archiviert. Doch die maßgeblichen Fristen lassen sich kaum auf die Schnelle zentral nachschlagen. Neben der steuerrechtlich verbindlichen Pflicht aufgrund der Abgabenordnung (AO) gibt es weitere Vorschriften zur Aufbewahrung. Immerhin hilft als Faustregel: Was nicht als Aufbewahrungsfrist in der AO steht, aber wegen anderer verbindlicher Vorgaben gilt, müssen Unternehmen auch für steuerrechtliche Zwecke einhalten. Das legt die AO generell vorsorglich und pragmatisch in Paragraph 140 AO fest. Umgekehrt gelten immer auch die Aufbewahrungsfristen der AO. Alles Weitere ist komplizierter und mit der Steuerberatungskanzlei zu klären. Sinnvoll ist also die regelmäßige Rücksprache, welche speziellen Aufbewahrungsfristen ein Unternehmen für Geschäftsunterlagen, Rechnungen und die Buchhaltung, aber eben auch für Personalakten, Urlaubsanträge, Krankmeldungen, Mitarbeiterdaten etwa aus der Zeiterfassung sowie für andere Personalunterlagen einzuhalten hat.
Die Aufbewahrungsfristen der AO gelten immer
Die diversen Aufbewahrungspflichten für Unternehmen sind nicht leicht zu überblicken – es geht um Geschäftsunterlagen, Rechnungen und die Buchhaltung, aber auch Personalakten, Urlaubsanträge, Krankmeldungen, Mitarbeiterdaten etwa aus der Zeiterfassung und andere Personalunterlagen. Die Abgabenordnung (AO) gibt Gewerbetreibenden, Freiberuflern sowie auch etwa Landwirten die für die Besteuerung maßgeblichen Regelungen für die geordnete Aufbewahrung zahlreicher Unterlagen vor. Zusätzliche Vorgaben machen darüber hinaus weitere Gesetze, etwa das Handelsgesetzbuch (HGB) für Kaufleute, aber auch das Umsatzsteuergesetz, das vierte Sozialgesetzbuch oder das Gesetz über den Mindestlohn. Soweit andere Gesetze kürzere Aufbewahrungsfristen nennen, haben diese aber keine Auswirkungen auf die Aufbewahrungspflichten und Aufbewahrungsfristen nach der AO. Letztlich gültig sind für Unternehmen die in der AO aufgeführten Aufbewahrungsfristen von zehn und sechs Jahren. Zehn Jahre aufbewahren müssen Unternehmen laut AO:
- Bücher und Aufzeichnungen
- Inventare
- Jahresabschlüsse
- Lageberichte
- Eröffnungsbilanzen
- sonstige Organisationsunterlagen
- Buchungsbelege
- Zollunterlagen
Sechs Jahren vorgesehen sind für diese Unterlagen:
- empfangene Handels-und Geschäftsbriefe sowie
- Wiedergaben der abgesandten Handels-und Geschäftsbriefe, sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.
Die Buchführung muss so beschaffen sein, „dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann“. Das gibt §145 AO grundsätzlich vor. Dabei gilt auch: Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen. Unternehmerinnen und Unternehmer müssen darauf achten, dass die Aufzeichnungen diesen Zweck erfüllen. Unternehmen müssen dafür die Aufbewahrungsfristen für die Buchhaltung, sämtliche Rechnungen und andere Geschäftsunterlagen sowie selbstverständlich auch Personalakten oder Personalunterlagen beachten – etwa Mitarbeiterdaten aus der Zeiterfassung, aus Krankmeldungen oder Urlaubsanträge.
