Unternehmen & Wettbewerb

Lieferkettengesetz verpflichtet Betriebe in Deutschland auf Menschenrechte

Erste Unternehmen in Deutsch­land müs­sen laut Lie­fer­ket­ten­ge­setz ab 2023 bei Lie­fe­ran­ten welt­weit die Ein­hal­tung der Men­schen­rech­te prü­fen. Wer be­trof­fen ist, wie die Prü­fung läuft und wel­che Nach­wei­se ge­for­dert sind, klärt ein Ge­spräch mit der An­walts­kanzlei.

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Pandemiebedingte Engpässe bei Handys, Spielekonsolen oder Autos belegen, dass Lieferketten global vernetzt sind. Aber schon früher haben Gerichtsverfahren gezeigt, wie eingebunden selbst hiesige Mittelständler in internationale Vorgaben für Arbeits- oder Umweltschutz sowie Menschenrechte sind. Ein deutscher Textildiscounter etwa, der nach pakistanischem Recht wegen Verstößen gegen Arbeitssicherheitsrichtlinien angeklagt war – ein Urteil unterblieb nur wegen Verjährung. Zwar ist das Umsetzen internationalen Rechts mit Blick auf die Compliance längst notwendig. Doch nach Abwägung des Pro und Kontra in Sachen Lieferkettengesetz und teils lautstarker Kritik an diesem Vorhaben schien es dem Gesetzgeber in Deutschland nicht ausreichend, auf Eigenverantwortung zu setzen. Deshalb haben Bundestag und Bundesrat den Entwurf für ein neues Lieferkettengesetz beschlossen. Doch was ist das Lieferkettengesetz? Es verpflichtet Unternehmen, Lieferanten beim Wahren der Menschenrechte auf die Finger zu schauen. Der aktuelle Stand beim Lieferkettengesetz und wie betroffene Unternehmen die neuen Pflichten rechtssicher erfüllen können, gehören darum unbedingt ins nächste Gespräch mit der Anwaltskanzlei.

Was beim Lieferkettengesetz in Deutschland aktueller Stand ist, wird sich in den nächsten Monaten sicher noch ein paar Mal ändern. Der Entwurf für ein neues Lieferkettengesetz in Deutschland – oder genauer: das „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten“ beziehungsweise „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“ (LkSG) – wird sukzessive mehr und mehr Unternehmen betreffen. Ab 2023 gilt es für Betriebe mit 3.000, ab 2024 für Betriebe mit 1.000 Beschäftigten. Spätestens 2027 tritt dann auch das EU-Lieferkettengesetz für Unternehmen mit 500 Beschäftigten in Kraft. Der regelmäßige Austausch mit Rechtsexperten bleibt also in den kommenden Jahren absehbar nötig.

Unternehmen berichten lieber über Ziele als Maßnahmen

Was regelt der Entwurf für ein neues Lieferkettengesetz?

Was sieht das Lieferkettengesetz in Deutschland vor?

Das gibt das Lieferkettengesetz bei Verstößen vor

Welche Verpflichtungen haben Unternehmen laut LkSG?

Haftung droht erst mit dem EU-Lieferkettengesetz

Lieferkettengesetz in Deutschland droht hohe Bußgelder an

Pro und Contra Lieferkettengesetz – Kritik von allen Seiten

Unternehmen berichten lieber über Ziele als Maßnahmen

Wachsende Kritik an der Intransparenz globaler Lieferketten ist das wichtigste Pro-Argument beim Pro und Kontra zum Entwurf für ein neues Lieferkettengesetz in Deutschland wie auch der EU. Deutsche Unternehmen bekommen diese Kritik nach Skandalen bei Zulieferern von Unternehmen etwa aus der Textil- und Elektronikbranche zu spüren. Das zeigt eine Befragung zur „Nachhaltigkeitsberichterstattung in der Praxis“ vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und der Unternehmensvereinigung „future – verantwortung unternehmen“, an der sich 63 der größten deutschen Betriebe beteiligten. Gut 70 Prozent erklärten, sie würden eine vermehrte Nachfrage dazu spüren, wie sie Verantwortung für ihre Lieferkette übernehmen und mit Risiken bei Lieferanten umgehen. Aktueller Stand also: das Interesse am Lieferkettengesetz und dessen Inhalt ist durchaus da.

