– Die Verfahrensdokumentation soll einen umfassenden Überblick über alle Vorgänge rund um die Buchführung geben.
– Die Erstellung der Verfahrensdokumentation vollständig auszulagern, kann problematisch sein, denn außenstehende Personen kennen die Abläufe im Unternehmen nicht detailliert genug.
– Deshalb empfiehlt sich zur Erstellung ein siebenstufiges Verfahren in Zusammenarbeit mit der Steuerkanzlei.
Sich schnell einer lästigen Pflicht entledigen – danach klingt eine Reihe von Anzeigen im Internet, die findet, wer nach „Verfahrensdokumentation“ sucht. Doch ist es wirklich sinnvoll, die eigene Verfahrensdokumentation vollständig extern erstellen zu lassen? Oder funktioniert dies nicht besser auf internem Weg? Wer ist der beste Ratgeber? Was bringen Vorlagen und vor allem welche?
Zumindest die ersten beiden dieser Fragen lassen sich vergleichsweise einfach beantworten: Nein, eine ausschließlich externe Erstellung der Verfahrensdokumentation ist aus zwei Gründen nicht sinnvoll, und die besten Ratgeber finden sich in der Steuerberatungskanzlei. Weshalb sollten Unternehmen aber nun die Pflicht zur Verfahrensdokumentation nicht komplett auslagern? Die Antwort liefert ein Blick auf das, was der Gesetzgeber damit ursprünglich bezweckte: nämlich Transparenz über Abläufe im Unternehmen und speziell im Hinblick auf die Buchführung zu schaffen.
GoBD als verbindliche Rechtsgrundlage
Wichtig ist das vor allem bei einer Betriebsprüfung: Das Fehlen der Verfahrensdokumentation führt zwar dabei nicht unmittelbar zum Verwerfen der gesamten Buchführung, erhöht aber das Risiko einer möglichen Steuerschätzung im Sinne des § 162 der Abgabenordnung (AO). Geregelt ist die Pflicht, eine Verfahrensdokumentation zu erstellen, über die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“. Diese wurden im Jahr 2019 und zuletzt 2024 geändert und an technologische Neuerungen angepasst.
Wesentlich bei der Änderung im März 2024 war, dass der Beschreibungsstandard für die Datenüberlassung sowie eine digitale Lohn-Schnittstelle bereitgestellt werden. Außerdem regelt die Änderung Exporte aus elektronischen Aufzeichnungssystemen im Zusammenhang mit der Kassensicherungsverordnung und weitere unterstützte Dateiformate der Prüfsoftware.
Im Hinblick auf die Verfahrensdokumentation im Allgemeinen ergeben sich aus dem Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) von 2019 die konkretesten Anforderungen und speziell die Notwendigkeit einer Verfahrensdokumentation, die alle System- beziehungsweise Verfahrensänderungen inhaltlich und zeitlich lückenlos erfasst. 2019 war auch das Ersetzende Scannen – also die Digitalisierung und anschließende Vernichtung von Papierbelegen – zulässig geworden. Daneben hatte die Finanzverwaltung seinerzeit Voraussetzungen für die ausschließliche Aufbewahrung von Inhouse-Formaten definiert und geregelt, dass nach einem Systemwechsel der Datenzugriff der Finanzverwaltung nach Ablauf des sechsten Kalenderjahres auf die Datenträgerüberlassung beschränkt werden kann.
Komplizierte Abläufe erfordern Beschreibung
Hinter all dem steht die Überzeugung, dass die Abläufe rund um Buchführung und Archivierung in Unternehmen so komplex seien, dass Prüfende sie ohne Verfahrensdokumentation nicht nachvollziehen könnten. Ob dem immer so ist, bleibt dahingestellt und hat überdies keinerlei praktische Relevanz, da de facto die Pflicht zur Erstellung einer Verfahrensdokumentation besteht.
Die Motivation der Finanzverwaltung erklärt aber, warum es problematisch ist, die Erstellung der Verfahrensdokumentation vollständig auszulagern: Es kann niemand Außenstehendes die Abläufe im Unternehmen genau genug kennen und um eine Erklärung ebendieser geht es ja gerade. Deshalb empfiehlt sich ein siebenstufiges Verfahren in Zusammenarbeit mit der Steuerkanzlei. Dabei spielt selbstverständlich auch die Musterverfahrensdokumentation eine Rolle – allerdings nicht in Eigenregie.
Sieben Stufen führen zur Verfahrensdokumentation
Denn am Anfang steht die Erstberatung mit Entscheidung zur Verfahrensdokumentation. Anschließend kann die Steuerberaterin oder der Steuerberater die Verfahrensdokumentation aus einer Vorlage heraus einrichten. Der dritte Schritt besteht darin, die Einweisung zu protokollieren. Dem Unternehmen selbst obliegt es nun in Schritt vier, die Änderungen unterjährig zu dokumentieren.
Die weiteren Schritte umfassen die Anpassung der Verfahrensdokumentation an den jeweils neuesten Stand, die Erstellung von Überprüfungsberichten als Nachweis für die Finanzverwaltung sowie die jährliche Überprüfung der Verfahrensdokumentation.
Was bringen Muster für bestimmte Branchen?
Wer als Unternehmerin bereits Vorarbeit leisten möchte und tiefer in die Materie einsteigt, stellt fest, dass es Muster für bestimmte Branchen gibt. Eine Vorlage für die Verfahrensdokumentation kann insbesondere dann hilfreich sein, wenn sie nicht zu umfangreich ist und einen allgemeinen Blick auf die Abläufe ermöglicht. Denn vom Ursprungskonzept her bildet die Verfahrensdokumentation zwar nur den Status Quo ab, um dem Betriebsprüfer die Arbeit zu erleichtern. Für Unternehmen besonders gewinnbringend ist die Erstellung aber dann, wenn sie dabei hilft, Ungereimtheiten aufzudecken, doppelte Arbeiten zu identifizieren und auf diese Weise die Abläufe zu optimieren.
