Was wirkt schon sympathischer, als dem Betrieb ein freundliches Gesicht zu geben, das sich aus Aufnahmen vieler engagierter Beschäftigter zusammensetzt? Die meisten Firmenchefinnen und Firmenchefs haben dies erkannt, weshalb sie quer durch alle Unternehmensveröffentlichungen die Bandbreite der Belegschaft präsentieren, von den Auszubildenden über Fachleute in verschiedenen Abteilungen bis zur Geschäftsleitung. Doch so schön es auch sein mag, wenn engagiertes Personal in Broschüren, Videos oder sozialen Medien mit dem eigenen Gesicht die Unternehmensbotschaft verbreitet – ohne rechtliche Absicherung kann das schnell eine teure Angelegenheit werden. Denn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben ein Recht am eigenen Bild, und dies ist ein sehr hohes Gut. Unternehmen sollten daher mit der Anwaltskanzlei klären, was hier alles zu beachten ist. Und dann zur Nutzung von Fotos oder Filmen mit Beschäftigten eine genau Vorgehensweise festlegen, in deren Mittelpunkt die Einwilligung steht.
Das Recht der Mitarbeiter am eigenen Bild ist gut geschützt
Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestehen zum Recht am eigenen Bild gleich mehrere gesetzliche Regelungen. Grundsätzlich fällt das Recht am eigenen Bild unter die allgemeinen Persönlichkeitsrechte nach Art.2 Grundgesetz in Verbindung mit Art.1 GG. Jede Person darf für sich entscheiden, was über sie öffentlich wird. Stimmt jemand der Veröffentlichung von Fotos oder Filmen zu, greift das Kunsturhebergesetz (KunstUrhG). Es setzt einen gewissen Rahmen für die Einwilligung sowie zeitliche Dauer der Nutzung. Ausnahmen gelten für Kunstwerke, Personen der Zeitgeschichte, Personen als reines Beiwerk sowie für die Teilnahme beispielsweise an einer Demonstration. Für Unternehmensveröffentlichungen dürfte das kaum gelten. Zudem greift laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) ein Recht auf vorherige Einwilligung sowie gegebenenfalls Widerruf. Und schließlich ist an die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) zu denken. Oft werden Aufnahmen elektronisch gespeichert und weiterverarbeitet, zudem enthalten Fotos oder Videos meistens persönliche Identifikationsmerkmale. Also wäre vor der Einwilligung über die Verarbeitung zu informieren. Eine Rechtsanwaltskanzlei sollte dies beurteilen.
Viele Gesetze beeinflussen Recht der Mitarbeiter am eigenen Bild
Selbst das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) kann relevant sein, wie ein aktuelles Urteil zeigt. Eine Beschäftigte mit dunkler Hautfarbe hatte der Verwendung von Fotos für eine Werbebroschüre nicht zugestimmt. Sie wollte einfach normal behandelt werden. Trotzdem nutzte der Arbeitgeber, in diesem Fall eine Hochschule, ihr Foto mit einem Werbetext, der die besondere internationale Ausrichtung und die Vielzahl ausländischer Studierender betonte. Die Mitarbeiterin erhob Klage auf Entschädigung nach dem AGG und erhielt ein Schmerzensgeld von 5.000 Euro wegen eines Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz sowie die Datenschutz-Grundverordnung. Die Hochschule habe nicht nur das Bild ohne Zustimmung verwendet, sondern darin auch ihre Ethnie zur zentralen Aussage gemacht.
Verstoß gegen das Recht am eigenen Bild kann teuer werden
Nicht nur für den Firmenchef oder die Firmenchefin selbst, sondern auch für jede Mitarbeiterin sowie jeden Mitarbeiter ist das Recht am eigenen Bild ein sehr hohes Gut. Umso wichtiger ist es, dieses Recht bei Veröffentlichungen durch das Unternehmen nicht zu verletzen. Andernfalls stehen massive strafrechtliche und/oder zivilrechtliche Folgen im Raum. Ihre Schärfe hängt unter anderem von den konkreten Umständen ab. So droht etwa für die Verbreitung oder Zurschaustellung von Aufnahmen ohne vorherige Einwilligung laut Kunsturhebergesetz eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe. Gemäß Strafgesetzbuch (StGB) kann aber bereits das Anfertigen von Aufnahmen eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren oder eine Geldstrafe begründen. Und zwar dann, wenn die Intimsphäre einer Person betroffen ist. Was theoretisch klingt, kann schneller passieren, als man denkt. Beispielsweise, wenn ein übermotiviertes, aber leider unterinformiertes Social-Media-Team es lustig findet, im Firmenblog grenzwertige Aufnahmen vom Betriebsausflug zu veröffentlichen.
