Mal ehrlich: Ist „Digitale Transformation im Mittelstand“ inzwischen nicht eine Allzweck-Überschrift, die Beiträge zu so ziemlich jedem Thema einleiten kann? Das mag tatsächlich manchmal so scheinen. Andererseits sollten Firmenchefs zurecht in jedem passenden Zusammenhang motiviert werden, sich umfassend mit dem Einsatz neuer digitaler Technologien zu beschäftigen. Denn was ist die Alternative? Ob Unternehmer es wollen oder nicht, sie müssen sich dem Thema öffnen. Wer glaubt, er könne die digitale Transformation im Mittelstand aussitzen, wird einen Großteil seiner Bestandskunden an aufgeschlossenere Wettbewerber verlieren. Und sicher keine jungen, technikaffinen Neukunden gewinnen. Die wachsen nämlich mit sozialen Medien sowie digitalen Technologien auf. Und haben deshalb mit Blick auf deren kunden- oder mitarbeiterorientierten Einsatz hohe Erwartungen an Unternehmen. Aus gutem Grund ging es an dieser Stelle schon darum, dass Digitalisierung am Arbeitsplatz viele Facetten hat.Oder darum, dass zum digitalen Wandel der Aufbau eines digitalen Wertegerüsts gehört, damit Firmenchefs nicht die Orientierung verlieren.
Unternehmer müssen für jede Anregung offen sein
Letztlich muss jeder Unternehmer seinen eigenen Weg zum Erfolg finden. Das gilt auch für die digitale Transformation im Mittelstand. Gerade bei einer so facettenreichen Thematik kann es jedoch nicht schaden, von möglichst vielen Anregungen aus verschiedenen Richtungen zu profitieren. Von Wünschen potenzieller Kunden, Erfahrungen anderer Firmenchefs, neuen Konzepten aus Wissenschaft oder Forschung, Beratung oder Politik. Insbesondere dem Austausch mit Praktikern und Vordenkern dienen Konferenzen wie der „Wirtschaftsgipfel“ in Berlin. Dort dreht sich dieses Jahr vieles, wenn auch nicht alles, um die Digitalisierung. Unter anderem im Panel „Wie gelingt dem Mittelstand die digitale Transformation?“ Und herausragende Start-ups konkurrieren mit faszinierenden Ideen um einen Platz auf dem Podest beim Wettbewerb „Gipfelstürmer“. Wenig überraschend geht es auch dabei viel um Digitalisierung: Sie eröffnet die Chance, mit innovativen Geschäftsmodellen oder Produkten ganz neue Kundengruppen anzusprechen. Nicht ohne Grund war auch hier schon die Forderung zu lesen, es brauche in Deutschland mehr digitalen Gründergeist.
Das ist in diesem Jahr das Motto des SZ-Wirtschaftsgipfels vom 11. bis 13. November 2019 in Berlin. Denn in einer Welt, die immer mehr zerfällt, ist Zusammenhalt wichtiger denn je. Gemeinsam gilt es, die Digitalisierung und die Umbrüche im Welthandel zu meistern. Von besonderem Interesse dürfte die Diskussion „Wie gelingt dem Mittelstand die digitale Transformation?“ sein, an der auch Dr. Robert Mayr, Vorstandsvorsitzender der DATEV eG, teilnimmt.
