Vor Weihnachten läuft in Bundestag und Bundesrat mit schöner Regelmäßigkeit ein Abstimmungsmarathon: viele neue Gesetze werden beschlossen. Für Betreiberinnen und Betreiber kleiner oder mittlerer Photovoltaikanlagen brachte das Jahressteuergesetz 2022 diesmal grundlegende Änderungen. Die Einnahmen aus Anlagen mit einer Maximalleistung von bis zu 30 Kilowatt-Peak (kWp) sind nun steuerfrei – und das rückwirkend ab dem Jahr 2022. Dies gilt sowohl für Photovoltaikanlagen auf dem eigenen Einfamilienhaus als auch auf Gebäuden, die nicht Wohnzwecken dienen, beispielsweise Gewerbeimmobilien. Zudem greift die Ertragssteuerbefreiung für Photovoltaikanlagen auf oder an sonstigen Gebäuden, etwa Mehrfamilienhäusern oder gemischt genutzten Immobilien. Die Obergrenze der Bruttoleistung liegt hier bei 15 kWp je Wohn- oder Gewerbeeinheit sowie insgesamt 100 kWp pro Steuerpflichtigen beziehungsweise pro Mitunternehmerschaft. Keine Rolle spielt dabei, ob der erzeugte Solarstrom ins Netz eingespeist oder selbst beziehungsweise von Mietern verbraucht wird.
Nicht alle profitieren zwangsläufig von der Gesetzesänderung
Steuerbefreiung – das klingt erstmal gut, doch es hat auch Nachteile: Wer keine Steuern zahlt, kann keine Kosten absetzen. Zu beachten sind außerdem wichtige Änderungen bei der Umsatzsteuer. Sie entfällt ab 2023 bei der Einfuhr, Lieferung und Installation von Photovoltaikanlagen sowie Stromspeichern, sofern die Bruttoleistung unter 30 kWp liegt. Für solche kleinen und mittleren Anlagen hat der Gesetzgeber den Steuersatz auf null gesenkt. Das soll private Betreiberinnen und Betreiber von Photovoltaikanlagen von Bürokratie entlasten. Sie konnten sich die gezahlte Umsatzsteuer bislang nur dann als Vorsteuer vom Finanzamt zurückholen, wenn sie auf die Kleinunternehmerregelung verzichteten. Ohne Ausweis von Umsatzsteuer entfällt künftig die Notwendigkeit, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Wer keine Umsatzsteuer zahlt, sich also keine Vorsteuer erstatten lassen kann, dürfte die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen, um sich die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuererklärungen zu ersparen. Aber Achtung: Wer bereits eine Photovoltaikanlage zur Stromerzeugung nutzt, muss erstmal weiterhin die alten Regeln anwenden.
Betreiber von Photovoltaikanlagen sind steuerlich Unternehmer
Ökostrom selbst zu produzieren, ist nicht nur gut fürs Klima. Sowohl Unternehmen als auch Hausbesitzer und Wohnungseigentümerinnen verschaffen sich mit Photovoltaikanlagen eine gewisse Unabhängigkeit. Sie können die auf dem Dach erzeugte Energie so weit wie möglich selbst verbrauchen und müssen weniger teuren Strom zukaufen. Überschüssigen Solarstrom aus Photovoltaikanlagen können sie ins Netz einspeisen. Doch das macht in den Augen der Finanzverwaltung alle, die Strom erzeugen, zu Unternehmern, die Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb erzielen. Sie mussten deshalb bisher die Erlöse aus dem Stromverkauf sowie den Wert des selbstgenutzten Solarstroms als Einnahmen verbuchen und versteuern. Das Finanzamt verlangte eine Gewinnermittlung per Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) und kassierte Einkommen- sowie Umsatzsteuer plus bei größeren Photovoltaikanlagen auch noch Gewerbesteuer. Ausnahmen gab es nur für Selbstversorger mit einem Inselsystem ohne Anschluss ans öffentliche Stromnetz.