Nicht ganz einfach zu berechnen: Aufbewahrungsfristen
Wie lange die Aufbewahrungsfristen für welche Geschäftsunterlagen, Personalakten oder Mitarbeiterdaten im Unternehmen konkret gelten, ist aber auch nach der AO nicht so leicht zu errechnen. Denn die Aufbewahrungsfristen beginnen für Steuerzwecke nicht bereits mit dem Ablauf des genannten Jahres zu laufen, in dem Unternehmen etwa Rechnungen gestellt haben. Sondern „stets mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Eintragungen, Änderungen oder Handlungen in den jeweiligen Unterlagen vorgenommen wurden bzw. Handelsbriefe empfangen oder abgesandt worden sind.“ Und bei Vertragsunterlagen sowieso erst nach Ablauf des Vertrages. Unternehmer und Unternehmerinnen sollten darum lieber noch mindestens ein bis zwei Jahre zu den genannten Aufbewahrungsfristen addieren. Und im Zweifel die Steuerberaterin oder den Steuerberater fragen. Ist eine wichtige Rechnung wegen falsch verstandener Aufbewahrungsfristen verschwunden, die Jahre später bei einer Betriebsprüfung als Beleg für die Rechtmäßigkeit eines Betriebsausgabenabzugs oder Vorsteuerabzugs gebraucht wird, wäre dies schlecht für das Unternehmen.
Aufbewahrungsfristen können in die Verlängerung gehen
Verantwortliche in Unternehmen sollten die vorgeschriebenen Aufbewahrungsfristen also lieber großzügig auslegen. Sehr großzügig – denn Fristen können sich durchaus erheblich verlängern. Der Grund ist die Festsetzungsfrist eines nicht endgültigen Steuerbescheids. Diese beträgt zwar vier Jahre und der Fristlauf startet am 1. Januar nach dem Jahr, in dem die Steuererklärung eingereicht wurde. Doch die Aufbewahrungsfristen für Unternehmen können sich bei Rechnungen, Geschäftsunterlagen und generell der Buchhaltung erheblich verlängern. Sobald die Strafstelle der Finanzbehörde wegen des Verdachts auf eine mutmaßliche Steuerstraftat aktiv wird, steigt sie auf
- fünf Jahre, wenn das Finanzamt eine „leichtfertige Steuerverkürzung“ feststellt (eine Ordnungswidrigkeit nach §378 AO) oder
- zehn Jahre, wenn das Finanzamt eine Steuerhinterziehung feststellt (eine Straftat nach §370 AO).
Ein vorläufiger Bescheid für das Jahr 2008 kann deshalb unter Umständen also erst 2022 endgültig sein. Übersehen Unternehmer diese Verlängerung und rechnen mit den regulären Aufbewahrungsfristen, kommen sie auf das Jahr 2019 und vernichten dazugehörige Unterlagen zu früh. Das Finanzamt könnte den Bescheid aber später doch noch änder. Dann können in einer Betriebsprüfung bereits geschredderte Rechnungen aus der Buchhaltung und andere Geschäftsunterlagen, aber auch Mitarbeiterdaten etwa aus der Zeiterfassung, Urlaubsanträge oder Krankmeldungen als Beweise fehlen. Aufbewahrungsfristen zu beachten, schützt davor nicht automatisch.
Unternehmen drohen auch verlängerte Aufbewahrungsfristen
Auf Nummer Sicher gehen Verantwortliche in Unternehmen mit Blick auf die Aufbewahrungsfristen deshalb nur, wenn sie sich von ihrem Steuerberater oder ihrer Steuerberaterin das „Go“ für den Reißwolf geben lassen. Und sie sollten die Unterlagen über die vorgeschriebenen Fristen hinaus bis zum Abschluss eines Verfahrens auf jeden Fall immer aufbewahren bei
- einer bereits begonnenen Außenprüfung durch das Finanzamt,
- einer bereits abgeschlossenen Außenprüfung, gegen die noch ein Einspruch geplant ist,
- Ermittlungen unter strafrechtlichen Aspekten (Steuerstrafdelikte) und
- eigenen Steueranträgen.
Anbei eine Übersicht über die 10-jährigen und die 6-jährigen Aufbewahrungsfristen.
