Arbeitsrecht & Soziales

Diese Fal­len birgt das Ar­beit­neh­mer­über­las­sungs­ge­setz

Das Ar­beit­neh­mer­über­las­sungs­ge­setz (AÜG) birgt die Ge­fahr, dass Leih­ar­bei­ter plötz­lich Fest­an­ge­stell­te des Ent­lei­hers wer­den. Be­son­ders mit Blick auf die Über­las­sungs­höchst­dau­er soll­ten Un­ter­neh­men vor­sich­tig sein und vor Ver­tragss­chluss an­walt­lichen Rat ein­holen.

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Welchen Namen man der Sache auch gibt, ob Leiharbeit, Zeitarbeit, Arbeitnehmerüberlassung oder Personalleasing – letztlich geht es stets um Flexibilität. Doch so leicht anpassbar die Personalstärke dank der Arbeitnehmerüberlassung jederzeit kurzfristig sein mag: Vorausschauende Personalplanung ist hierbei längst ein Muss. Der Grund dafür liegt im 2017 stark überarbeiteten Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Es brachte neue Vorschriften für Überlassungshöchstdauer, Kettenverträge oder Equal Pay mit sich, dem gleichen Entgelt von Stammbelegschaft und Leiharbeitern. Seitdem haben Unternehmen deutlich mehr zu beachten als zuvor, wenn sie nicht aus Nachlässigkeit ungewollt die Zahl der fest bei ihnen Beschäftigten deutlich erhöhen wollen. Rücksprache mit dem Anwalt oder der Anwältin ist daher unerlässlich, sobald es um Leiharbeit oder Arbeitnehmerüberlassung geht. Und auch der Steuerberater oder die Steuerberaterin sollten zurate gezogen werden, wenn Unternehmen sich mit diesem Thema beschäftigen.

Das regelt das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz regelt die zeitlich befristete Überlassung von Personal in Leiharbeit oder Zeitarbeit im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit. Den eigentlichen Arbeitsvertrag mit dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin schließt der verleihende Betrieb ab. In der Regel ist das ein Zeitarbeitsunternehmen oder ein Personaldienstleistungsbetrieb. Mit diesen Organisationen schließt wiederum das entleihende Unternehmen einen Vertrag zur Arbeitnehmerüberlassung ab. Das AÜG macht diverse Vorgaben etwa für die Zulassung des Zeitarbeitsbetriebs oder das Entgelt der überlassenen Beschäftigten und deren Arbeitsbedingungen. Zudem regelt es die Rechtsbeziehung zwischen verleihendem und entleihendem Unternehmen sowie weitere Formalien. Um sicherzustellen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung mit vergleichbaren festangestellten Arbeitskräften beim entleihenden Betrieb gewährt ist, sichert das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz dem überlassenen Personal einen Auskunftsanspruch über die Entlohnung sowie weitere Konditionen zu. Außerdem haben sie den Anspruch auf Informationen über freiwerdende Arbeitsplätze beim Entleiher. Darüber hinaus legt das Gesetz die Aufzeichnungs- und Meldepflichten der Unternehmen gegenüber dem Zoll und anderen Behörden fest.

Diese Tücken birgt der Ver­trag aufgrund des AÜG

Eine der ersten Fallen, die sich durch das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz für Unternehmen auftun, ist die Vertragsgestaltung. Wer plant, Leihbeschäftigte ins Haus zu holen, muss wissen: Verträge zwischen Unternehmen lassen sich nicht mehr risikolos als Werkverträge bezeichnen. Das Überlassen von Arbeitnehmern muss laut AÜG nun im Vertrag ausdrücklich so bezeichnet sein. Sonst ist die Arbeitnehmerüberlassung illegal und führt unter Umständen zu einem Arbeitsverhältnis zwischen den Leihbeschäftigten und dem entleihenden Betrieb. Bei der Vertragsgestaltung solltedie Firmenleitungauf jeden Fall einen Anwalt oder eine Anwältin ins Boot holen. Haben Unternehmen einen Betriebsrat, müssen sie ihn über den Einsatz von Leih- und Werkauftragnehmern unterrichten. Außerdem ist unbedingt zu beachten, dass Zeitarbeitnehmer und Zeitarbeitnehmerinnen beim Berechnen der Schwellenwerte gemäß Betriebsverfassungsgesetz oder Unternehmensmitbestimmung zu berücksichtigen sind.

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Überlassungshöchstdauer gilt – sonst laut AÜG Festanstellung

Beim Einsatz von Leihbeschäftigten müssen entleihende Unternehmen genau auf die Einsatzdauer achten. Die zulässige Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten darf seit der Reform des AÜG nicht überschritten werden. Andernfalls ist rasch unabsichtlich die Belegschaft vergrößert. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz erlaubt aber Ausnahmen. Und zwar dann, wenn Tarifverträge einen anderen Höchstzeitraum enthalten oder sich Abweichungen im Betrieb aufgrund von Tarifverträgen vereinbaren lassen. Spätestens seit einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg ist es allerdings hochriskant, sich darauf zu verlassen. Das Gericht bescheinigte nämlich einem Leiharbeiter nach überschrittener Einsatzhöchstdauer, dass durch die Überschreitung ein unbefristeter Arbeitsvertrag entstanden sei. Die Begründung: Der in dem Fall für das Unternehmen durchaus gültige Tarifvertrag sei nicht anwendbar. Hierfür müsse eine beiderseitige Tarifbindung bestehen – doch der Arbeitnehmer war nicht Mitglied der Gewerkschaft. (Az.:4Sa16/20). Damit galt in dem Fall die vom AÜG festgesetzte Höchsteinsatzdauer.