Wer auf einem selbst genutzten Haus eine Photovoltaikanlage – mit maximal zehn kWp Leistung – betreibt, konnte erstmals im Jahr 2021 eine Steuerbefreiung beim Finanzamt beantragen. Die Solaranlage gilt dann als Liebhaberei, die Einkommensteuer entfällt. Im Gegenzug lassen sich aber die Anschaffungskosten der Photovoltaikanlage und sonstige Betriebskosten nicht mehr steuerlich absetzen. Dies betrifft nicht nur das Jahr 2021 und die Folgejahre, sondern alle offenen Verlangungszeiträume. Für viele Betreiberinnen und Betreiber kann dies zur Steuerfalle werden. Denn oft haben sie die Anschaffungskosten der Anlage abgeschrieben und steuerliche Verluste geltend gemacht. Ändert das Finanzamt jene Steuerbescheide, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen, sind meistens Steuernachzahlungen fällig – plus Zinsen. Eine steuerliche Beratung ist deshalb empfehlenswert, insbesondere mit Blick auf einen zuvor geltend gemachten Investitionsabzugsbetrag (IAB), zu dem ein BMF-Schreiben die Vorgehensweise feststellt.
Einnahmen aus Photovoltaikanlagen sind umsatzsteuerpflichtig
Kompliziert ist auch das Thema Umsatzsteuer. Wer eine Photovoltaikanlage in Betrieb nimmt, muss dies beim Finanzamt anmelden und sich für oder gegen die Kleinunternehmerregelung entscheiden – Kleinunternehmer mit unter 22.000 Euro Jahresumsatz sind von der Umsatzsteuer befreit. Oft lohnte sich bisher aber der Verzicht auf diese Ausnahmeregelung. Votierten Betreiberinnen und Betreiber von Photovoltaikanlagen für die Regelbesteuerung, fiel zwar Umsatzsteuer auf die Erlöse an. Das verteuerte den verkauften sowie den selbstgenutzten Strom um 19 Prozent. Dafür bekamen sie aber die bezahlte Umsatzsteuer für Anlage samt mitgeliefertem zugehörigen Speicher vom Finanzamt erstattet. Bei solchen teuren Systemen rechnete sich das. Allerdings mussten Betreiber von Dach-Photovoltaikanlagen dann mindestens fünf Jahre lang Umsatzsteuervoranmeldungen sowie jährlich Umsatzsteuererklärungen abgeben. Erst nach Ablauf des Berichtigungszeitraums ist es möglich, ohne steuerliche Nachteile zur Kleinunternehmerregelung zu wechseln. Wer jedoch neben der Photovoltaikanlage als Selbstständiger weitere Einkünfte erzielte, blieb häufig umsatzsteuerpflichtig, denn Umsätze aus Photovoltaikanlage, Gewerbe und freiberuflicher Tätigkeit werden zusammengerechnet.
Lieferung und Montage bleiben künftig umsatzsteuerfrei
Die Ampelkoalition will den Ausbau regenerativer Energien fördern. Das Jahressteuergesetz setzt deshalb Anreize, damit mehr Personen eine Photovoltaikanlage zur Stromerzeugung nutzen. Wer neu in Photovoltaikanlagen und Speicher investiert, zahlt ab diesem Jahr keine Umsatzsteuer mehr, sofern folgende Bedingungen zutreffen. Die Installation erfolgt
- auf oder in der Nähe von Wohnungen oder
- von Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden.
Der Gesetzgeber sieht diese Voraussetzungen als erfüllt an, wenn die installierte Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister nicht über 30 kWp beträgt. Dann fällt für die Lieferung und Installation, die Einfuhr sowie den innergemeinschaftlichen Erwerb von Photovoltaikanlagen keine Umsatzsteuer mehr an. Der Steuersatz für Solarmodule und sämtliche für den Betrieb einer Photovoltaikanlage benötigten Komponenten sowie Batteriespeicher liegt künftig bei null. Die Umsatzsteuer entfällt auch für sogenannte Balkonkraftwerke sowie den Austausch und die Installation defekter Komponenten einer Photovoltaikanlage. Dadurch können neue Betreiberinnen und Betreiber die Kleinunternehmerregelung nutzen, ohne steuerliche Nachteile befürchten zu müssen. Wer schon Solarstrom produziert und der Regelbesteuerung unterliegt, sollte prüfen, ob oder wann sich ein Wechsel zur Kleinunternehmerregelung lohnt. Ein Gespräch mit dem Steuerberater oder der Steuerberaterin empfiehlt sich auch, wenn jemand eine Photovoltaikanlage nicht gekauft, sondern gemietet hat. Mietmodelle unterliegen nämlich dem Regelsteuersatz von 19 Prozent. Leasing- oder Mietkaufverträge können – je nach Vertragsgestaltung – die Bedingungen für den Nullsteuersatz erfüllen.