Strafrechtliche Konsequenzen und zivilrechtliche Ansprüche
Neben strafrechtlichen Konsequenzen drohen im Ernstfall zivilrechtliche Ansprüche. Dazu gehört natürlich ein Unterlassungsanspruch und die Vernichtung des Materials. Zudem könnten Betroffene auf Schadensersatz, Schmerzensgeld sowie gegebenenfalls die Herausgabe von Einnahmen klagen, die durch Verwendung der Aufnahmen entstanden sind. Unternehmerinnen und Unternehmer sind daher gut beraten, das für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geltende Recht am eigenen Bild mit der Anwältin oder dem Anwalt zu besprechen und für Aufnahmen und Veröffentlichungen aller Art eine rechtssichere Vorgehensweise zu erarbeiten. Wichtig ist, nicht nur an Hochglanzbroschüren zu denken, sondern an jeden offiziellen Unternehmenskanal. Und alle Beschäftigten genau zu der erforderlichen Vorgehensweise zu instruieren, damit keine problematischen Situationen entstehen. Das muss nicht unbedingt die hohe Strafzahlung nach einer justiziablen Veröffentlichung sein. Auch das zu spät entdeckte Fehlen einer Einwilligungserklärung etwa erst bei der Endabnahme eines Firmenvideos kann massive Zusatzkosten verursachen. Möglicherweise sind teure Nachdrehs notwendig, und das ganze Video muss umgeschnitten werden.
Das Fachbuch Social Media Recht, 2. Auflage zeigt praxisnah und verständlich, worauf man auf dem Weg ins Social Web hinsichtlich Urheberrecht, Recht am eigenen Bild, Datenschutzrecht, Persönlichkeitsrecht oder Wettbewerbsrecht achten muss. Autor Christian Solmecke vermittelt in seinem Buch das notwendige Grundwissen, um Profile in sozialen Netzwerken rechtssicher zu betreiben. Das Buch ist erhältlich für DATEV-Mitglieder im DATEV-Shop oder auch im stationären Handel sowie im Online-Buchhandel bei Sack, bei Schweitzer online oder bei Amazon.
Recht der Mitarbeiter am eigenen Bild dem Betrieb überlassen
Unternehmen, die Informations- und Werbematerialien mit Fotos oder Filmaufnahmen von ihren Beschäftigten illustrieren wollen, brauchen deren Zustimmung. Nur falls die jeweiligen Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen ihr Recht am eigenen Bild für den konkreten Zweck dem Betrieb überlassen, droht später kein Ärger. Statt bei jeder neuen Broschüre, Anzeige oder Veröffentlichung in sozialen Medien improvisierten Vereinbarungen aufzusetzen, empfiehlt sich der Einsatz eines anpassbaren Standardformulars. Eine Rechtsanwaltskanzlei sollte die Einwilligungserklärung so formulieren, dass sie zu vielen absehbaren Veröffentlichungen passt. Plant der Betrieb umfangreiche Aktivitäten auf diversen Kanälen und will viele Beschäftigte einbeziehen, könnten sich auch verschiedene Varianten anbieten. Denn kaum jemand würde wohl pauschal allem zustimmen. So ließe sich etwa eine umfassende Vereinbarung für junge Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter und ihr Recht am eigenen Bild schließen, die zu Gesichtern des Unternehmens in diversen sozialen Medien werden sollen. Dagegen könnte ein schlankes Formular die Zustimmung nur zum Foto auf der Homepage oder in der Firmenbroschüre einholen.
Zeitpunkt der Zustimmung und Umfang der Überlassung
Die Einwilligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ihr Recht am eigenen Bild für einen bestimmten Zweck, ein bestimmtes Medium sowie eine bestimmte Zeit dem Unternehmen zu überlassen, sollte sauber dokumentiert sein.
Zeitpunkt der Zustimmung. Grundsätzlich ist das Anfertigen von Aufnahmen zum Schutz ihrer allgemeinen Persönlichkeitsrechte nur mit Einwilligung der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zulässig. Das folgt aus dem Grundgesetz und wurde insbesondere mit Blick auf Prominente in höchstrichterlichen Urteilen spezifiziert, gilt aber auch allgemein. Heimliche Aufnahmen können sogar strafbar sein, weshalb die Videoüberwachung am Arbeitsplatz oder auf dem Firmengelände ebenfalls rechtlich gut abzusichern ist. Entscheidend für die Nutzung von Fotos oder Filmen ist aber die Zustimmung nicht nur zur Aufnahme, sondern auch zu deren Verbreitung. Wer beim Werksrundgang in die Kamera lächelt, hat damit nicht automatisch der Verbreitung der Aufnahme zugestimmt. Daher empfiehlt es sich, das Einverständnis zur Verbreitung der Aufnahmen vor Anfertigung einzuholen, statt auf eine nachträgliche Erlaubnis zu hoffen.
