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Freistellung für das Ehrenamt: Oft Pflicht des Ar­beitgebers

Wün­schen Be­schäf­tig­te ei­ne Frei­stel­lung fürs Eh­ren­amt, sind viele Ar­beit­ge­ber über­rascht. Da­bei be­steht häu­fig ein ge­setz­li­cher An­spruch. Un­ter­neh­mer soll­ten die­ses The­ma grund­sätz­lich mit An­walt und Steu­er­be­ra­ter be­spre­chen, aber dann je­den Fall ein­zeln prüfen.

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Das Ehrenamt ist für die Ehre und zum Wohl der Gemeinschaft – keine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit. Dennoch ist damit nicht jedes Ehrenamt gleich Privatsache. Zu den Pflichten jedes Arbeitgebers und jeder Arbeitgeberin gehört nämlich in vielen Fällen die Freistellung für das Ehrenamt. Und damit ist nicht das eigene Engagement gemeint, sondern das der Beschäftigten. Unternehmerinnen und Unternehmer sollten sich daher mit den wesentlichen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Aspekten des Themas auskennen. Ganz wichtig zu wissen: Ehrenamtliche Tätigkeit ist nicht gleich ehrenamtliche Tätigkeit – deshalb unterscheiden sich die Regeln für die Freistellung. Manches Ehrenamt ist für den Berufenen beispielsweise Pflicht, etwa die Tätigkeit als Schöffe bei Gericht. Dann ist die Freistellung durch das Unternehmen verpflichtend – inklusive Lohnfortzahlung. Sozial engagierte Unternehmer könnten zudem prüfen, ob sich das Interesse ihrer Beschäftigten an einem gemeinnützigen Einsatz eventuell mit Aktivitäten des Betriebs verbinden lässt. In diesem Fall haben Steuerberater und Anwalt sicher wertvolle Tipps zur konkreten Ausgestaltung.

Freistellung für das Ehrenamt gilt für vie­le Bereiche

Die Freistellung für das Ehrenamt ist schon wegen der schieren Zahl ehrenamtlich oder für das Gemeinwohl engagierter Menschen ein Thema. Mehr als 17 Millionen Bürgerinnen und Bürger sind nach einer Erhebung des Instituts für Demoskopie Allensbach (IfD) (Stand: 2020) hierzulande ehrenamtlich tätig. Um noch mehr Menschen zu so einem Einsatz zu motivieren, hat der Bundestag 2020 die Ehrenamtspauschale und den Übungsleiterfreibetrag erhöht. Auch die steuerbegünstigten gemeinnützigen Zwecke hat der Gesetzgeber ergänzt. Zu den Arten und Bereichen, in denen der Arbeitgeber seinen Beschäftigten für ihre ehrenamtliche Tätigkeit eine Freistellung gewähren kann oder muss, zählen etwa der

  • religiöse oder kirchliche Bereich,
  • staatliche und kommunale Bereich,
  • Dienst an der Gemeinschaft etwa in der Telefonseelsorge, als Hospizhelfer oder auch in der Jugendarbeit,
  • Einsatz zur Freiwilligenarbeit in der Entwicklungszusammenarbeit,
  • Sozial- und Schulbereich,
  • gesamte Bereich der betrieblichen Freiwilligenarbeit,
  • und einige andere Einsatzfelder.

Balkengrafik zeigt zum Thema Freistellung fürs Ehrenamt die Zahl der Bundesbürger, die für das Gemeinwohl engagiert sind Nicht im­mer ist Freistellung für das Ehrenamt ei­ne Pflicht