Anlagenkauf in 2023: Umsatzsteuer auf Anzahlungen erstatten
Durch die zum Teil langen Lieferzeiten für Photovoltaikanlagen hat sich in vielen Fällen die Inbetriebnahme verzögert. Anzahlungen für bereits gelieferte Komponenten wie Solarmodule oder Wechselrichter wurden aber häufig schon im vergangenen Jahr geleistet – inklusive 19 Prozent Umsatzsteuer. Bei einer Inbetriebnahme der Photovoltaikanlage im Jahr 2023 ist jedoch ein Steuersatz von null anzuwenden – Installationsbetriebe weisen keine Umsatzsteuer mehr in der Rechnung aus. Je nach Vertragsgestaltung ist die gezahlte Umsatzsteuer auf Anzahlungen dann über die Schlussrechnung zu erstatten. Der Bruttobetrag der geleisteten Zahlungen wird dabei vom Nettobetrag der Gesamtrechnung abgezogen. Detailfragen sollten betroffene Unternehmen mit der Steuerberatungskanzlei klären, damit sie eine ordnungsgemäße Rechnung stellen. Der Vorsteuerabzug bleibt ihnen allerdings erhalten. Die Inbetriebnahme können Elektroinstallateure nun allein übernehmen. Der Netzbetreiber muss nicht mehr dabei sein. Betreiberinnen und Betreiber müssen aber ihre Photovoltaikanlage – wie bisher auch – binnen Monatsfrist beim Marktstammdatenregister anmelden.
Neu: Keine Ertragsteuern für Photovoltaikanlagen bis 30 KW
Sie sind eine kleine Sensation, diese wenigen Zeilen im Jahressteuergesetz: Der Verkauf von Solarstrom aus kleinen Photovoltaikanlagen ist rückwirkend ab dem Jahr 2022 steuerfrei. Ursprünglich sollte die geplante Ertragssteuerbefreiung für Photovoltaikanlagen mit einer Bruttoleistung von bis zu 30 kWp erst ab 2023 greifen. Nun fallen auch bestehende Anlagen aus der Einkommensteuerveranlagung heraus. Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen sind laut Gesetzestext nun steuerfrei, wenn diese
- auf, an oder in Einfamilienhäusern – einschließlich Nebengebäuden wie Garagen oder Carports – oder Gebäuden, die nicht Wohnzwecken dienen, – also auch Gewerbeimmobilien oder Garagenhöfen – installiert sind und eine Bruttoleistung von 30 kWp nicht übersteigen. Entscheidend ist der im Marktstammdatenregister eingetragene Wert.
- auf, an oder in sonstigen Gebäuden, wie etwa Mischgebäuden, Strom produzieren und die maximale Größe von 15 kWp – anteiliger Bruttoleistung – pro Wohn- und Gewerbeeinheit nicht überschritten wird. Auch der Betrieb mehrerer Anlagen bis maximal 100 kWp pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmer zählt nun zu den steuerfreien Einnahmen.
Die Steuerbefreiung gilt somit nicht nur für Privatleute, die sich eine Photovoltaikanlage anschaffen, um Stromkosten zu sparen. Auch Vermieterinnen und Vermieter, Wohnungseigentümergemeinschaften, Genossenschaften und Vermietungsunternehmen fallen unter diese Regelung. Ebenso wie Gewerbe- oder Handwerksbetriebe, die auf dem Werkstattdach eine kleine Photovoltaikanlage installiert haben. Die Einnahmen aus solchen Photovoltaikanlagen sind generell steuerbefreit. Die Verwendung des erzeugten Stroms spielt dabei keine Rolle: Er kann ins Netz eingespeist, von Mietern sowie Mieterinnen genutzt oder selbst verbraucht werden – etwa zum Aufladen privater oder betrieblicher E-Autos. Wer nur steuerfreie Einnahmen aus Photovoltaikanlagen erzielt, muss keine Anlage EÜR mehr in seiner Steuererklärung abgeben.
