Steuern & Abgaben

Zuschläge richtig berechnen und Phantomlohn vermeiden

Offiziell zustehender, nicht aus­ge­zahl­ter Lohn ver­ur­sacht für die So­zial­ver­si­che­rung ei­nen Phan­tom­lohn. Den gilt es zu ver­mei­den. Denn sonst ver­lan­gen die So­zial­kas­sen die ih­nen zu­ste­hen­den Ab­ga­ben auf der Ba­sis von fik­ti­ven Zah­lun­gen, die nicht geflossen sind.

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Nicht nur die jüngsten Änderungen bei staatlich vorgegebener Lohnuntergrenze oder geringfügiger Beschäftigung haben Unternehmerinnen und Unternehmern einen guten Grund gegeben, beim Gespräch in der Steuerberatungskanzlei ein wichtiges Thema aufzugreifen. Zum sogenannten Phantomlohn können neben Gesetzesänderungen nämlich auch Urteile neue Risiken bergen, die es mit Fachleuten zu klären gilt. Der Begriff Phantomlohnfalle bezeichnet die Herausforderung, beim Ermitteln der Steuern und Abgaben zwischen gezahltem und geschuldetem Lohn zu unterscheiden. Steuerzahlungen ergeben sich aus dem Geld, das Beschäftigten tatsächlich zufließt, nicht ausgezahlter Lohn bleibt hierbei unberücksichtigt. Sozialversicherungsbeiträge dagegen auch aus dem, was ihnen aufgrund gesetzlicher oder tariflicher Regelungen grundsätzlich zustände. Die Sozialversicherung kann beim Berechnen ihrer Forderungen zum Beispiel auch offiziell vorgesehene Zuschläge einbeziehen, die nicht gezahlt wurden – das ist der Phantomlohn. Es gibt viele Beispiele, wann ein Phantomlohn entstehen kann, etwa im Minijob. Deshalb sollten Unternehmen mit der Steuerberatungskanzlei regelmäßig klären, ob sie alles tun, um einen Phantomlohn zu vermeiden.

Wer das Thema Phantomlohn nicht ernst nimmt, läuft Gefahr, nach der nächsten Betriebsprüfung eine teure Quittung zu erhalten. Sollten die Prüferinnen und Prüfer der Sozialversicherung nämlich feststellen, dass ein Unternehmen den Beschäftigten ein ihnen aufgrund gesetzlicher oder tariflicher Regelungen grundsätzlich zustehendes Entgelt nicht ausgezahlt und so darauf keine Sozialabgaben abgeführt hat, ist eine Nachzahlung eventuell erheblicher Beiträge zur Sozialversicherung fällig. Dabei hat der Betrieb sowohl den Arbeitgeber- als auch den Arbeitnehmeranteil zu tragen. Schlimmstenfalls, also bei Vorsatz über einen längeren Zeitraum hinweg, könnte bei falschen Meldungen an die Sozialversicherung sogar ein Strafverfahren drohen.

So entsteht Phantomlohn in der Sozialversicherung

Beispiele für Phantomlohn: Gefahr beim Minijob

Phantomlohn vermeiden, Phantomlohnfalle entgehen

So entsteht Phantomlohn in der Sozialversicherung

Grundsätzlich gilt im Sozialversicherungsrecht das sogenannte Entstehungsprinzip. Weil die Sozialversicherung beim Berechnen ihrer Forderung nicht vom tatsächlich gezahlten Arbeitsentgelt ausgeht, sondern von jenen Summen, die den Beschäftigten aufgrund gesetzlicher oder tariflicher Regelungen quasi offiziell zustehen, selbst wenn dadurch gar nicht ausgezahlter Lohn das Ermitteln der Sozialabgaben beeinflusst, ergibt sich ein Phantomlohn. Diese Phantomlohnfalle droht nur bei den Sozialabgaben. Im Steuerrecht herrscht dagegen das sogenannte Zuflussprinzip, die Steuern berechnen sich also aus dem tatsächlich gezahlten Lohn oder Gehalt. Wer vermeiden will, dass ein Phantomlohn entsteht, muss alle Entgeltbestandteile auszahlen, auf die Beschäftigte einen Rechtsanspruch haben. Passiert zum Beispiel beim Berechnen bestimmter Zuschläge ein Fehler und wird weniger Lohn überwiesen, als gesetzlich vorgeschrieben, entsteht möglicherweise Phantomlohn. Diverse Beispiele zeigen, dass Phantomlohn in verschiedenen Fällen entstehen kann, vom Minijob bis zum Mutterschutz. Und natürlich können neue Urteile dem Thema Phantomlohn jederzeit weitere Facetten hinzufügen sowie möglicherweise zur Neubeantwortung vermeintlich gelöster Fragen führen.

