Wenn sich Unternehmerinnen oder Unternehmer nicht um die Offenlegung ihrer Bilanz kümmern, ignorieren sie gesetzliche Vorschriften. Bis zum 7. März 2022 läuft allerdings eine Schonfrist. Das Bundesamt für Justiz (BfJ) hat wegen der Pandemie die Frist verlängert, in der eine Ahndung von Verstößen gegen die Pflicht zur Offenlegung und Veröffentlichung einer Bilanz mit Stichtag Ende 2020 unterbleibt – bis zum 7. März 2022. Doch so viele Verweigerungen wie früher sind sowieso nicht mehr zu erwarten. Die Quote der Unternehmen, die sich nicht länger vor der Rechnungs- und Offenlegungspflicht drücken und die geforderten Geschäftszahlen wie vorgeschrieben im eBundesanzeiger publizieren, ist in den vergangenen Jahren laut BfJ bereits auf über 90 Prozent gestiegen. Von der Publizitätspflicht betroffene Firmenchefinnen und -chefs müssen aber weiterhin darauf achten, dass ihre Bilanz nur erforderliche Informationen enthält und publik macht. Mit ihrer Steuerberatungskanzlei sollten sie deshalb detailliert klären, was genau in welcher Form dem BfJ zu übermitteln ist.
Das gilt für die Offenlegung und Veröffentlichung der Bilanz
Ein Gesetz gilt hierzulande erst mit seiner Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt. Nach der parlamentarischen Beschlussfassung ist die Publikation des Wortlauts damit quasi die zweitwichtigste Amtshandlung. Auch für die Arbeitsergebnisse privatwirtschaftlicher Unternehmen gilt eine Transparenzpflicht. Deshalb ist für viele Unternehmen die Pflicht zur Offenlegung und Veröffentlichung ihrer Bilanz im Bundesanzeiger verbindlich. Diese Vorgabe gilt aufgrund verschiedener EWG-Richtlinien in der gesamten EU. Im Gegenzug entfiel dafür die Abgabe der Jahresabschlüsse beim Handelsregister. Allerdings hat das am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) die zuvor nur geringen Sanktionsvorschriften für Verstöße gegen die Pflicht zur Offenlegung der Bilanz deutlich verschärft.
Die Bilanz geht zur Veröffentlichung an den eBundesanzeiger
Die Bilanz geht zur Veröffentlichung an die elektronische Schwester des Bundesgesetzblatts, den elektronischen Bundesanzeiger (eBundesanzeiger). Das Portal wie auch das Bundesgesetzblatt betreibt der Bundesanzeiger Verlag aufgrund europarechtlicher Vorgaben. Seit seiner Privatisierung im Jahr 2006 gehört der Bundesanzeiger zur Verlagsgruppe M. DuMont Schauberg. Im eBundesanzeiger ist durch die Vorschriften zur Offenlegung und Veröffentlichung die Bilanz sowie der Jahresabschluss vieler deutscher Unternehmen für jeden frei verfügbar. Wer sich über eine Firma informieren möchte, kann dies seit dem 1. April 2012 ungehindert tun. Neben Jahresabschlüssen finden sich im eBundesanzeiger auch weitere Bekanntmachungen aus Unternehmen, wie beispielsweise über den Wechsel der Prokura.
Diese Unternehmen trifft die Pflicht zur Offenlegung der Bilanz
Im Bundesanzeiger ist die Bilanz von Unternehmen öffentlich einsehbar. Aber: Auch wenn Betriebe die Pflicht zur Rechnungslegung und Veröffentlichung ihrer Bilanz trifft, bedeutet das noch lange keine umfassende Pflicht zur Offenlegung. Zur uneingeschränkten Publizität verpflichtet sind laut §325 des Handelsgesetzbuchs (HGB) nur die derzeit knapp 765.000 Kapitalgesellschaften. Über Zusatzbedingungen sowie Querverweise trifft die Pflicht zur Veröffentlichung und Offenlegung der Bilanz allerdings letztlich doch einen Großteil der insgesamt 3,37 Millionen deutschen Unternehmen.
Diese Größenklassen gelten mit Blick bei der Offenlegungspflicht
Diese Größenklassen gelten mit Blick auf die Pflicht zur Veröffentlichung und Offenlegung der Bilanz:
- Kleine Kapitalgesellschaft: Bilanzsumme von sechs Millionen Euro oder Umsatzerlös von zwölf Millionen Euro.
- Mittelgroße Kapitalgesellschaft: Bilanzsumme von 20 Millionen Euro oder Umsatzerlös von 40 Millionen Euro.