Die Palette der ehrenamtlichen Tätigkeiten ist breitgefächert. Dabei gibt es von Fall zu Fall manchmal bedeutende Unterschiede. So ist beispielsweise das Engagement im örtlichen Sportverein reine Privatsache. In anderen Zusammenhängen kann das Ehrenamt dagegen verpflichtend sein. Und damit für Arbeitgeber auch die Freistellung der Beschäftigten für entsprechende ehrenamtliche Tätigkeiten. Oft gestaltet sich die Rechtslage für den Laien ziemlich unübersichtlich – spätestens dann, wenn öffentliche Interessen ins Spiel kommen. So regeln unter anderem Landesgesetze den Arbeitsausfall für eine ehrenamtliche Tätigkeiten bei Feuerwehr, Katastrophenschutz oder dem Deutschen Roten Kreuz (DRK). Unternehmerinnen und Unternehmer sollten deshalb sicherheitshalber in jedem Einzelfall mit ihrem Anwalt über die Freistellung für eine ehrenamtliche Tätigkeit sprechen.

Diese Rechts­grund­lagen regeln die be­zahl­te Freistellung

Dem Gesetzgeber ist wichtig, dass Unternehmen ihren Beschäftigten die Freistellung für ein Ehrenamt gewähren. In Artikel 2 sichert das Grundgesetz jedem „die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit“ zu, „soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt“. Stehen keine Regeln zur Freistellung für eine ehrenamtliche Tätigkeit im Tarifvertrag oder Einzelarbeitsvertrag, greift ersatzweise §616 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Danach muss der Betrieb die Vergütung weiterzahlen, wenn Beschäftigte unverschuldet vorübergehend verhindert sind. Als unverschuldet gelten auch ehrenamtliche Tätigkeiten. Und zwar insbesondere, wenn jemand in Erfüllung staatsbürgerlicher, politischer oder religiöser Pflichten die Übernahme eines staatsbürgerlichen (Schöffe), politischen oder kirchlichen Ehrenamts nicht ablehnen kann sowie wegen der Ausübung dieses Ehrenamts nicht arbeiten kann. Für das Ehrenamt in privaten Vereinen sind abweichende Regelungen bei der Freistellung anzuwenden. Unternehmer sollten den Anwalt oder die Anwältin dann fragen, ob sie die Freistellung zeitlich begrenzen oder ohne Entlohnung freistellen dürfen.

Eine Be­tei­li­gung an ehrenamtlicher Ver­gü­tung gibt es nicht

Dass das Ehrenamt nicht nur für die Ehre ist, gilt auch beim Verdienst. Die Beschäftigten dürfen für eine ehrenamtliche Tätigkeit trotz Freistellung ein finanzielles Plus für sich herausholen. Aufwandsentschädigungen, Zeugenentschädigung sowie andere Vergütungen im Ehrenamt kann der Betrieb seinen Beschäftigten bei einer Freistellung nicht auf den Entgeltfortzahlungsanspruch anrechnen. Dies geht nur, wenn es ausdrücklich so vereinbart ist. Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin darf allerdings manche Vergütung bei einer bezahlten Freistellung auch gar nicht erst in Anspruch nehmen. Dies gilt etwa, wenn öffentliche Entschädigungen einen Verdienstausfall voraussetzen, beispielsweise aufgrund des Gesetzes über die Entschädigung für ehrenamtliche Richter. Ein Selbstständiger jedoch, dem durch den Einsatz bestimmte Einnahmen ausfallen, darf die Entschädigung dann beanspruchen. Ehrenamtlich tätige Unternehmer sollten in solchen Fällen bei Anwalt oder Anwältin und auch bei ihrer Steuerberaterin oder ihrem Steuerberater nachfragen, welche Anforderungen hierfür gelten und wie sie einen Verdienstausfall errechnen und nachweisen müssen.

Freistellung kann sich auf Ur­laubs­an­spruch auswirken

Die Freistellung für das Ehrenamt ist also oft nicht nur eine Pflicht, sondern dann manchmal auch noch zu vergüten. Und nicht nur das. Auch wenn jemand während seines Erholungsurlaubs zu einem ehrenamtlichen Einsatz beordert wird, kann das Folgen für das Unternehmen haben. Es muss dann unter Umständen den ausgefallenen Urlaub nachträglich gewähren. Dieses Urteil (Az.:9AZR251/04) fällte das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines ehrenamtlichen Helfers beim Technischen Hilfswerk (THW). Die ehrenamtliche Tätigkeit der Beschäftigten ist hierzulande arbeitsrechtlich also gut geschützt, übrigens nicht nur mit Blick auf die Freistellung. Mancher Arbeitgeber mag sich darüber ärgern, aber Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis darf das zunächst nicht haben. Einfach per Kündigung kann sich ein Unternehmen nicht von einem Ehrenamtler trennen.