Die Berichterstattung über die durch das Lieferkettengesetz in Deutschland künftig gesetzlich geregelten Lieferketten ist derzeit aber noch lückenhaft. Das belegt ein mit der Befragung verbundenes Ranking der Nachhaltigkeitsberichte 2021. Zwar greifen fast alle Unternehmen die Themen Umweltschutz und Menschenrechte in der Lieferkette auf. Viele informieren über Lieferantenkodizes oder Lieferantenüberprüfungen. Doch häufig fehlt es an aussagekräftigen Angaben etwa zur Zahl der Prüfungen, der festgestellten Verstöße oder der erreichten Verbesserungen. Auch ob oder wie Unternehmen ihre Lieferanten bei sozialen und ökologischen Herausforderungen unterstützen, wird nur teilweise deutlich. Deshalb resümiert der Ergebnisbericht: „Unternehmen berichten besser über Ziele als über Maßnahmen und Ergebnisse.“ Was ist der Entwurf für ein neues Lieferkettengesetz in Deutschland also? Offenkundig ein aus Sicht der Politik dringend benötigtes Instrument, das Abhilfe bei diesem Missstand schaffen könnte.

Was regelt der Entwurf für ein neues Lieferkettengesetz?

Mit der zunehmenden Verflechtung der Liefer- und Absatzmärkte steigt die Intransparenz – was es Staaten erschwert, die Menschenrechte durchzusetzen. Doch auch Unternehmen haben Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte. Und zwar unabhängig von der Fähigkeit oder Bereitschaft einzelner Staaten, ihrer Pflicht zum Schutz der Menschenrechte nachzukommen, begründet der Gesetzgeber den Entwurf für ein neues Lieferkettengesetz in Deutschland. Bei aller Kritik im Rahmen von Pro- und Kontra-Abwägungen lässt sich sagen: Das Lieferkettengesetz benennt erstmals rund um diverse internationale rechtliche Standards klare Sorgfaltspflichten für Unternehmen. Ihre Verantwortung erstreckt sich nach dem Willen des Gesetzgebers ausdrücklich auf die gesamte Lieferkette – vom Rohstoff bis zum fertigen Verkaufsprodukt.

Was sieht das Lieferkettengesetz in Deutschland vor?

Als Verstöße gegen das Menschenrecht gelten, so das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), laut dem Entwurf für ein neues Lieferkettengesetz in Deutschland insbesondere Kinderarbeit, moderne Ausprägungen von Sklaverei und Zwangsarbeit sowie die Missachtung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Umweltschäden sind laut BMZ auch relevant, „wenn in deren Folge Menschenrechtsverletzungen entstehen.“ Um Verstöße dieser Art zu minimieren, schreibt das Lieferkettengesetz ein Risikomanagement vor. Als „menschenrechtliche Risiken“ definiert der Entwurf für ein neues Lieferkettengesetz in Deutschland drohende Verstöße gegen ausdrücklich im Gesetz genannte Verbote. Besonders hebt der Gesetzgeber das Verbot der Beschäftigung schulpflichtiger Kinder hervor. Weltweit müsse rund jedes zehnte Kind arbeiten, die meisten davon – jedes fünfte Kind – in afrikanischen Staaten. Was ist das Lieferkettengesetz also? Die Verpflichtung von Unternehmen, Auflagen zu beachten: bei Arbeitsschutz und -sicherheit oder die Einhaltung von Verboten beispielsweise von Gefahrstoffen wie Quecksilber oder langlebigen organischen Schadstoffen penibel auch bei allen Lieferanten der Zulieferkette.

Gemäß Entwurf für das Lieferkettengesetz müssen betroffene Unternehmen im eigenen Betrieb wie auch bei unmittelbaren Zulieferern auf die Umsetzung folgender Maßnahmen achten:

  • Die Verabschiedung einer Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte.
  • Das Etablieren eines Verfahrens zur Ermittlung nachteiliger Auswirkungen auf die Menschenrechte zum Zweck der Risikoanalyse.
  • Die Installation eines Risikomanagements inklusive Präventions- und Abhilfemaßnahmen zur Abwendung potenziell negativer Auswirkungen auf die Menschenrechte sowie die Einrichtung eines Beschwerdemechanismus.
  • Die transparente Unterrichtung der Öffentlichkeit.