- Große Kapitalgesellschaft: Bilanzsumme von mehr als 20 Millionen Euro oder Umsatzerlös von mehr als 40 Millionen Euro.
Sind Unternehmerinnen und Unternehmer unsicher, ob sie ein Kleinst- oder nur Kleinunternehmen führen, sollten sie dies mit der Steuerberatungskanzlei klären. Ihr sollten sie außerdem auch die Übermittlung der Daten überlassen. Zwar lässt sich die Bilanz über die Publikationsplattform für den Bundesanzeiger direkt vom Firmenchef oder der Firmenchefin an den Bundesanzeiger oder das Unternehmensregister schicken. Doch die Steuerberatungskanzlei kann genau darauf achten, dass nur die wirklich notwendigen Informationen rausgehen sowie keine Fehler passieren, die dann öffentlich sichtbar sind und bleiben. Eines müssen Unternehmerinnen und Unternehmerinnen nämlich unbedingt bedenken: Eine Plausibilitätskontrolle durch das Bundesamt für Justiz findet nicht statt. Was man zur Veröffentlichung übermittelt, wird ungeprüft so publiziert.
Die Offenlegung der Bilanz muss nicht komplett sein
In welchem Umfang ein Unternehmen zur Offenlegung der Bilanz verpflichtet ist, ergibt sich aus der Größe, abhängig vom Umsatz. So müssen zwar Kleinstunternehmen durchaus ihre Bilanzen an den Bundesanzeiger übermitteln. Dabei trifft sie allerdings lediglich die Pflicht zur Hinterlegung ihrer Bilanz – nicht zur Offenlegung. Um ihre Zahlen nur beim Bundesanzeiger zu hinterlegen, übermitteln sie mit der Bilanz einen entsprechenden Hinweis ans Bundesamt für Justiz. Das veröffentlicht die Rechnungslegung dann – statt im Bundesanzeiger – nur im Unternehmensregister. Gegen eine Gebühr sind Bilanzen dort für die Interessierten ausschließlich nach einer Registrierung abrufbar. Damit trifft die Transparenzpflicht zwar grundsätzlich auch diese Unternehmen. Für die allgemeine Öffentlichkeit ist der Zugang aber zumindest etwas schwieriger. Größere Unternehmen müssen einen umfassenden und auch öffentlichen Einblick in ihre Zahlen gewähren. Viele große Mittelständler müssen ihre Zahlen vor der Offenlegung außerdem von einem Wirtschaftsprüfer testieren lassen.
Ausnahmen akzeptiert das Bundesamt für Justiz nicht
Dem Fiskus geht es bei der Pflicht zur Veröffentlichung oder Offenlegung der Bilanz um größtmögliche Transparenz. Zwar lassen Unternehmen gelegentlich wissen, sie seien aufgrund einer Vereinbarung mit dem Finanzamt von der Offenlegungspflicht befreit. Doch das BfJ bestreitet dies ausdrücklich. Das HGB sieht einen Wegfall der Offenlegungspflicht nicht vor. Auch der damit verfolgte gesetzliche Zweck, Marktteilnehmern einen Überblick über die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Unternehmens zu ermöglichen, sei weiterhin gerechtfertigt. Beispielsweise ebenso bei insolventen oder sich in Liquidation befindenden Betrieben.
Das umfasst die Pflicht zur Veröffentlichung der Bilanz
Bei kleinen Gesellschaften betrifft die Pflicht zur Offenlegung und Veröffentlichung lediglich die Bilanz mit Anhang. Kleinstgesellschaften müssen sogar nur ihre Bilanz hinterlegen. Erfüllt ist die Pflicht zur Offenlegung und Veröffentlichung der Bilanz seit 2016 aufgrund des Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (BilRUG) mit dem gebilligten Jahresabschluss. Unternehmerinnen und Unternehmer sollten mit der Steuerberatungskanzlei klären, welche Zahlen sie unbedingt übermitteln müssen, und alles andere weglassen. Erleichterungen gelten für kleine Kapitalgesellschaften bei der Gewinn- und Verlustrechnung. Sie müssen das Rohergebnis nicht explizit aufgliedern. Im Anhang müssen sie die Geschäftstätigkeit zudem nicht nach Absatzmärkten aufgliedern. Mittelgroße Kapitalgesellschaften dürfen ihre Bilanz laut HGB ebenfalls abgespeckt darstellen, also speziell für Offenlegungszwecke verkürzt. Auch kleine Kapitalgesellschaften dürfen die Posten ihrer Bilanz teilweise komprimieren. So müssen sie ihre Gewinn- und Verlustrechnung nicht explizit ausweisen und auch keine Angaben im Anhang dazu machen. Generell darf der Anhang der Bilanz kleinerer Firmen sehr knapp ausfallen – und sie müssen auch keinen Lagebericht aufstellen.
