Organisation & Management

Der Fastenmonat Ramadan geht fast alle Unternehmen an

Betriebe sollten in der Pla­nung den Ra­ma­dan be­ach­ten – das re­li­giö­se Fas­ten kann sich auf die Un­fall­ge­fahr und Leis­tungs­fä­hig­keit aus­wir­ken. Da­her emp­fiehlt es sich, ge­mein­sam mit fas­ten­den Be­schäf­tig­ten nach Lö­sun­gen für Si­cher­heit und Pro­duk­ti­vi­tät zu suchen.

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Ostern ist noch gut einen Monat entfernt, aber die Vorbereitung auf dieses religiöse Fest der Christen läuft schon – die Fastenzeit. So bezeichnen katholische Gläubigen hierzulande den 40-tägigen Zeitraum des Fastens und Betens vor dem Osterfest. Wobei man der Ehrlichkeit halber zugeben muss, dass viele es dann mit der reduzierten Nahrungsaufnahme nicht so genau nehmen. Wirklich rituelles Fasten, das dürften vermutlich nur die wenigsten machen. Ganz anders sieht das auch in Deutschland ab Ende März aus – dann beginnt der Ramadan, die muslimische Fastenzeit. Hier geht es einen Monat lang nicht nur um etwas Verzicht auf Süßigkeiten, Alkohol oder Smartphone-Nutzung, so wie ihn viele während der christlichen Fastenzeit zwischen Aschermittwoch und Gründonnerstag einlegen.

Der Fastenmonat Ramadan geht auch den Arbeitgeber an

Nicht essen und trinken – selbst keinen Speichel schlucken. Weil viele Beschäftigte diese religiösen Regeln auch während ihrer beruflichen Tätigkeit konsequent einhalten, müssen sich Vorgesetzte vorausschauend mit dem Thema beschäftigen, damit die reduzierte Nahrungsaufnahme kein Problem bei der Arbeit wird. Gerade in körperlich belastenden Berufen, so „handwerk magazin“, sollten Unternehmerinnen und Unternehmer die muslimische Fastenzeit in ihre Planungen einbeziehen.

Volle Arbeitspflicht bei beschränkter Leistungsfähigkeit

Natürlich müssen die Beschäftigten ihrem Unternehmen grundsätzlich auch während des Ramadan ihre gesamte Arbeitskraft zur Verfügung stellen. So sieht es das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) prinzipiell vor. Vielen dürfte das aber kaum gelingen. Nicht nur, dass Muslime während des Ramadan den ganzen Tag über nichts zu sich nehmen dürfen – gerade an den ersten Tagen kann dies erfahrungsgemäß zu Befindlichkeitsstörungen führen. Sie leiden außerdem oft auch noch unter Schlafmangel, weil sie nach Sonnenuntergang bis spät in die Nacht zusammen essen und daher meist weniger schlafen als sonst.

Unfallgefahr am Bau, bei Vielfahrern und Maschinenführern

Allen Arbeitgebern sollte klar sein: In diesem Zeitraum – der Ramadan dauert 2023 vom 22. März bis zum 21. April, aber je nach Berechnungsmethode variiert dies leicht – kann sich bei Beschäftigten muslimischen Glaubens vor allem durch körperliche Anstrengung oder Hitze die Konzentrationsfähigkeit verringern, und ihre Leistung kann abfallen. Wer das nicht berücksichtigt, riskiert Arbeitsunfälle oder laugt Beschäftigte eventuell so aus, dass sie krankgeschrieben werden müssen. Weil der Zeitraum des Ramadan wandert, wird dieses Jahr zwar im vergleichsweise kühleren März und April gefastet. Er kann aber auch in einen heissen Juni fallen. Deshalb sollten Vorgesetzte grundsätzlich darüber nachdenken, wie sich die mit dem Ramadan verbundenen Herausforderungen an im Betrieb tätige gläubige Muslime bewältigen lassen. Das gilt insbesondere für körperlich anstrengende Arbeiten etwa am Bau oder Fließband – und mit Blick auf die Unfallgefahr auch für fastende Vielfahrer oder Maschinenführer. Problemlos dürfte der Einsatz im Büro sein.

Schichtplanänderungen im Ramadan den Beschäftigten erklären

Firmenchefs und Firmenchefinnen sollten mit Blick auf den Ramadan rechtzeitig klären, ob fastende Beschäftigte andere Aufgaben übernehmen können. Ob sie punktuell nacharbeiten sollten oder vielleicht Urlaub einreichen. Dafür ist ein persönliches Gespräch unabdingbar. So lässt sich nicht nur am besten eine praktikable Lösung finden und sozialverträglich auch den anderen Beschäftigten erklären, etwa bei erforderlichen Schichtplanänderungen. Das Gespräch ist schon deshalb erforderlich, weil sich nur dadurch herausfinden lässt, wer während des Ramadan wie konsequent fastet. Kopftuch und Religionszugehörigkeit reichen nicht als Indiz. Grundsätzlich sollten solche Gespräche und ganz allgemein der Umgang mit Beschäftigten sowie Kunden von Toleranz und Höflichkeit geprägt sein. Natürlich auch mit Blick auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Toleranz und gute Planung helfen durch den Ramadan

Rechtlich stehen Unternehmen mit Blick auf die Arbeitspflicht der Beschäftigten zwar grundsätzlich gut da. Sie könnten sogar nach anwaltlicher Rücksprache – falls eine bessere Lösung nicht funktioniert – für nicht erbrachte Arbeitsleistung notfalls das Entgelt kürzen. Rechtlich geht das – doch dieses Gürtel-enger-Schnallen für die muslimischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist juristisch umstritten. Auf Vertragserfüllung durch die fastenden Beschäftigten bestehen sollten Unternehmerinnen und Unternehmer besser auch nicht. Abmahnung oder sogar eine personenbedingte Kündigung kommen nicht in Betracht, wenn der Grund für das Leistungshindernis vorübergehend ist, wie typisch beim Ramadan in den Sommermonaten. Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht bereits recht klar für Religionsfreiheit entschieden. (Az.:2AZR636/09). Zudem wäre es in Zeiten des Fachkräftemangels keine gute Idee, sich von ansonsten hoch motivierten und qualifizierten Beschäftigten nur wegen eines kurzzeitigen Leistungsabfalls im Ramadan zu trennen. Toleranz und vorausschauende Planung sind bestimmt die bessere Alternative.

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Midia Nuri

ist Wirtschaftsjournalistin. Sie schreibt vor allem über nutzwertige Unternehmerthemen rund um Betriebsführung oder auch Finanzielles und Steuerliches für verschiedene Branchenzeitschriften, wie etwa den kfz-Betrieb, Die Fleischerei, Der Freie Zahnarzt, Fahrzeug + Karosserie oder auch etwa Das Dachdeckerhandwerk. Außerdem ist sie Chefredakteurin eines Newsletters von BWRMed!a zum Thema Steuern und Bilanzierung. Zu Steuer- und Finanzthemen bloggt und twittert sie derzeit sporadisch unter lady-godiva-blog.de und twitter.com/LadyGodivaBlog.

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