Aus Sicht eines Unternehmens kann es sich lohnen, Fortbildungskosten für Beschäftigte auch ohne eine entsprechende Pflicht zu übernehmen. Vom damit verbundenen Zuwachs an Know-how oder Soft-Skills profitieren beide Seiten. Umso größer ist die Enttäuschung oder der Ärger, wenn jemand kurz nach der Weiterbildung den Betrieb verlässt. Wie können sich Unternehmen davor schützen? Besteht bei einer zeitnahen Kündigung ein Anspruch auf Rückzahlung der Fortbildungskosten? Diese Frage stellt sich prinzipiell in jedem Betrieb. Die Antwort: Eine Rückzahlungsvereinbarung in Arbeits- oder Fortbildungsverträgen ist stets sinnvoll, selbst wenn sich damit nicht jede Forderung begründen lässt. Unternehmerinnen und Unternehmer sollten anwaltlich klären lassen, welche Klauseln die größte Wirkung entfalten. Ob so eine Vereinbarung rechtlich trägt, hängt von vielen Faktoren ab: Der Länge der Fortbildung, der festgelegten Bindungsdauer, einer möglichen bezahlten Freistellung – und nicht zuletzt davon, ob die Weiterbildung dem oder der Beschäftigten persönliche Vorteile bringt. Eine auf Arbeitsrecht spezialisierte Anwaltskanzlei sollte die vertragliche Absicherung gestalten.
Viele Fortbildungskosten tragen die Unternehmen freiwillig
Einen gesetzlichen Anspruch auf Weiterbildung haben die Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter hierzulande grundsätzlich nicht. Und damit besteht auch kein Anspruch auf die Übernahme der Fortbildungskosten durch das Unternehmen. Zuweilen enthalten Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge oder individuelle Arbeitsverträge das Recht auf eine bezahlte oder unbezahlte Freistellung von der Arbeit für Fortbildungszwecke. Manche Klauseln regeln auch eine Übernahme der beruflichen Fortbildungskosten durch das Unternehmen. In vielen Bundesländern gibt es zudem gesetzliche Vorgaben zum sogenannten Bildungsurlaub. Demzufolge haben die Beschäftigten in den meisten Bundesländern einen Anspruch auf fünf Tage pro Jahr oder alle zwei Jahre zehn Tage bezahlten Bildungsurlaub – zusätzlich zum regulären Urlaubsanspruch. Der Inhalt der Fortbildung muss beim Bildungsurlaub nicht in unmittelbarem Bezug zur Tätigkeit stehen. Allerdings sollte der Kurs schon als Bildungsurlaub anerkannt sein. Der Betrieb muss die Fortbildungskosten aber auch hierfür nicht übernehmen.
Weiterbildung Beschäftigter muss einvernehmlich stattfinden
Für Unternehmen kann es nicht nur sinnvoll sein, die Kosten zur Fortbildung der Beschäftigten zu übernehmen – manchmal gehört es auch zu ihren Pflichten. Denn generell gilt, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in gewissem Umfang verpflichtet sind, Fortbildungen zu belegen, die ihnen die Erfüllung ihrer arbeitsvertraglich vereinbarten Pflichten erst ermöglichen – etwa, wenn sich ihr Berufsbild aufgrund technischer oder wirtschaftlicher Entwicklungen wesentlich verändert. Dann muss das Unternehmen die anfallenden Kosten übernehmen und darf grundsätzlich den zeitlichen Rahmen der Fortbildung festlegen. Allerdings sind die Interessen des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin dabei zu berücksichtigen. Die Beschäftigten könnten beispielsweise einen Kurs außerhalb der regulären Arbeitszeit verweigern, wenn durch ihn die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes überschritten würden. Sie sind auch nicht verpflichtet, sich höher oder anderweitig qualifizieren lassen, als es der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung entspricht. Ist das etwa wegen Veränderungen im Unternehmen nötig, sollten Firmenchefs und -chefinnen solche komplexen Fragen der Personalentwicklung ausführlich mit ihrer Anwaltskanzlei besprechen.
Fortbildung qualifiziert meist für betriebliche Zwecke
Auch wenn Unternehmen nicht dazu verpflichtet sind, übernehmen sie oft die Fortbildungskosten für ihre Beschäftigten. Dann kann es bei einer Kündigung passieren, dass sie vor der Frage stehen, ob sie eine Rückzahlung fordern sollten. In der Regel zahlen Unternehmen die Fortbildungskosten für eine Weiterbildung, die auch für betriebliche Zwecke sinnvoll ist. Etwa, weil jemand weiter- oder umqualifiziert werden soll. Die Fortbildung dient also zumindest auch betrieblichen Zwecken. Mit Blick auf Anerkennung der Ausbildung regelt das Berufsbildungsgesetz (BBiG) diese Art der Berufsbildung. Demzufolge soll berufliche Fortbildung es ermöglichen, „die berufliche Handlungsfähigkeit durch eine Anpassungsfortbildung zu erhalten und anzupassen“ oder „die berufliche Handlungsfähigkeit durch eine Fortbildung der höherqualifizierenden Berufsbildung zu erweitern und beruflich aufzusteigen“. Auch berufliche Umschulungen, die „zu einer anderen beruflichen Tätigkeit befähigen“ sollen, sind gemäß BBiG anerkennungsfähig. Grund zu einer möglichen Rückzahlung besteht aber nur, wenn die Weiterbildung klar auch im Mitarbeiterinteresse war – und selbst dann nicht in jedem Fall.
