Arbeitsrecht & Soziales

Geringfügig Beschäftigte mit durchdachtem Arbeitsvertrag anheuern

Geringfü­gig Be­schäf­tig­te ver­schaf­fen dem Be­trieb mehr Fle­xi­bi­li­tät und kön­nen die Kos­ten sen­ken – mit ei­nem gut for­mu­lier­ten Ar­beits­ver­trag. Da­mit die Ver­ein­ba­rung Rechts­si­che­rheit bie­tet, soll­te die Steu­er­be­ra­tungs- und/oder An­walts­kanz­lei al­le De­tails prü­fen.

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Für geringfügig Beschäftigte hat das Jahr 2022 durch Gesetzesänderungen und -auslegungen diverse Neuerungen gebracht und hält weitere bereit. So legte beispielsweise ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts fest: Bei Corona-bedingten Schließungen haben geringfügig Beschäftigte keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung. Auch beim Meldeverfahren gegenüber der Minijob-Zentrale gab es Veränderungen. Und die Lohngrenze für Minijobs ist auf 520 Euro gestiegen. Beim Grundsätzlichen dagegen bleibt alles beim Alten. Eine selbstständige Tätigkeit – auch mit einem Kleingewerbe oder als Kleinunternehmer – ist weiter keine geringfügige Beschäftigung. Die Basis für eine geringfügige Beschäftigung bildet stets ein Arbeitsvertrag. Auch Selbstständige dürfen übrigens durchaus zusätzlich eine geringfügige Beschäftigung ausüben und natürlich geringfügig Beschäftigte einstellen. Wie immer sollten Unternehmerinnen und Unternehmer vorher mit ihrer Steuerberatungskanzlei die Vor- und Nachteile diverser Konstellationen von geringfügiger Beschäftigung für den Betrieb besprechen. Auch die nötigen Abgaben und Pflichten für die geringfügig Beschäftigten sollten sie klären. Wichtig sind außerdem die Unterschiede zwischen Minijob und kurzfristiger Beschäftigung.

Für geringfügig Beschäftigte sind Geld oder Zeit maßgeblich

Diese Abgaben fallen auf eine geringfügige Beschäftigung an

Geringfügig Beschäftigte haben für Steuer mehrere Optionen

Geringfügige Beschäftigung auch für Kleinunternehmer

In diese Arbeitgeber-Versicherungen zahlt das Unternehmen

Neue Regelungen rund um Meldung bei der Minijob-Zentrale

Geringfügig Beschäftigte haben teilweise geringere Ansprüche

Geringfügig Beschäftigte brauchen vollwertigen Arbeitsvertrag

Geringfügige Beschäftigung in Betrieb und Haushalt trennen

Für geringfügig Beschäftigte sind Geld oder Zeit maßgeblich

Erst das Grundlegende: Geringfügig Beschäftigte arbeiten immer angestellt – sie sind qua Definition nicht selbstständig. Zu unterscheiden ist dabei zwischen dem Minijob auf 520-Euro-Basis und der sogenannten kurzfristigen Beschäftigung. Der Verdienst für eine geringfügige Beschäftigung im Minijob – egal ob im Kleingewerbe, für einen Kleinunternehmer oder in einem Großbetrieb – beträgt maximal 520 Euro im Monat. Wer mehrere Tätigkeiten gleichzeitig als geringfügige Beschäftigung ausübt, darf in allen Arbeitsverhältnissen zusammen nicht mehr als diese 520 Euro verdienen. Dagegen ist eine sogenannte kurzfristige Beschäftigung von vornherein auf höchstens drei Monate oder 70 Arbeitstage im Jahr begrenzt. Zu berücksichtigen sind hierbei alle kurzfristigen Beschäftigungen innerhalb des Kalenderjahres. Dazu zählen auch jahresübergreifende Beschäftigungen, die von vornherein auf drei Monate oder 70 Arbeitstage befristet sind. Dafür gibt es bei der kurzfristigen Beschäftigung beim Verdienst keine Obergrenze.