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Digitale Transformation im Mittelstand geht jeden an
Digitale Transformation im Mittelstand ist allerdings keine Sache junger Gründer in Technologiefirmen. Auch traditionsreiche Handwerksbetriebe in vermeintlich wenig digitalen Branchen können Maßstäbe setzen. Etwa der Zimmerer, dessen selbstentwickelte Datenbank den Service und die Kundenorientierung verbessert. Er kann bessere und individuellere Leistungen erbringen, berichtet er im TRIALOG-Video – und die Auftraggeber begeistern. Dies Beispiel zeigt, wie sehr digitale Transformation im Mittelstand an Fantasie und Engagements des Firmenchefs hängt. Wer sich bewusst des Themas annimmt, findet schnell seine Nische. Wer sich vom allgemeinen Trend getrieben fühlt, tut sich damit schwer. Diese „Psychologie der Digitalisierung“ hat die Innovation Alliance untersucht, ein Netzwerk von zwölf Technologieunternehmen. Wesentliche Ergebnisse: Rund die Hälfte der Mittelständler steht am Beginn des Weges. Nur gut jeder Zehnte meint, er hätte bereits die Hälfte des Weges zur Digitalisierung geschafft. Drei Viertel der Befragten halten Digitalisierung für eine rationale Pflichtveranstaltung, fast die Hälfte sieht darin ein Wagnis, jeder Dritte empfindet Angst.
Digitale Transformation im Mittelstand scheint vielen zu teuer
Ein Grund für diese Angst mag darin liegen, dass digitale Transformation im Mittelstand mit Investitionen in Technologie verbunden ist. Und mit Kosten zur Schulung jener Beschäftigen, die mit neuer Hard- oder Software arbeiten sollen. Laut „Finanzierungsmonitor 2019“ fürchten zwei von drei Mittelständlern, das überfordere ihren Betrieb finanziell. Vor allem Dienstleister sind beunruhigt, fast drei Viertel befürchten einen Engpass bei der Versorgung mit Kapital. Laut einer Untersuchung der Förderbank KfW hat erst jeder dritte Mittelständler sein Geld in den Einsatz verbesserter oder neuer digitaler Technologie gesteckt. Bei vielen sind deshalb selbst grundlegende digitale Anwendungen unterdurchschnittlich verbreitet. Nur knapp ein Fünftel der Mittelständler gilt als Vorreiter. Für die nächsten zwei Jahren plant kaum jeder zweite Firmenchef fest ein Digitalisierungsvorhaben. Ein Viertel schließt solche Investitionen sogar ganz aus. Dabei finden sich in der Förderdatenbank viele Programme zur finanziellen Unterstützung. Und es gibt umfassende Informationen zum Thema in Form von Broschüren und im Internet.
Digitale Transformation im Mittelstand wird Dauerzustand
Vermutlich wären Firmenchefs gut beraten, die digitale Transformation im Mittelstand so strukturiert anzugehen, wie drei Experten in einem Aufsatz skizzieren: Der BWL-Professor Stefan Wengler, der Marketing-Professor Ulrich Vossebein und Gabriele Hildmann, Expertin für strategisches Marketing, Innovationsmanagement und Vertrieb, geben unter der Überschrift „Digitale Transformation im Mittelstand – den richtigen Einstieg finden“ Folgendes zu bedenken:
Der Geschäftstyp setzt den Rahmen: Beim Einstieg in die digitale Transformation ist es von grundsätzlicher Bedeutung, sich seines Geschäftstyps bewusst zu sein – ob man im Produkt-, Projekt- oder Beziehungsgeschäft ist, beeinflusst die Investitionsplanung.
Die drei Ebenen der Digitalisierung: Im ersten Schritt sollte jede Abteilung für sich digitalisieren. Im zweiten Schritt sollten sich die Abteilungen übergreifend vernetzen. Erst dann ist das Unternehmen bereit für die unternehmensübergreifende Vernetzung mit Lieferanten, Partnern und Kunden.
Digitale Transformation ist ein Dauerzustand: Bislang haben Unternehmer bei allem Verständnis für die Notwendigkeit der Digitalisierung versucht, die Störungen des eigenen Geschäftsprozesses möglichst gering zu halten. Künftig müssen umfangreiche Ressourcen nicht nur im Projektstatus, sondern dauerhaft bereitgestellt werden.
Individuelle Geschäftsprozesse zur Wettbewerbsdifferenzierung: Unternehmer müssen die Überstandardisierung der Prozesse vermeiden und weiter auf sinnvolle Individualisierung setzen.