Das gibt das Lieferkettengesetz bei Verstößen vor

Nach dem Entwurf für ein neues Lieferkettengesetz müssen Unternehmen künftig „bei klaren Hinweisen auf Verstöße … tätig werden.“ Was diese Anforderung im Detail bedeutet und wie Unternehmen sie rechtssicher erfüllen, sollten Firmenchefs und -chefinnen ausführlich mit der Anwaltskanzlei besprechen. Die Fachleute dort können einschätzen, was aktueller Stand sowohl beim Lieferkettengesetz in Deutschland als auch beim EU-Lieferkettengesetz ist. Der Entwurf für das Lieferkettengesetz schreibt Unternehmen vor, ein Risikomanagement und angemessene Maßnahmen zu verankern. Danach müssen diese Maßnahmen geeignet sein, menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken zu erkennen, Verletzungen geschützter Rechtspositionen oder umweltbezogener Pflichten vorzubeugen, sie zu beenden oder zu minimieren, wenn Unternehmen die Risiken oder Verletzungen innerhalb der Lieferkette verursacht oder dazu beigetragen haben. Konkret bedeutet das: Es ist eine verantwortliche Person im Unternehmen zu bestimmen, die das Risikomanagement gemäß Lieferkettengesetz überwacht. Für den Fall einer Verletzung von Menschenrechten und damit verbundenen Pflichten gilt:

  • Im eigenen Geschäftsbereich müssen Unternehmen im Fall einer Verletzung im Inland unverzüglich Abhilfemaßnahmen ergreifen, die zwingend zur Beendigung der Verletzung führen.
  • Beim unmittelbaren Zulieferer muss das Unternehmen einen konkreten Plan zur Minimierung und Vermeidung erstellen, wenn es die Verletzung nicht in absehbarer Zeit beenden kann. Welche Pflichten das Lieferkettengesetz für Deutschland oder das der EU bei mittelbaren Zulieferern vorsieht, sollten Unternehmerinnen und Unternehmer für den individuellen Fall mit ihrer Anwaltskanzlei klären.

Welche Verpflichtungen haben Unternehmen laut LkSG?

Nach dem Entwurf für ein neues Lieferkettengesetz in Deutschland sollen Betriebe prinzipiell alle unmittelbaren und mittelbaren Lieferanten überprüfen – also unter Umständen einen sehr großen Kreis von Betrieben. Für das Vorgehen bei der Dokumentation gibt es keine konkreten gesetzlichen Vorgaben. Jedes Unternehmen kann also ein eigenes Konzept entwickeln – am besten in enger Zusammenarbeit mit der Anwaltskanzlei. Insgesamt sind künftig nach dem Lieferkettengesetz in Deutschland folgende Sorgfaltspflichten einzuhalten: Die

  • Einführung eines Risikomanagementsystems (§4 Abs.1 LkSG),
  • Einrichtung einer zuständigen Stelle mit mindestens einer zuständigen Person (§4 Abs.3 LkSG),
  • Durchführung von Risikoanalysen (§5 LkSG),
  • Abgabe einer Grundsatzerklärung zur Einhaltung der vorgeschriebenen Standards (§6 Abs.2 LkSG) gegenüber allen relevanten Personen. Also den Beschäftigten, dem Betriebsrat, unmittelbaren Zulieferern gegenüber sowie anlassbezogen auch mittelbaren Zulieferern sowie der Öffentlichkeit gegenüber,
  • Verankerung von Präventionsmaßnahmen bei Zulieferern sowie im eigenen Geschäftsbereich (§6 Abs.4 LkSG),
  • Einführung von Abhilfemaßnahmen (§7 Abs.1 bis Abs.3 LkSG) und eines Beschwerdeverfahrens (§8 LkSG),
  • Umsetzung von Sorgfaltspflichten in Bezug auf Risiken bei mittelbaren Zulieferern (§9 LkSG),
  • Dokumentation (§10 Abs.1 LkSG) und Berichterstattung (§10 Abs.2 LkSG).