Der Arbeitgeber stellt für geringfügig Beschäftigte einen Arbeitsvertrag aus und meldet sie bei der Minijob-Zentrale an. An die führt er zudem die bei einer geringfügigen Beschäftigung für das Unternehmen anfallenden Abgaben sowie teilweise Steuern ab. Bei allen Vorzügen wie etwa mehr Flexibilität oder weniger Abgaben beim Entgelt, die die geringfügige Beschäftigung beliebt machen – es gibt auch Nachteile. Wollen Personalverantwortliche in größeren Betrieben – aber auch Kleinunternehmer oder Selbstständige mit Kleingewerbe – die geringfügige Beschäftigung nutzen, sollten sie das detailliert mit dem Steuerberater oder der Steuerberaterin besprechen. Neues Personal ist eventuell im sogenannten Übergangsbereich – der früheren Gleitzone – besser aufgehoben als in einer geringfügigen Beschäftigung. Vor allem rund um die Abgaben und den Arbeitsvertrag lauert manche Falle. Außerdem ist es empfehlenswert, mit Fachleuten die richtigen Anmeldegründe beziehungsweise -nummern zu klären. Gerade wer wegen Corona-bedingter Einschränkungen oder -Schließungen häufig geringfügig Beschäftigte an- und abmeldet, wählt hier leicht versehentlich die falsche Variante.

Die wichtigsten Informationen zum Thema Übergangsbereich fasst dieses Video zusammen.

Diese Abgaben fallen auf eine geringfügige Beschäftigung an

Es macht einen Unterschied, ob Unternehmen ihre Aushilfen als geringfügig Beschäftigte mit Minijob einsetzen oder als kurzfristig Beschäftigte. Auf 520-Euro-Basis, also im Minijob, fallen für die geringfügige Beschäftigung auf Seiten des Betriebs – egal ob Kleingewerbe, Kleinunternehmer oder Konzern – folgende Abgaben an:

  • 13% Pauschalbeitrag zur Krankenversicherung (KV),
  • 15% Pauschalbeitrag der Arbeitgeber zur Rentenversicherung (RV),
  • 0,9% Umlage 1 (U1) für Krankheitskosten bei mehr als vier Wochen Beschäftigung,
  • 0,29% Umlage 2 (U2) für Schwangerschaftskosten, auch bei männlichen Beschäftigten,
  • 0,09% Insolvenzgeldumlage, sowie
  • ein individueller Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung (UV).

Hinzu kommen 2% Pauschalsteuer an die Minijob-Zentrale. Oder Unternehmen überweisen die individuell für geringfügig Beschäftigte ermittelte Steuer beziehungsweise alternativ eine pauschale Lohnsteuer von 20% ans zuständige Finanzamt.

Bei einer kurzfristigen Beschäftigung sind folgende Umlagen fällig:

  • 0,9% Umlage 1 (U1) für Krankheitskosten bei mehr als vier Wochen Beschäftigung,
  • 0,29% Umlage 2 (U2) für Schwangerschaftskosten, auch bei männlichen Beschäftigten,
  • 0,09% Insolvenzgeldumlage, sowie
  • ein individueller Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung (UV).

Für kurzfristig Beschäftigte gibt es die Möglichkeit zur individuellen Versteuerung in der jeweiligen Steuerklasse oder zur Pauschalversteuerung in Höhe von 25 Prozent. Variante zwei ist an diverse Voraussetzungen geknüpft. Unternehmer und Unternehmerinnen sollten unbedingt darüber mit ihrer Steuerberatungskanzlei sprechen.