Branchenspezifische Muster sind in der Regel bereits um viel Allgemeines abgespeckt und erleichtern so den Überblick. Insbesondere im Hinblick auf das Ersetzende Scannen empfiehlt es sich, bestehende Prozesse rund um die Verarbeitung der Eingangsrechnung zu überprüfen und mit der Steuerkanzlei zu besprechen. Denn im Vorfeld der verpflichtenden elektronischen Rechnungen, die künftig erneut eine Anpassung der Verfahrensdokumentation erforderlich machen werden, stellt sich die Frage, wann eine Neugestaltung des Prozesses sinnvoll ist.
Verfahrensdokumentation und Ersetzendes Scannen
Bei allen, die bereits Ersetzendes Scannen praktizieren, dürfte die Verfahrensdokumentation stärker als bei vielen anderen im Fokus der Betriebsprüfung stehen. Dabei ist wichtig zu beachten, dass Muster zur Verfahrensdokumentation beim Ersetzenden Scannen möglicherweise nur diesen isolierten Aspekt zum Gegenstand haben und zum Beispiel den Umgang mit originär digital eingegangenen Rechnungen außen vor lassen.
Für die Praxis wesentlich ist, zu dokumentieren, wie das Scan-Ergebnis geprüft wird, da eine stichprobenartige Prüfung ausreicht. Allerdings muss das Vorgehen dafür festgelegt sein, regelmäßig eingehalten und eben dokumentiert werden. Das ist insofern von besonderem Belang, als dass die GoBD neben stationären Scannern ausdrücklich auch Smartphones erlauben. Diese können häufig wechseln und auch die Umgebung hat zum Beispiel Einfluss darauf, inwieweit das digitale Abbild dem originalen Papierbeleg entspricht. Dies zu dokumentieren, ist wesentlich.
Was gehört in die Verfahrensdokumentation?
Unabhängig von diesem Spezialaspekt verlangt die Finanzverwaltung einen vergleichsweise umfassenden Überblick über alle Vorgänge rund um die Buchführung. So heißt es in der Regelung wörtlich: „Da sich die Ordnungsmäßigkeit neben den elektronischen Büchern und sonst erforderlichen Aufzeichnungen auch auf die damit in Zusammenhang stehenden Verfahren und Bereiche des DV-Systems bezieht […], muss für jedes DV-System eine übersichtlich gegliederte Verfahrensdokumentation vorhanden sein, aus der Inhalt, Aufbau, Ablauf und Ergebnisse des DV-Verfahrens vollständig und schlüssig ersichtlich sind. Der Umfang der im Einzelfall erforderlichen Dokumentation wird dadurch bestimmt, was zum Verständnis des DV-Verfahrens, der Bücher und Aufzeichnungen sowie der aufbewahrten Unterlagen notwendig ist. Die Verfahrensdokumentation muss verständlich und damit für einen sachverständigen Dritten in angemessener Zeit nachprüfbar sein. Die konkrete Ausgestaltung der Verfahrensdokumentation ist abhängig von der Komplexität und Diversifikation der Geschäftstätigkeit und der Organisationsstruktur sowie des eingesetzten DV-Systems.“
Dabei beschreibt die Verfahrensdokumentation den organisatorisch und technisch gewollten Prozess. Dies reicht etwa bei elektronischen Dokumenten von der Entstehung der Informationen über die Indizierung, Verarbeitung und Speicherung, dem eindeutigen Wiederfinden und der maschinellen Auswertbarkeit bis zur Absicherung gegen Verlust und Verfälschung und der Reproduktion.
Verfahrensdokumentation in vier Teilen
Diesen Gesamtüberblick verschafft ein Dokument aus vier Teilen, so will es die Finanzverwaltung weiter. Das sind
- eine allgemeine Beschreibung,
- eine Anwenderdokumentation,
- eine technische Systemdokumentation
- sowie eine Betriebsdokumentation.
Änderungen der Verfahrensdokumentation müssen zudem historisch nachvollziehbar sein.
Ein Beispiel, wie eine solche Verfahrungsdokumentation ganz praktisch aussehen kann, liefert das BMF leider nicht, aber es gibt eine ganze Reihe von Dokumenten verschiedener Verbände und Gruppierungen, die sich mit Einzelaspekten beschäftigen. Ein wichtiger ist das Thema „Kassensysteme“. Zu diesem Beispiel hat der Deutsche Fachverband für Kassen- und Abrechnungssystemtechnik e.V. (DFKA) eine Vorlage für eine Verfahrensdokumentation erstellt.
Auch diese DFKA-Muster-Verfahrensdokumentation bezieht sich wieder nur auf einen isolierten Bereich, und zwar die ordnungsmäßige Kassenführung. Die in dem 38-seitigen Dokument dargestellten Verfahrensschritte beschränken sich allein auf Kassensysteme zur ordnungsmäßigen Abrechnung von baren und unbaren Geschäftsvorfällen. Daneben sei etwa der Einsatz weiterer DV-Systeme, die einer erstmaligen Erfassung von Geschäftsvorfällen im Sinne einer Grundaufzeichnung dienen, zum Beispiel Waagen oder Taxameter, zu dokumentieren.
Unternehmer haben es in Sachen Verfahrensdokumentation mit einer ganzen Reihe an Einzelaspekten zu tun. Um die gesetzlich geforderten Vorgaben einzuhalten, empfiehlt sich die Rücksprache mit der Steuerkanzlei.