Urteile können neue Basis für Phantomlohn schaffen

Passiert ist das zum Beispiel, als das Bundessozialgericht 2021 die Liste der Urteile zum Phantomlohn um eine Entscheidung verlängerte und die gängige Rechtsauffassung veränderte, so dass seit 2022 punktuell andere Kriterien gelten. Dabei ging es um das sogenannte beitragsrechtliche Zusätzlichkeitserfordernis. Dahinter steht die Frage, ob aus einem arbeitsrechtlich zulässigen, ernsthaft gewollten sowie nicht nur vorübergehend und auf künftig fällig werdende Bestandteile des Arbeitsentgelts gerichteten Entgeldverzicht oder einer Entgeltumwandlung auch Beitragsfreiheit folgt. Konkret hatte ein Unternehmen per Entgeltverzicht der Beschäftigten deren monatliches Gehalt um 249 bis 640 Euro reduziert. Die Bruttovergütung in den Personalunterlagen blieb unverändert, als Basis künftiger Gehaltsansprüche wie „Lohnerhöhungen, Prämienzahlungen, Urlaubsgeld, Ergebnisbeteiligung oder Abfindungsansprüche.“ Dafür erhielten die Beschäftigten verschiedene, nicht unter den Freiwilligkeitsvorbehalt fallende Leistungen, etwa Tankgutscheine im Wert von 40 Euro pro Monat. Das Bundessozialgericht übernahm die Sichtweise der Sozialversicherung, dadurch entstehe ein Phantomlohn. Denn die Tankgutscheine seien ein Ersatz für den Lohnverzicht und damit beitragspflichtiges Arbeitsentgelt.

Nicht ausgezahlter Lohn – Thema der Sozialversicherung

Wer mit solchen Konstruktionen liebäugelt, sollte sie immer von der Steuerberatungskanzlei prüfen lassen, denn es kommt auf die Details an. Einerseits sind die Merkmale zur Erfüllung des Zusätzlichkeitserfordernisses nämlich im Steuerrecht und im Beitragsrecht nicht automatisch völlig deckungsgleich. Hier ist also stets eine Einzelfallprüfung sinnvoll. Andererseits gibt es auch bei der Sozialversicherung durchaus Ausnahmen vom Entstehungsprinzip, durch das es normalerweise zum Phantomlohn kommt. Nicht ausgezahlter Lohn in Form einer ausgefallenen Einmalzahlung nämlich lässt sich durch die Sozialversicherung nicht als Phantomlohn berechnen. Hier können die Unternehmen den Phantomlohn vermeiden, weil bei einem einmalig gezahlten Entgelt auch in der Sozialversicherung das Zuflussprinzip gilt. Wie genau Einmalzahlungen oder andere Leistungen für Beschäftigte aussehen sollten, um der Phantomlohnfalle möglichst zu entgehen, ist ein Thema für die Steuerberaterin oder den Steuerberater.