Haftung droht erst mit dem EU-Lieferkettengesetz

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) überprüft die Einhaltung der Vorgaben gemäß dem Entwurf für ein neues Lieferkettengesetz. Es kontrolliert die gemäß des Gesetzes anzufertigenden Unternehmensberichte und geht Beschwerden nach. Der Rechtsweg vor dem Verwaltungsgericht steht auch Klägerinnen und Klägern aus dem Ausland offen. Haftung für Menschenrechtsverletzungen sieht der Entwurf für ein neues Lieferkettengesetz in Deutschland trotz der vorgeschriebenen sorgfältigen Dokumentation nicht vor. Auch ein Abbruch von Geschäftsbeziehungen ist vom Gesetzgeber erklärtermaßen nicht das Ziel – kann aber nach §7 Abs.3 LkSG gefordert werden, wenn Verletzungen sehr schwerwiegend sind oder das Unternehmen trotz eines Konzepts die Menschenrechtsverletzungen nicht beendet. Ändern wird sich das aber 2027. Das ab dann geltende EU-Lieferkettengesetz sieht Haftung durchaus vor.

Lieferkettengesetz in Deutschland droht hohe Bußgelder an

Bereits jetzt im Entwurf für ein neues Lieferkettengesetz in Deutschland vorgesehen sind allerdings Bußgelder. Stellt das BAFA einen Verstoß gegen das Lieferkettengesetz fest, kann es Bußgelder von bis zu acht Millionen Euro verhängen. Bei schwerwiegenden Verstößen können Unternehmen bis zu drei Jahre von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.

Pro und Kontra Lieferkettengesetz – Kritik von allen Seiten

Vielen kritischen Stimmen geht das Lieferkettengesetz nicht weit genug. So haben sich über 100 zivilgesellschaftliche Organisationen wie Amnesty International, Brot für die Welt, Greenpeace und Ökonomen oder die Gewerkschaft verdi zur Initiative Lieferkettengesetz zusammengeschlossen. Sie üben Kritik an einem zu laschen EU-Lieferkettengesetz und auch an dem Entwurf für ein neues Lieferkettengesetz in Deutschland.

Kritik am Lieferkettengesetz kommt andererseits auch vor allem aus der Industrie. 43 Prozent der vom ifo Zentrum für Außenwirtschaft befragten Unternehmen erwarten mehr Bürokratie. Viele befürchten darüber hinaus Preiserhöhungen und juristische Risiken in Haftungsfragen. Auch bezweifeln sie, dass Unternehmen die Produktionsstandards bei ihren Zulieferern überhaupt effektiv kontrollieren können. Unternehmerinnen und Unternehmer sollten sich rund um ihre – auch indirekten – rechtlichen Verpflichtungen durch das Lieferkettengesetz in Deutschland oder das EU-Lieferkettengesetz mit ihrer Anwaltskanzlei absprechen.

Hörbar Steuern – Der DATEV-Podcast
Folge #123 Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Nix mehr freiwillig

Ab Januar 2023 gilt das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Es fordert nicht nur direkt betroffenen Firmen einiges ab. Darum geht es in Folge #123 Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Nix mehr freiwillig in Hörbar Steuern – Der DATEV-Podcast.

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Midia Nuri

ist Wirtschaftsjournalistin. Sie schreibt vor allem über nutzwertige Unternehmerthemen rund um Betriebsführung oder auch Finanzielles und Steuerliches für verschiedene Branchenzeitschriften, wie etwa den kfz-Betrieb, Die Fleischerei, Der Freie Zahnarzt, Fahrzeug + Karosserie oder auch etwa Das Dachdeckerhandwerk. Außerdem ist sie Chefredakteurin eines Newsletters von BWRMed!a zum Thema Steuern und Bilanzierung. Zu Steuer- und Finanzthemen bloggt und twittert sie derzeit sporadisch unter lady-godiva-blog.de und twitter.com/LadyGodivaBlog.

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