Besondere Vorgaben für bestimmte Branchen beachten
Zusätzliche handelsrechtliche Pflichten zur Offenlegung der Bilanz gelten für Unternehmen in bestimmten Branchen. Beispielsweise, wenn sie in der Mineralgewinnung tätig sind oder auf dem Gebiet des Holzeinschlags in Primärwäldern. Über die Rechnungslegungsunterlagen hinaus müssen sie Berichte über Zahlungen an staatliche Stellen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit im Rohstoffsektor offenlegen. Darüber sollten Unternehmer und Unternehmerinnen mit ihrer Steuerberatungskanzlei sprechen.
Die Offenlegungspflicht lässt sich zumindest entschärfen
Der Pflicht zur Offenlegung oder Veröffentlichung der Bilanz entgehen Unternehmen also nicht. Aber es gibt ein paar Optimierungsmöglichkeiten. Firmenchefs und -chefinnen könnten ihre Firma beispielsweise in mehrere Gesellschaften aufteilen. Sobald die als kleine oder Kleinstgesellschaften gelten, fällt manche Pflicht zur Offenlegung der Bilanz weg. Wer wegen einer anstehenden Unternehmensnachfolge oder Internationalisierung vielleicht sowieso seine Struktur anpassen will, sollte mit einem Steuerexperten oder einer -expertin auch gleich über das Thema Berichtspflichten sprechen. Auch ein Spiel auf Zeit kann sich im Rahmen der legal möglichen Fristen mit Blick auf die Veröffentlichung der Bilanz lohnen. Landet die Bilanz erst am letzten Tag der Frist beim elektronischen Bundesanzeiger, dauert es zumindest länger, bis die Daten dort abrufbar sind. Nach drei oder vier Monaten ist dann die Veröffentlichung der Bilanz für die Konkurrenz möglicherweise gar nicht mehr so interessant.
Personenhandelsgesellschaften wie eine GmbH & Co. KG sind von der Pflicht zur Veröffentlichung ihrer Bilanz betroffen – sofern nicht mindestens eine natürliche Person persönlich voll haftet. Das gilt für jede Unternehmensgröße. Dieser Weg bietet ebenfalls Raum für eine – aber risikoreiche – Gestaltung. Und es lohnt sich auch, mit dem Steuerberater oder der Steuerberaterin über die Pflicht zur Offenlegung der Bilanz durch leere GmbH-Mäntel zu sprechen.
Für die Veröffentlichung der Bilanz gelten diese Fristen
Die Frist zur Veröffentlichung der Bilanz endet stets am 31. Dezember des Folgejahres. Eine Fristverlängerung ist grundsätzlich nicht möglich. Verpassen Unternehmen die Frist, droht ihnen eine Strafgebühr mit Bußgeldandrohung. Dann gilt es, innerhalb von sechs Wochen die notwendigen Informationen nachzuliefern. Merkt der Firmenchef oder die Firmenchefin, dass es zur Überschreitung einer Größenschwelle kommt, steht ein Gespräch in der Steuerberatungskanzlei an. Eventuell können die Fachleute mit guten Argumenten doch eine Fristverlängerung erwirken. Grundlegende Informationen und Tipps zu Fristabläufen und Ordnungsgeldverfahren gibt es beim Bundesamt für Justiz. Hauptsache, die Antragsgründe sind transparent – vor Fristende. Versäumen Unternehmen unverschuldet etwa wegen der Krankheit von maßgeblichen Personen im Betrieb eine Frist, können sie wie beim Finanzamt die „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ beantragen. Bei festgesetzten Ordnungsgelder wegen Verstößen gegen die Pflicht zur Offenlegung und Veröffentlichung der Bilanz haben Unternehmen die Möglichkeit zur Beschwerde beim Bundesamt für Justiz und dann beim Landgericht Bonn.
Ganz wichtig: Wird ein bereits im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichter Jahresabschluss nach einer Betriebsprüfung geändert, ist die Änderung auch noch im elektronischen Bundesanzeiger zu publizieren. Am besten klären Unternehmen rechtzeitig, dass die Steuerberatungskanzlei und/oder jemand im Betrieb unbedingt auch den Bundesanzeiger auf dem Schirm hat. Eine gute Idee ist generell, beizeiten nötige Vollmachten auszustellen.