Regeln zur Freistellung von Schöf­fen und für Gremien

Am strengsten und eindeutigsten geregelt ist die Freistellung für ein Ehrenamt für Schöffen sowie für die ehrenamtliche Tätigkeit in Gremien der Sozialversicherung. Wer beispielsweise als ehrenamtlicher Richter berufen wird, kann das nicht ablehnen. Auch ohne Bewerbung für die Aufgabe ist es jederzeit möglich, auf der Berufungsliste zu landen. Schöffen erfüllen mit diesem Ehrenamt ihre Bürgerpflicht, die Berufsrichter zu unterstützen. Für dieses Ehrenamt hat das Unternehmen deshalb die Pflicht, seinen Beschäftigten eine Freistellung zu gewähren. Gleiches gilt für Tätigkeiten in den Gremien der Sozialversicherung. Die Vorgaben der Länder hierzu ähneln sich. Sie sehen unter anderem einen Kündigungsschutz für die gesamte Dauer der Tätigkeit vor – mehrere Jahre also. Chefs dürfen als Schöffen ehrenamtlich tätige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht zur Nacharbeit auffordern oder Teilzeitkräfte dazu, ihre Dienste zu tauschen. Geht es um die Zahlung von Prämien, gelten Gerichtstage bei der Lohnabrechnung außerdem als Arbeitstage.

Bei Freistellung für das THW winken Ent­schädigungen

Die Freistellung für das Ehrenamt ist auch bei Einsätzen für das Technische Hilfswerk eine gesetzliche Arbeitgeberpflicht. Das regelt in diesem Fall sogar ein Bundesgesetz. Den Beschäftigten steht demnach für ihre ehrenamtliche Tätigkeit nicht nur die Freistellung zu. Ihnen dürfen dadurch auch weder Nachteile beim Lohn, der Sozial- und Arbeitslosenversicherung, noch bei der Altersvorsorge entstehen. Fällt jemand über zwei Stunden am Tag oder sieben Stunden binnen zwei Wochen aus, ist ein Antrag auf Erstattung möglich. Sogar im Fall einer einsatzbedingten Erkrankung ist für den Betrieb eine Kompensation für die dann fällige Lohnfortzahlung drin.

Auch Freistellung für ein Ehrenamt in der Ju­gendarbeit

Eine Freistellung für das Ehrenamt etwa im Verein oder einem anderen privaten Bereich ist dann wieder eine ganz andere Angelegenheit. Hier geht es weniger um eine mögliche Freistellung für eine solche ehrenamtliche Tätigkeit als um bezahlten oder unbezahlten Sonderurlaub. Da der Gesetzgeber die Jugendarbeit als besonders wichtig einstuft, gibt es hierzu länderspezifische Sonderregelungen. Die sehen ebenfalls Ansprüche auf die mögliche Freistellung für eine ehrenamtliche Tätigkeit vor – allerdings in der Regel unbezahlt. Unternehmerinnen und Unternehmer mit ehrenamtlich tätigen Beschäftigten sollten mit ihren rechtlichen und steuerlichen Beratern klären, was im jeweiligen konkreten Fall gilt, damit sie hier keine Fehler machen.