Betriebe müssen die Abgaben monatlich der Minijob-Zentrale melden und abführen. Eine eventuell nötige Unbedenklichkeitsbescheinigung für gering Beschäftigte gibt es nur dort. Mit der Anwalts- und/oder Steuerberatungskanzlei sollten Unternehmer und Unternehmerinnen vor Aufsetzen des Arbeitsvertrags klären, welche Fragen wie zu regeln sind, beispielsweise die Pauschalbesteuerung oder eine auf Antrag mögliche Befreiung von der Rentenversicherungspflicht.

Geringfügig Beschäftigte haben für Steuer mehrere Optionen

Die Steuer kann für geringfügig Beschäftigte auf 520-Euro-Basis mit zwei Prozent pauschaliert beglichen werden. Neben der Lohnsteuer sind in der Pauschalsteuer die Kirchensteuer und der Solidaritätszuschlag enthalten. Betriebe können die pauschale Steuer für geringfügig Beschäftigte übernehmen. Alternativ können sie die Lohnsteuer auch individuell über die Lohnsteuerklasse abrechnen. Ist die geringfügige Beschäftigung die einzige angestellte Tätigkeit, gilt eine Steuerklasse zwischen 1 und 5 – je nach persönlicher Situation der Beschäftigten. In Steuerklasse 1 bis 4 fällt dann für eine geringfügige Beschäftigung keine Lohnsteuer an. Allerdings kann es Nachteile bei der gemeinsamen Veranlagung mit dem Ehepartner oder der -partnerin geben. Vor- und Nachteile für die steuerliche Veranlagung sollten geringfügig Beschäftigte mit den jeweiligen Personen besprechen können.

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Geringfügige Beschäftigung auch für Kleinunternehmer

Früher war die geringfügige Beschäftigung rentenversicherungsfrei und ließ sich um eine freiwillige Rentenversicherung aufstocken. Seit 2013 ist es umgekehrt. Sie ist nun grundsätzlich rentenversicherungspflichtig. Minijobber zahlen 3,6% des Entgelts als Rentenversicherungsbeitrag aus eigener Tasche – können aber auf die Rentenversicherungspflicht verzichten. Dann entfallen die Rentenversicherungsbeiträge. Leisten geringfügig Beschäftigte eigene Beiträge zur Rentenversicherung, zählt der Job bei der Rentenberechnung. Weil das Entgelt auf 520 Euro begrenzt ist, entsteht zwar nur ein entsprechend geringer Rentenanspruch. Doch bei den Beitragszeiten findet der Minijob volle Berücksichtigung. Deshalb kann eine zusätzliche rentenversicherungspflichtige geringfügige Beschäftigung für Selbstständige mit Kleingewerbe oder Kleinunternehmer sinnvoll sein, um ihre fehlenden Beitragszeiten aufzufüllen. Beispielsweise können ehemals selbstständig tätige Freiberufler oder Freiberuflerinnen über eine geringfügige Beschäftigung so Zeiten für eine gesetzliche Rentenanwartschaft erwerben. Dieser Ausgleich von Fehlzeiten ist ein großer Vorteil der geringfügigen Beschäftigung. Weitere Vorteile sind das Anrecht auf Gehaltsumwandlung oder Betriebsrente auch für geringfügig Beschäftigte.

Verzicht auf Rentenversicherungspflicht muss dokumentiert sein

Der Verzicht auf die Rentenversicherungspflicht für geringfügig Beschäftigte ist trotz der 2013 eingeführten Rentenversicherungspflicht weiter möglich. Sie müssen ihn aber schriftlich erklären und die mit Datum versehene Erklärung unterschreiben. Das Dokument müssen Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen zu den Lohnunterlagen nehmen – am besten gleich in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag. Zu überlegen wäre, ob der Chef oder die Chefin geringfügig Beschäftigte über die Bedeutung und mögliche Nachteile beim Verzicht auf die Rentenversicherung hinweist. Das ist eine Frage der Fairness und sozialen Verantwortung. Der Verzicht auf die Rentenversicherungspflicht gilt ab dem Monat, in dem die Erklärung vorliegt. Unternehmer und Unternehmerinnen sollten ihren Anwalt oder ihre Anwältin ausführlich dazu befragen, wie sie diese Formalität rechtssicher handhaben, beispielsweise mit einem Personalfragebogen.