Mehr Photovoltaikanlagen sind von der Gewerbesteuer befreit
Betreiberinnen und Betreiber von Photovoltaikanlagen mit maximal 30 kWp Leistung sind zudem von der Gewerbesteuerpflicht befreit. Damit entfällt auch die Gewerbeanmeldung bei der Gemeinde sowie die Pflichtmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer. Dies gilt ebenfalls rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2022. Explizit von der Gewerbesteuer ausgenommen waren bisher lediglich kleine Photovoltaikanlagen bis zehn Kilowatt-Peak. Nur wenige private Betreiberinnen und Betreiber mussten durch den Freibetrag von 24.500 Euro aber Gewerbesteuer zahlen. Eine weitere Neuregelung: Installieren vermögensverwaltende Personengesellschaften, beispielsweise Vermietungs-GbRs, Photovoltaikanlagen auf ihren Mietshäusern, deren Leistung 15 kWp je Einheit – in der Summe maximal 100 kWp – nicht übersteigt, führt dies nicht zu einer gewerblichen Infektion ihrer Vermietungseinkünfte. Für Solaranlagen, die nach dem 30. Juli 2022 ans Netz gehen, gibt es zudem laut EEG eine höhere Einspeisevergütung. Und der Netzbetreiber zahlt nun auch für Strom aus Photovoltaikanlagen bis 20 kWp, die nicht auf dem Hausdach, sondern dem Carport oder im Garten aufgestellt werden.
Was bedeutet das für bereits installierte Photovoltaikanlagen?
Steuerbefreiung für Solarstrom: Die Überschrift klingt erstmal super, von den gesetzlichen Neuregelungen profitieren aber nicht alle. Wer bereits eine Photovoltaikanlage betreibt und folglich Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb versteuert, konnte bislang auch die hohen Anschaffungskosten steuermindernd ansetzen. Die reguläre Abschreibung für Abnutzung, kurz AfA, lief über 20 Jahre. Bis 2022 war es außerdem möglich, statt der linearen eine degressive Abschreibung in Höhe von 12,5 Prozent des Restwerts der Solaranlage zu nutzen. Hinzu kam eine Sonderabschreibung von 20 Prozent im Jahr der Anschaffung. Deshalb konnten Steuerpflichtige in den Anfangsjahren oft steuerliche Verluste aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage geltend machen – und diese mit ihren sonstigen Einkünften verrechnen. Durch die neue Klassifizierung als „steuerfreie Einnahmen“ würde dieses Steuersparmodell rückwirkend für 2022 und alle Folgejahre wegfallen. Denn eine Regelung im Einkommensteuerrecht besagt: Ausgaben, die mit steuerfreien Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, lassen sich nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten absetzen.
Steuerfalle Solarstrom: Jetzt mit dem Steuerberater sprechen
Wer eine Photovoltaikanlage betreibt, hat oft die Verlustverrechnung genutzt, um die Investition leichter stemmen zu können. Sogar schon vor der Anschaffung ließen sich 50 Prozent der Kosten als Investitionsabzugsbetrag (IAB) steuermindernd ansetzen. Zwar bestanden manche Finanzämter darauf, dass besonders Betreiberinnen und Betreiber kleiner Photovoltaikanlagen ihre Gewinnerzielungsabsicht nachweisen. Mit Hilfe des Steuerberaters oder der Steuerberaterin gelingt dies aber meistens. Doch nun stellt sich die Frage, wie sich die neue gesetzliche Regelung steuerlich auf bestehende Photovoltaikanlagen auswirkt. Was passiert mit der Abschreibung von in den letzten Jahren installierten Anlagen? Sind IAB gewinnerhöhend aufzulösen, also Steuern nachzuzahlen? Steuerfachleute sehen die rückwirkende Einführung der Ertragssteuerfreiheit und das damit verbundene Abzugsverbot von Betriebsausgaben mitunter auch kritisch. Wer etwa im Jahr 2022 investiert hat, könnte die Kosten nicht mehr geltend machen. Denn die Erträge sind, wie Ende Dezember 2022 beschlossen, rückwirkend steuerfrei. Ursprünglich war dies erst ab 2023 geplant.
Photovoltaikanlagen: BMF-Schreiben soll für Klarheit sorgen
Was für die ertragssteuerliche Behandlung von bereits installierten Photovoltaikanlagen gilt, soll ein BMF-Schreiben klären. Steuerfachleute hoffen auf ein Optionsmodell. Angesichts der vielen offenen Fragen sollten Betreiberinnen und Betreiber von Photovoltaikanlagen ihren Fall mit dem Steuerberater oder der Steuerberaterin besprechen. Eine echte Rückwirkung von Gesetzen, wie es im Juristendeutsch heißt, ist nämlich nur in engen Grenzen zulässig. Würde Besitzerinnen oder Besitzern von Photovoltaikanlagen der Betriebsausgabenabzug verwehrt, weil der Gesetzgeber die Steuerregeln rückwirkend geändert hat, könnte dies möglicherweise verfassungswidrig sein.