Freistellung für DRK und andere ehrenamtliche Tätigkeit

Größere Mittelständler müssen sich oft auch mit der Freistellung für ein Ehrenamt als Betriebsrat beschäftigen. Eine Freistellung für diese ehrenamtliche Tätigkeit ist für das Unternehmen in einem bestimmten Umfang ebenfalls Pflicht. Sind Gemeinderatsmitglieder im Betrieb beschäftigt, sieht die jeweilige Gemeindeordnung für sie in der Regel ebenfalls die Möglichkeit zur Freistellung vor. Eine Pflicht zur Freistellung kann es zudem in Spezialfällen und Ausnahmesituationen geben. Beispielsweise, wenn ehrenamtliche Rotkreuzmitarbeiter als Helfer im Katastrophenschutz gefragt sind, etwa nach einem Hochwasser. Unternehmer sollten über eine solche Freistellung für die ehrenamtliche Tätigkeit am besten stets mit ihrem Steuerberater oder ihrer Steuerberaterin reden. Hier sind fast immer spezielle Details bei der Vergütung und Abrechnung zu berücksichtigen. Auch mit Blick auf eine ihnen nicht bekannte ehrenamtliche Tätigkeit sollten Unternehmer und Unternehmerinnen sich im Zweifel mit Rechtsfragen an den Anwalt oder die Anwältin wenden.

Betrieb­li­cher ehrenamtlicher Ein­satz kann sich lohnen

Bei der stark ausgeprägten deutschen Ehrenamtskultur ist es wenig verwunderlich, dass zunehmend auch der Bereich der betrieblichen Freiwilligenarbeit wächst. Soziales Engagement gehört für viele Unternehmerinnen und Unternehmer privat zum Leben dazu. Nicht wenige erarbeiten aus ihrem persönlichen Interesse am Gemeinwohl dann auch eine soziale Strategie für ihren Betrieb. Manche gehen über Sponsoringprojekte, Spenden oder kleine Aktionen hinaus und schicken Beschäftigte regelmäßig für die ehrenamtliche Tätigkeit ins Feld. Für diese ehrenamtliche Tätigkeit sollte eine Freistellung dann natürlich Ehrensache sein, sie gehört sicher zum unternehmerischen sozialen Engagement dazu.

Freistellung fürs betriebliche Ehrenamt bringt Kompetenz

Am besten für einen Betrieb ist es, wenn sich die Interessen des Unternehmens mit denen der Beschäftigten decken. So finden beide Seiten tieferen Sinn in ihrer Tätigkeit. Das stärkt die Motivation und den Zusammenhalt in der Firma. Die Freistellung für das Ehrenamt ist ihren Preis dann umso mehr wert. Sie bietet nicht nur Mitarbeitern wie Firmenchefs die Chance, ihre Kompetenzen dem Gemeinwohl zur Verfügung zu stellen sowie sich glaubwürdig als soziales Unternehmen zu positionieren. Die ehrenamtliche Tätigkeit hilft Mitarbeitern auch, neue Einsichten und Erfahrungen zu gewinnen. Die stehen dem Betrieb dann als Zuwachs an Kompetenz zur Verfügung. Mit Steuerberater und Anwalt gilt es für diese Art der Freistellung für das Ehrenamt diverse Fragen der Abrechnung oder auch Besteuerung zu klären – beispielsweise für den Fall von Zuschlägen, oder wenn Unternehmer für ihr Engagement selbst einen Verein gründen wollen.

Über einige Aspekte des Themas Ehrenamt informiert auch folgendes Video.

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Midia Nuri

ist Wirtschaftsjournalistin. Sie schreibt vor allem über nutzwertige Unternehmerthemen rund um Betriebsführung oder auch Finanzielles und Steuerliches für verschiedene Branchenzeitschriften, wie etwa den kfz-Betrieb, Die Fleischerei, Der Freie Zahnarzt, Fahrzeug + Karosserie oder auch etwa Das Dachdeckerhandwerk. Außerdem ist sie Chefredakteurin eines Newsletters von BWRMed!a zum Thema Steuern und Bilanzierung. Zu Steuer- und Finanzthemen bloggt und twittert sie derzeit sporadisch unter lady-godiva-blog.de und twitter.com/LadyGodivaBlog.

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