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In diese Arbeitgeber-Versicherungen zahlt das Unternehmen

Einen Teil der Abgaben rund um die geringfügige Beschäftigung leistet ausschließlich der Betrieb. Die Umlagebeträge in die Arbeitgeberversicherung bei der Knappschaft Bahn-See, die die Minijob-Zentrale betreibt, finanzieren den Ausgleich betrieblicher Risiken rund um die Lohnfortzahlung und den Schutz für geringfügig beschäftigte Personen im Falle von Mutterschaft oder Krankheit:

  • U1: Arbeitgeberaufwendungen bei Krankheit in Höhe von 0,9%
  • U2: Arbeitgeberaufwendungen bei Mutterschaft in Höhe von 0,29%

Umlage 1 ist nur für Betriebe mit bis zu 30 Vollzeit-Beschäftigten Pflicht. Umlage 2 müssen alle Unternehmen für geringfügig Beschäftigte bezahlen, unabhängig von der Betriebsgröße.

Neue Regelungen rund um Meldung bei der Minijob-Zentrale

Seit Anfang 2022 müssen Unternehmen der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See bei der Meldung für geringfügig Beschäftigte auch die Steuer-Identifikationsnummer übermitteln. Dies gilt unabhängig davon, ob sie den Job pauschal oder individuell nach Lohnsteuerklasse abrechnen. Auch die Art der Versteuerung müssen Unternehmen übermitteln. Ist die Steuer-Identifikationsnummer nicht einer vorherigen Lohnsteuerbescheinigung oder einem Einkommensteuerbescheid zu entnehmen, hilft ein Blick ins Schreiben des Bundeszentralamts für Steuern. Das haben alle Bürgerinnen und Bürger bei der erstmaligen Vergabe der Nummer in Form einer Benachrichtigung oder durch ein Schreiben vom Finanzamt im Herbst 2011 erhalten. Ist diese Information nicht zur Hand, können Firmenchefinnen oder -chefs für geringfügig Beschäftigte über die gespeicherten elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) die Nummer erfahren. Ist die Steuer-ID noch nicht erteilt, können angehende kurzfristig Beschäftigte diese auf der Seite des Bundeszentralamts für Steuern beantragen. Ebenfalls angeben müssen Unternehmen neuerdings, wie geringfügig beschäftigte Aushilfen für die Dauer ihrer Beschäftigung krankenversichert sind.

Wer kurzfristig Beschäftigte bei der Minijob-Zentrale anmelden will, soll nun außerdem eine unverzügliche Rückmeldung erhalten, ob zum Zeitpunkt der Anmeldung der Aushilfe weitere kurzfristige Beschäftigungen bestehen oder im laufenden Kalenderjahr bestanden haben.

Geringfügig Beschäftigte haben teilweise geringere Ansprüche

Geringfügig beschäftigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben wie regulär Beschäftigte einen Anspruch auf Urlaub, Mutterschutz oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Auch im Insolvenzfall gehen sie nicht leer aus. Dafür zahlen die Unternehmen eine Umlage in Arbeitgeberversicherungen der Knappschaft Bahn-See ein. Zumindest eine gewisse zusätzliche finanzielle Belastung entsteht ihnen also auch hier durch die geringfügige Beschäftigung, egal ob Kleingewerbe, Kleinunternehmer oder Großbetrieb. Die Corona-Pandemie hat allerdings jüngst Grenzen für das Betriebsrisiko aufgezeigt, das Unternehmen für geringfügig Beschäftigte tragen. Bei Corona-bedingten Schließungen hätten geringfügig Beschäftigte keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung (Az.:5AZR211/21), urteilte das Bundesarbeitsgericht kürzlich.