Oft gilt kein Anspruch auf Übernahme der Fortbildungskosten
Beschäftigte haben auch keinen Anspruch auf die Übernahme von Fortbildungskosten für eine mit Blick auf neue Aufgaben oder Einsatzgebiete nötige Fortbildung. Selbst dann nicht, wenn ein betriebliches Interesse daran bestünde. Ausnahme: Eine Betriebsvereinbarung oder der Tarifvertrag sieht einen solchen Anspruch vor. Allerdings kann auch aus Sicht des Unternehmens eine zumindest teilweise Übernahme der Fortbildungskosten in diesen und anderen Fällen ein kluger Zug sein, der hilft, Motivation und Know-how der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu steigern. Zusammen mit den Beschäftigten sollten Firmenchefs und -chefinnen die geeigneten Ausbildungsgänge zur Umschulung oder Weiterbildung sorgfältig auswählen. Dann sind die Fortbildungskosten gut investiert. Mit ihrer Anwaltskanzlei sollten Unternehmerinnen und Unternehmer dabei nicht nur alle vertraglichen Details beispielsweise einer Weiterbildungs- und Rückzahlungsvereinbarung besprechen. Sie sollten auch klären, wie sich vermeiden lässt, dass eine arbeitsrechtlich anerkannte betriebliche Übung entsteht. Daraus könnten nämlich künftige Ansprüche dieser oder anderer Beschäftigter erwachsen. So etwas können Fachleute für Arbeitsrecht am besten einschätzen.
Für die Rückzahlung ist eine Rückzahlungsvereinbarung nötig
Unter bestimmten Bedingungen können Unternehmen die Rückzahlung der Fortbildungskosten von Beschäftigten verlangen, die den Betrieb verlassen. Arbeitgeber müssen dafür mit Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern vorab eine Rückzahlungsvereinbarung treffen. Gibt es keine solche Vereinbarung zwischen dem Unternehmen und den Begünstigten einer Fortbildung, können diese Beschäftigten jederzeit kündigen, ohne dabei eine Rückzahlungsforderung fürchten zu müssen. Ganz wichtig: Es reicht für Unternehmen nicht, eine generelle Rückzahlungsvereinbarung anhand von Faustregeln aufzusetzen. Etwa die Fortbildungsdauer in ein irgendwie „angemessenes Verhältnis“ zur Dauer der geforderten Vertragsbindung der Beschäftigten zu setzen. Die Formulierungen sind genau mit einem Anwalt oder einer Anwältin zu besprechen, um einen rechtssicheren Anspruch zu begründen. Aus ihnen muss beispielsweise exakt hervorgehen, aus welchen konkreten Arbeitgeberleistungen sich ein Rückzahlungsanspruch ergibt. Etwa aus bezahlten Freistellungen, Seminargebühren oder Kosten für Ausbildungsmaterialien, die das Unternehmen übernommen hat. Bei der Formulierung sind viele Faktoren aus Sicht der beiden Vertragsparteien zu berücksichtigen.
Die Rückzahlungsvereinbarung sollte sorgfältig formuliert sein
Zunächst sind auch bei einer Rückzahlungsvereinbarung mit Blick auf Fortbildungskosten die generell üblichen Bedingungen zu beachten, unter denen Vereinbarungen überhaupt wirksam sind: Sie
- dürfen nicht an versteckter Stelle auftauche, sonst werden sie gemäß §305c Abs.1 BGB als „überraschende Klauseln“ nicht in den Vertrag einbezogen,
- müssen klar und verständlich formuliert sein, sonst sind sie aufgrund von Unklarheit nach §307 Abs.1 Satz 2 BGB unwirksam, und
- dürfen Beschäftigten im Verhältnis zur empfangenen Vergünstigung keine übermäßig lange Vertragsbindung auferlegen, da dies die Berufsfreiheit nach Art.12 Grundgesetz verletzt und eine „unangemessene Benachteiligung“ gemäß §307 Abs.1 Satz 1, Abs.2 BGB darstellt.