Fristen sind das eine – Buchführung das andere
Welche Aufbewahrungsfristen wie lange gelten und dass stets die Abgabenordnung (AO) maßgeblich ist – das zu wissen und im Unternehmen zu beachten, ist das eine. Doch wie Unternehmer und Unternehmerinnen ihren Pflichten im Detail nachkommen müssen – das ist gerade in Zeiten elektronischer Buchhaltung, Bilanzierung und Rechnungsstellung nicht ohne Weiteres ersichtlich. Die Abgabenordnung (AO) regelt es nicht. Wie Bücher und Aufzeichnungen zu führen sowie Rechnungen, andere Geschäftsunterlagen oder Mitarbeiterdaten aufzubewahren sind, regeln die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“. Diese sehr wichtige Vorgabe für Unternehmen ist kein Gesetz, sondern eine Verwaltungsvorschrift des Bundesfinanzministeriums an die Finanzbehörden. Eine nützliche Handreichung hierzu bietet der mit Unterstützung von DATEV entstandene „Leitfaden GoBD“ der Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung e.V. (AWV).
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Im diesem Video sind die wichtigsten Punkte zum Thema Belegbuchung noch einmal zusammengefasst.
Das legen die GoBD zur Wahrung der Aufbewahrungsfristen fest
Die GoBD setzt für Unternehmen mit Blick auf Aufbewahrungsfristen und auch allgemein keine anderen Gesetze außer Kraft. Laut GoBD gilt schlicht: Besteht eine Aufzeichnungspflicht, besteht auch eine Aufbewahrungspflicht – egal, nach welcher anderen verbindlichen Vorgabe oder welchem Gesetz. Die Buchhaltung muss Geschäftsunterlagen wie Rechnungen oder auch Mitarbeiterunterlagen für die Personalakte laut GoBD geordnet und für Dritte nach Jahren nachvollziehbar aufbewahren. Archivierungspflichtige Unterlagen dürfen Unternehmen also nicht unsortiert sammeln. Sie müssen sie säuberlich im Zusammenhang mit dem jeweils betroffenen Geschäft oder Sachverhalt ablegen oder speichern. Was es dabei zu beachten gibt, geben die GoBD vor. Details und technische Lösungen für Buchhaltung und Buchführung rund um Aufbewahrungsfristen sollten Unternehmer und Unternehmerinnen mit ihrer Steuerberatungskanzlei besprechen. Wichtig ist in jedem Fall die Verfahrensdokumentation. Sie muss dem bei der Betriebsprüfung den nötigen Einblick in die Buchführung und Datenspeicherung geben – darüber war hier bereits zu lesen.
Für Unternehmen greifen auch spezielle Aufbewahrungsfristen
Neben der für die Besteuerung maßgeblichen Abgabenordnung (AO) sowie dem für Kaufleute zusätzlich geltenden Handelsgesetzbuch (HGB) legen weitere Gesetze konkrete Aufbewahrungsfristen fest.
Das Umsatzsteuergesetz (UStG) gibt Unternehmen als Aufbewahrungsfrist für sämtliche empfangenen und ausgestellten Rechnungen zehn Jahre vor. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Rechnung ausgestellt wurde.
Das Vierte Sozialgesetzbuch (SGB IV) sieht Aufbewahrungsfristen zwar nicht für komplette Personalakten vor, aber für die Entgeltunterlagen aller Beschäftigten im Unternehmen mit Blick auf die Beitragspflicht. Entgeltunterlagen sind bis zum Ablauf des auf die letzte Betriebsprüfung folgenden Kalenderjahres aufzubewahren, geordnet und getrennt nach Kalenderjahren.
Das Mindestlohngesetz (MiLoG) sieht Aufbewahrungsfristen von Personalunterlagen beziehungsweise Mitarbeiterdaten aus der Zeiterfassung vor.
Deshalb sind Unternehmen mit Minijobbern und Betriebe der in Paragraph 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (SchwarzArbG) genannten Wirtschaftsbereiche verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dieser Beschäftigten spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzuzeichnen und die Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre aufzubewahren. Diese Aufzeichnungspflicht beginnt mit dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt.
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