Bundesarbeitsgericht entlastet Unternehmen bei der Pandemie

In entschiedenen Fall hatte eine kurzfristig Beschäftigte ihren Arbeitgeber auf Zahlung des Entgelts für April 2020 verklagt. Wegen des bundesweiten Shutdowns durfte sie in diesem Monat nicht im Ladengeschäft stehen. Die Vorinstanzen hatten der Frau noch Recht gegeben. Doch vor dem Bundesarbeitsgericht endete die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision mit einem Erfolg für das Unternehmen. Es muss für eine geringfügige Beschäftigung nicht den Entgeltausfall ersetzen, wenn dieser durch eine Allgemeinverfügung verursacht wird, so die obersten Richterinnen und Richter. Grund der Schließung sei ein hoheitlicher Eingriff zur Bekämpfung einer die Gesellschaft insgesamt treffenden Gefahrenlage gewesen. Den Ausgleich hierfür zu schaffen, sei Sache des Staates. Dass geringfügig Beschäftigte beispielsweise keinen Anspruch auf erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld haben, führen das Gericht auf Lücken im sozialversicherungsrechtlichen Regelungssystem zurück. Die zu schließen sei nicht Sache der Betriebe. Eine arbeitsrechtliche Zahlungspflicht des beschäftigenden Unternehmens lässt sich daraus nicht herleiten, so das höchstrichterliche Urteil.

Hörbar Steuern – Der DATEV-Podcast
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Minijobber sind in vielen Branchen als Aushilfen unterwegs. Was die neuen Verdienstgrenzen, die Koppelung an den Mindestlohn und das Nachweisgesetz für sie und ihre Arbeitgeber bedeuten – darum geht es in Folge #116 Minijobs: was vom Gelde übrigblieb von Hörbar Steuern – Der DATEV-Podcast.

Geringfügig Beschäftigte brauchen vollwertigen Arbeitsvertrag

Unternehmerinnen und Unternehmer sollten mit der Anwältin oder dem Anwalt auch für geringfügig Beschäftigte schriftlich einen durchdachten Arbeitsvertrag aufsetzen und zur Unterschrift aushändigen. Darin sollte einiges sogar konkreter geregelt sein als für eine reguläre Beschäftigung. So ist einer der Nachteile bei der geringfügigen Beschäftigung im Minijob, dass Aushilfen durch weitere Jobs bei ihrem Gehalt in der Addition die Geringfügigkeitsgrenze überschreiten könnten. Das darf bei der Arbeit auf 520-Euro-Basis aber nur ausnahmeweise passieren. In Ordnung gehen kann etwa eine unvorhersehbare Krankheitsvertretung, nicht aber eine planbare Urlaubsvertretung. Auch durch die Addition von Paralleljobs oder saisonal bedingte Auftragsspitzen dürfen geringfügig Beschäftigte nicht die Geringfügigkeitsgrenze überschreiten. Sonst kann es bei einer späteren Betriebsprüfung zu Nachforderungen durch die Sozialkassen gegen den Arbeitgeber kommen.

Unter anderem deshalb sollte der Arbeitsvertrag für die geringfügige Beschäftigung zwingend die vereinbarte Arbeitszeit enthalten – anders als bei Teilzeitkräften über der Geringfügigkeitsgrenze. Sonst katapultieren auch gesetzliche Regelungen die Vertragspartner womöglich ungewollt über die Geringfügigkeitsgrenze. Grund sind die unter gewissen Bedingungen unterstellten Regelarbeitszeiten in Kombination mit Mindestlöhnen, die Arbeitgeber auch für geringfügig Beschäftigte einhalten müssen. Und bei der kurzfristigen Beschäftigung ist genau darauf zu achten, dass die Höchstzahl an Arbeitstagen eingehalten wird.