Arbeitsrechtlich sind viele Faktoren abzuwägen
Ohne ausführliche rechtliche Beratung durch eine Kanzlei für Arbeitsrecht fällt beispielsweise die von Unternehmen verlangte Vertragsbindung meistens zu lang aus. Oder der Anteil der vereinbarten Rückzahlung an den entstandenen Gesamtkosten ist viel zu hoch angesetzt. Die Vereinbarung über die Rückzahlung der Fortbildungskosten würde dadurch rechtlich unwirksam und die Rückzahlungsvereinbarung so im Falle einer Kündigung wertlos. Dies kann zum Beispiel passieren, wenn das Unternehmen die Fortbildungskosten übernommen, der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin dafür aber gleichzeitig den gesamten Urlaub oder zahlreiche Wochenenden geopfert hat. Ansprüche auf Rückzahlung resultieren also auch aus einer bezahlten Freistellung. Das sollte neben der Höhe der Fortbildungskosten und der Dauer der Fortbildung also ebenfalls ein wichtiges Gesprächsthema mit der Anwaltskanzlei sein.
Auch Kündigung durch Arbeitnehmer ist keine sichere Sache
Darüber hinaus ist mit Blick auf eine Rückzahlung von Fortbildungskosten immer auch der Grund für die Kündigung zu beachten. Eine überraschende betriebsbedingte Kündigung schließt schonmal eine mögliche Rückzahlung aus – auch trotz vorher geschlossener Rückzahlungsvereinbarung für die Fortbildungskosten. Mit Blick auf die im Grundgesetz gewährte Berufsfreiheit – die auch die freie Wahl des Arbeitsplatzes umfasst – ist außerdem eine Rückzahlung bei Kündigung durch den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin nach Einschätzung von Arbeitsrechtlern durchaus Ermessenssache. Die Rückzahlung nach einer krankheitsbedingten Kündigung dürfte ebenfalls ausscheiden. Und auch vor einer verhaltensbedingten Kündigung sollten Unternehmerinnen und Unternehmer über zuvor gezahlte Fortbildungskosten mit ihrem Anwalt oder ihrer Anwältin sprechen. Doch selbst bei einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers kann die Sachlage so sein, dass das Arbeitsgericht die Kündigung als vom Arbeitgeber (mit-)veranlasst sehen könnte, etwa durch vertragswidriges Verhalten. Eine Rückzahlungsklausel, die solche Fälle nicht berücksichtigt, könnte ebenfalls unwirksam sein. Auch das gilt es mit der Anwaltskanzlei abzuwägen.
Entsprechende Einschränkungen für die Pflicht zur Rückzahlung der Fortbildungskosten bei Kündigung haben das Bundesarbeitsgericht (9AZR383/18) und allgemeiner formuliert kürzlich das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm festgelegt (Az.:1Sa954/20). Rückzahlungsklauseln müssen nach Ansicht des LAG Hamm also Ausnahmeklauseln vorsehen.
Arbeitsrechtskanzlei sollte Rückzahlungsvereinbarung aufsetzen
Eine auf Arbeitsrecht spezialisierte Kanzlei kennt die aus der Rechtsprechung abgeleiteten Faustregeln für eine Höchstbindungsdauer. So veranschlagen Arbeitsrechtler für eine Weiterbildung von bis zu vier Wochen eine Bindungsdauer von nicht über sechs Monaten. Bei zwei Monaten Fortbildung nicht mehr als ein Jahr. Maximal zwei Jahre sind es bei vier Monaten Weiterbildung. Und bei einer sechs- bis zwölfmonatiger Weiterbildung nicht über drei Jahre. Und bei einer Fortbildung über zwei Jahre maximal fünf Jahre Bindungsdauer. Diese Leitlinien hat 2009 das Bundesarbeitsgericht festgelegt. Ob bei der Kündigung ein Anspruch auf Rückzahlung der Fortbildungskosten für das Unternehmen besteht, ergibt sich maßgeblich auch daraus, wie spezifisch die Weiterbildung nutzbar ist. Wenn Beschäftigte nur ein Know-how erwerben, das sie praktisch ausschließlich für den bisherigen Arbeitgeber einsetzen können, ist eine Rückzahlungsklausel kaum möglich. Voraussetzung für die teilweise Rückzahlung der vom Betrieb übernommenen Fortbildungskosten ist, dass die Weiterbildung den Begünstigten einen substanziellen geldwerten Vorteil einbringt.
Folgende Punkte gehören unbedingt in einen Rückzahlungsvertrag:
- die Höhe der Fortbildungskosten, die der Mitarbeiter zurückzahlen muss, wenn er vor Ablauf der vereinbarten Frist kündigt,
- die Länge dieser Frist sowie
- die genauen Modalitäten der Rückzahlung.
Was noch an Faktoren im Detail schriftlich festzuhalten ist, das sollten Unternehmer und Unternehmerinnen ihren Anwalt oder ihre Anwältin ausarbeiten lassen.
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