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Beispiele für Phantomlohn: Gefahr beim Minijob

In welchem Zusammenhang die Sozialversicherung einen Phantomlohn berechnen könnte, den das Unternehmen eigentlich vermeiden will, dafür gibt es diverse Beispiele. Vor allem droht die Gefahr, in die Phantomlohnfalle zu tappen, bei

  • der geringfügigen Beschäftigung auf Stundenbasis in einem Minijob,
  • flexiblen Arbeitszeitregelungen auf Abruf,
  • der Berücksichtigung von Zusatzleistungen beim Lohn,
  • einem möglichen Lohnverzicht durch Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter,
  • dem Auszahlen von Urlaubsentgelt,
  • der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall,
  • Lohnveränderungen etwa durch ein Beschäftigungsverbot wegen Mutterschutz sowie
  • aus dem Betrieb ausscheidenden Beschäftigten mit Restansprüchen.

In allen diesen Fällen kann nicht ausgezahlter Lohn entstehen, auf den jemand eigentlich einen Anspruch hat, und damit ein Phantomlohn. Nur durch Rücksprache mit der Steuerberatungskanzlei können Unternehmerinnen und Unternehmer klären, ob sie Gefahr laufen, in der Phantomlohnfalle zu landen.

Phantomlohn droht ins­be­son­dere beim Mi­ni­job auf Abruf

Hoch ist das Risiko, dass die Sozialversicherung einen Phantomlohn berechnen könnte, gerade beim Minijob auf Abruf. Diese Phantomlohnfalle schuf ab 2019 eine Änderung im Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG): „Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart.“ Zuvor waren es nur zehn Stunden. Damit hat sich die sozialversicherungsrechtliche Standard-Arbeitszeit im TzBfG-Geltungsbereich verdoppelt. Wer im Minijob auf Abruf ohne schriftliche Vereinbarung weniger im Einsatz ist, leistet aus Sicht der Sozialversicherung 20 Wochenstunden, macht bei rechnerisch 4,33 Wochen pro Monat mal 12 Euro Mindestlohn einen Monatslohn von 1.039,20 Euro. Dann fordert die Sozialversicherung trotz weniger Arbeit und bei deutlich unter 520 Euro Monatslohn hohe Sozialversicherungsbeiträge vom Betrieb, weil nicht ausgezahlter Lohn den Phantomlohn verursacht hat. Außerdem führt der Phantomlohn beim Minijob meistens dazu, dass dessen allgemeine Vorteile wegen Überschreitung der 520-Euro-Grenze wegfallen und dem Unternehmen weitere Nachzahlungen drohen, wie Beispiele zeigen.

Auch bei Teil­zeit­ar­bei­t droht eine Phan­tom­lohnfalle

Unangenehme Konsequenzen drohen Unternehmen durch weitere Punkte im geänderten Teilzeitgesetz auch generell bei Verträgen über Teilzeitarbeit. Sie können aktuell zwar eine wöchentliche Mindest- oder Höchstarbeitszeit vereinbaren, davon allerdings weniger stark abweichen als früher. Bei einer Mindestarbeitszeit dürfen Arbeitgeber maximal 25 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit zusätzlich abrufen, bei einer Höchstarbeitszeit nur bis zu 20 Prozent weniger in Anspruch nehmen. Für jede Teilzeitvereinbarung ist genau zu prüfen, mit welcher Stundenzahl oder Vertragskonstruktion das Unternehmen vermeiden kann, dass ein Phantomlohn entsteht. Man könnte etwa für ausreichende organisatorische Flexibilität sicherheitshalber nach oben eine Höchstarbeitszeit von 25 Stunden vereinbaren und regelmäßig nur 15 Stunden abrufen. Aber selbst wenn die Beschäftigten damit zufrieden wären, weil sie sowieso nicht länger kommen wollen, berechnen sich die Forderungen der Sozialversicherung dann auf der Basis von 20 Arbeitsstunden pro Woche – schon verursacht nach dieser Sichtweise nicht ausgezahlter Lohn, der den Beschäftigten grundsätzlich zustände, einen schmerzhaften Phantomlohn, die Phantomlohnfalle hat zugeschnappt.

Weitere für das Berechnen von Phantomlohn

Auch bei anderen Leistungen eines Unternehmens an seine Beschäftigten findet die Sozialversicherung häufig Ansatzpunkte, um einen Phantomlohn zu berechnen, indem nicht ausgezahlter Lohn in ihre Kalkulation einfließt. Denn abseits von Minijob oder Teilzeitarbeit gibt es weitere Beispiele, wie auch in einem regulären Arbeitsverhältnis ein Phantomlohn entstehen kann.