Unternehmen dürfen nicht zu wenig Stundenlohn zahlen

Mit Blick auf die Mindestlöhne müssen Unternehmen aufpassen. Es lohnt sich, jeden bestehenden Arbeitsvertrag für geringfügig Beschäftigte regelmäßig zu prüfen, um Arbeitszeiten gegebenenfalls rechtzeitig nach unten anpassen. Der gesetzliche Mindestlohn liegt seit Oktober 2022 bei einem Stundensatz von zwölf Euro. Damit einher gegangen ist die Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze von 450 Euro auf 520 Euro. Unterschreiten dürfen Unternehmen die gesetzlichen beziehungsweise tariflichen Mindestlöhne nicht, um die Geringfügigkeitsgrenze bei 520-Euro-Jobs einzuhalten. Beim aktuellen Mindestlohn von zwölf Euro ist für geringfügig Beschäftigte die neue Verdienstobergrenze für die geringfügige Beschäftigung 43,3 Stunden im Monat – egal ob im Kleingewerbe, beim Kleinunternehmer oder im Großbetrieb. Zudem müssen Unternehmen auf die Phantomlohnfalle achten.

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Der Arbeitsvertrag sollte auch Informationspflichten regeln

Natürlich müssen Unternehmerinnen und Unternehmer wissen, ob geringfügig Beschäftigte im laufenden Kalenderjahr eine weitere geringfügige Beschäftigung haben oder hatten. Daher sollte die Anwältin oder der Anwalt sicherstellen, dass der Arbeitsvertrag die nötigen Informationspflichten auch in einem länger laufenden Arbeitsverhältnis festlegt. Etwa die Pflicht, dass Beschäftigte ungefragt über erst nach ihrem Tätigkeitsbeginn aufgenommene Aushilfs- oder kurzfristige Beschäftigungen zu informieren haben. Regeln hierfür sollten ebenfalls im Arbeitsvertrag stehen.

Geringfügige Beschäftigung in Betrieb und Haushalt trennen

Eine wichtige Falle rund um geringfügig beschäftigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt es im Privatbereich. Chefinnen und Chefs können natürlich Angehörige oder Partner für eine geringfügige Beschäftigung gewinnen. Doch dann wird das Thema Fremdvergleich relevant. Deshalb ist über solche Vertragsangelegenheiten immer mit der Steuerberatungs- und Anwaltskanzlei zu sprechen – auch bei der kurzfristigen Beschäftigung. Beratungsbedarf besteht zudem, wenn man eine geringfügige Beschäftigung zusätzlich im Privathaushalt anbieten will. Die Verträge hierfür sollten getrennt vom Betrieb sein, denn für gewerbliche und in Privathaushalten beschäftigte 520-Euro-Jobber gelten unterschiedliche Regeln. Es mag beispielsweise praktisch anmuten, dass geringfügig Beschäftigte nach der Reinigung der Kanzlei- oder Praxisräume gleich auch noch die angrenzenden Privaträume säubern. Und die geringfügige Beschäftigung ist flexibler als ein Vertrag für Kleinunternehmer oder Selbstständige mit Kleingewerbe. Doch Unternehmerinnen und Unternehmer sollten sich beraten lassen, wie sie solche Fälle rechtssicher machen. Die gleichen Personen im Unternehmen und privat als geringfügig Beschäftigte einzusetzen, verursacht sonst rasch Probleme.

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Midia Nuri

ist Wirtschaftsjournalistin. Sie schreibt vor allem über nutzwertige Unternehmerthemen rund um Betriebsführung oder auch Finanzielles und Steuerliches für verschiedene Branchenzeitschriften, wie etwa den kfz-Betrieb, Die Fleischerei, Der Freie Zahnarzt, Fahrzeug + Karosserie oder auch etwa Das Dachdeckerhandwerk. Außerdem ist sie Chefredakteurin eines Newsletters von BWRMed!a zum Thema Steuern und Bilanzierung. Zu Steuer- und Finanzthemen bloggt und twittert sie derzeit sporadisch unter lady-godiva-blog.de und twitter.com/LadyGodivaBlog.

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