Befristete Weiterbeschäftigung kann eine Lösung sein

Unternehmer und Unternehmerinnen sollten sich – nicht nur in dieser Frage – anwaltlich beraten lassen. und die Revision gegen dieses und ein weiteres LAG-Urteils zugelassen. Denn die Rechtsprechung ist nicht einheitlich und dürfte zu einem späteren Zeitpunkt wohl noch in ähnlicher Fragestellung bis vors BAG gehen. Der Anwalt oder die Anwältin kennen den jeweils aktuellen Stand der Rechtsprechung. Immerhin steht fest, dass nicht nach einer Gewerkschaftszugehörigkeit gefragt werden darf. Doch generell gilt: Wer bei der Arbeitnehmerüberlassung auf Nummer Sicher gehen will, sollte jeden Einsatz nach spätestens 18 Monaten beenden. Der Möglichkeit zur Verlängerung der Personalleihe durch Kettenverträge schiebt das AÜG einen Riegel vor. Wenn entleihende Unternehmen einen Zeitarbeiter oder eine Zeitarbeiterin länger als vorgesehen benötigen, aber nicht unbefristet, ist nach dem Bundesverfassungsgericht nur einmal eine sachgrundlose Befristung möglich.

Zwei Gründe ver­ur­sa­chen eine un­ge­woll­te Festanstellung

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sieht neben der überschrittenen Überlassungshöchstdauer zwei weitere Gründe vor, die eine Festanstellung von Leihbeschäftigten nach sich ziehen können.

  • Der verleihende Betrieb hat keine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis. Dieses Dokument sollte sich der oder die Verantwortliche im entleihenden Unternehmen deshalb immer zeigen lassen.
  • Der Vertrag zwischen verleihendem und entleihendem Betrieb ist nicht ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung bezeichnet und die Person, um die es geht, nicht vor der Überlassung konkret benannt worden. Auf diese Formulierungen und Details ist unbedingt zu achten.

Sicherheitshalber sollten Verantwortliche stets einen Anwalt oder eine Anwältin zurate ziehen, damit die Verträge rechtssicher sind. Im Fall der Fälle liegt die Entscheidung über eine feste Beschäftigung im entleihenden Unternehmen sonst beim Leihbeschäftigten. Nur er oder sie darf einseitig mit einer ausdrücklichen schriftlichen Erklärung – der sogenannten Festhaltenserklärung – am Arbeitsverhältnis mit dem Verleihbetrieb festhalten. Allein das kann bei Formverstößen gegen das AÜG eine unbefristete Beschäftigung verhindern.

Arbeitnehmerüberlassungsgesetz gewährt verzögert Equal Pay

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz gibt vor, dass Leihbeschäftigte zum gleichen Entgelt und gleichen Bedingungen eingesetzt werden wie vergleichbare Beschäftigte im entleihenden Betrieb. Dieser muss laut AÜG auch Auskunft über die Konditionen geben. Allerdings gilt dieser Gleichbehandlungsgrundsatz erst nach neun Monaten im entleihenden Unternehmen. Dann ist im Rahmen von Equal Pay für Leihbeschäftigte das gleiche Entgelt fällig wie für vergleichbare Stammbeschäftigte. Diese Hürde lässt sich leichter nehmen, indem das Unternehmen das Gehalt nicht auf einen Schlag aufstockt, sondern alternativ ab der sechsten Beschäftigungswoche einen wachsenden Branchenzuschlag zum Tariflohn in der Zeitarbeit zahlt. So lässt sich die Angleichung an das Gehalt der regulär Beschäftigten auf bis zu 15 Monate strecken. Und selbst zum Verbot, Leiharbeitnehmer als Streikbrecher einzusetzen, hat der Anwalt oder die Anwältin vielleicht einige rechtliche Tipps. Fachleute zurate zu ziehen, ist bei allen Fragen rund um Leiharbeit und AÜG immer empfehlenswert. Auch mit Blick auf Branchenregelungen etwa für Betriebe aus der Baubranche.

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Midia Nuri

ist Wirtschaftsjournalistin. Sie schreibt vor allem über nutzwertige Unternehmerthemen rund um Betriebsführung oder auch Finanzielles und Steuerliches für verschiedene Branchenzeitschriften, wie etwa den kfz-Betrieb, Die Fleischerei, Der Freie Zahnarzt, Fahrzeug + Karosserie oder auch etwa Das Dachdeckerhandwerk. Außerdem ist sie Chefredakteurin eines Newsletters von BWRMed!a zum Thema Steuern und Bilanzierung. Zu Steuer- und Finanzthemen bloggt und twittert sie derzeit sporadisch unter lady-godiva-blog.de und twitter.com/LadyGodivaBlog.

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