  • Das Urlaubsentgelt ist eine gängige Phantomlohnfalle, obwohl sich Phantomlohn hier eigentlich leicht vermeiden ließe. Problem ist der Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen vor dem Urlaub, aus dem sich die Zahlung ohne andere Vereinbarung errechnet. Dazu gehören auch Provisionen, Feiertags-, Nacht- und Sonntagszuschläge sowie Erschwernis- und Gefahrenzulagen. Wer sie vergisst, produziert aus Sicht der Sozialversicherung einen Phantomlohn.
  • Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall berechnen Unternehmen anhand der Vergütung der letzten zwölf Monate – und schaffen auch hier manchmal einen Phantomlohn. Denn beim Berechnen spielen Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit zum Beispiel ebenso eine Rolle wie Prämien, Provisionen und Sachbezüge, ohne ihre Berücksichtigung entsteht ein Phantomlohn.
  • Ein Beschäftigungsverbot gemäß Mutterschutzgesetz (MuSchG) kann sich aus ähnlichen Gründen wie bei der Lohnfortzahlung auf die Berechnung des Lohns auswirken und bei Fehlern zu einem Phantomlohn führen.
  • Ein Lohnverzicht birgt ebenfalls das Risiko, aus Sicht der Sozialversicherung einen Phantomlohn entstehen zu lassen, den sie beim Berechnen der Sozialabgaben als Basis nimmt. Wer dem Unternehmen in einer schwierigen Lage auf diesem Weg eine Kostensenkung ermöglichen will, sollte dies nur nach Rücksprache mit Fachleuten tun.
  • Jede Kündigung birgt das Risiko einer Phantomlohnfalle, sobald Aufhebungsverträge geschlossen oder bestimmte Ansprüche verrechnet beziehungsweise abgegolten werden sollen. Es kann passieren, dass scheidende Beschäftigte auf das ihnen zustehende Arbeitsentgelt verzichten und ein nicht ausgezahlter Lohn so zum Phantomlohn wird, auf den das Unternehmen dann Beiträge an die Sozialversicherung abführen muss.

Phantomlohn vermeiden, Phantomlohnfalle entgehen

Die Phantomlohnfalle kann teuer werden. Deshalb sollten Unternehmen unbedingt vermeiden, dass nicht ausgezahlter Lohn der Sozialversicherung einen Grund gibt, die Sozialabgaben mit Verweis auf einen Phantomlohn anders zu berechnen als die Personalabteilung – zum Beispiel wegen übersehener Zuschläge oder mehr anzusetzender Stunden im Minijob auf Abruf. Wichtig hierbei: die Rücksprache mit der Steuerberatungskanzlei, welche Faktoren im Einzelfall beeinflussen, ob von einem Phantomlohn auszugehen ist. Im Fokus stehen sollten dabei nicht nur Gesetze oder Urteile zum Phantomlohn. Sondern auch tarifliche Regelungen, deren Vorgaben wichtig für die Entscheidung sein können, ob konkret nicht ausgezahlter Lohn entstanden ist.

Sollte sich herausstellen, dass das Unternehmen ein Problem mit Phantomlohn haben könnte, sind Verhandlungen mit den Beschäftigten über einen rückwirkenden Verzicht auf Lohnansprüche keine Alternative. Solche Vereinbarungen reduzieren nicht die Beitragsforderung der Sozialversicherung, denn der Beitragsanspruch ist bereits entstanden. Rasche Nachzahlungen in enger Abstimmung mit der Steuerberatungskanzlei wären vermutlich die beste Reaktion.

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Frank Wiercks

ist Mitglied der Redaktion von TRIALOG, dem Unternehmermagazin für Mittelständler, Selbständige und Freiberufler. Außerdem arbeitet er für verschiedene Wirtschafts- und Managementmagazine. Zuvor war er unter anderem Chefredakteur von handwerk magazin und Markt und Mittelstand.

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