Umfang der Zustimmung. Die Freiwilligkeit der Einwilligung sollte selbstverständlich sein. Daher gehört die Zustimmung zur Veröffentlichung von Aufnahmen nicht als allgemeiner Paragraf in den Arbeitsvertrag, sondern bedarf einer gesonderten Vereinbarung. Die wiederum sollte nicht pauschal gelten, sondern geplante Aktivitäten genau beschreiben. Allgemeine Formulierungen wie „Das Unternehmen darf Fotos oder Videos mit dem Mitarbeiter für betriebliche Zwecke nutzen“ akzeptieren Gerichte im Streitfall kaum. Wichtig ist, die genaue Art der Aufnahme festzuschreiben, also etwa Foto oder Film sowie den Zweck, also Öffentlichkeitsarbeit oder Werbung. Zudem sollte in der Vereinbarung stehen, wo die Aufnahme veröffentlicht wird, also beispielsweise in einer Firmenbroschüre oder auf der Homepage. Und wie lange ein Mitarbeiter das Recht am eigenen Bild zur Nutzung überlässt. Das könnte ein kurzer Zeitraum sein, aber auch unbefristet. Bei einer befristeten Nutzung braucht es dann Mechanismen, um das einzuhalten. In eine auf Dauer angelegte Werbebroschüre sollte ein Porträt mit beschränkter Nutzungsdauer besser nicht.
Schriftform wählen und Sonderfälle beachten
Mögliche Vergütung. Manche Unternehmen sichern sich die Einwilligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ihr Recht am eigenen Bild dem Betrieb zu überlassen, mit einer Vergütung. Solche Absprachen müssen natürlich in die Vereinbarung. Am besten wird aber auch festgehalten, dass keine Zahlung erfolgt. Wer das unterschrieben hat, kann später keine finanziellen Forderungen stellen, etwa nach Streit über eine Kündigung.
Minderjährige Beschäftigte. Wer Auszubildende für den Betrieb sprechen lassen will, braucht zusätzlich die Einwilligung der Sorgeberechtigten, gegebenenfalls von beiden Elternteilen.
Ausreichende Erkennbarkeit. Eine Einwilligung zur Verbreitung der Aufnahmen ist nur nötig, falls sich die dargestellte Person eindeutig von Dritten identifizieren lässt. Das kann das erkennbare Gesicht ebenso sein wie eine unverwechselbare Mimik, Gestik oder Körperhaltung. Maßstab dabei ist der Bekanntenkreis, nicht der engere Freundes- und Familienkreis. Eine Erkennbarkeit entsteht auch durch Begleittexte oder Namen. Deshalb gilt es, vor jeder Veröffentlichung bei der Frage nach einer eventuell nötigen Einwilligung auch diese Aspekte zu berücksichtigen.
Kündigung/Entlassung. Laut Bundesarbeitsgericht (BAG) erlischt mit Ausscheiden aus dem Unternehmen nicht automatisch die schriftlich erteilte Einwilligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ihr Recht am eigenen Bild zu überlassen. Allerdings besteht die Möglichkeit zum Widerruf. Hier kommt es auf die Details der Nutzung an. Wer generell nicht mit dem Ex-Arbeitgeber in Verbindung gebracht werden will und/oder nicht hervorgehoben auftritt, hat schlechte Karten. Es braucht einen zusätzlichen Gesinnungswandel – wer die Kirche verlässt, will sie aus gutem Grund nicht mehr vertreten. Oder eine prominente Präsentation: Wird mit der Persönlichkeit geworben, kann ein Widerruf klappen.
Schriftform wählen. Auch wenn es nirgendwo wortwörtlich steht – für die Einwilligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ihr Recht am eigenen Bild zu überlassen, empfiehlt sich generell eine schriftliche Vereinbarung der wichtigen Punkte. In den meisten Unternehmen dürften die Kosten für Werbe- und Informationsmaterial zu hoch sein, als dass man wegen des Streits mit einer abgebildeten Person alles schmerzlos vernichten könnte.
Per Model das Recht der Mitarbeiter am eigenen Bild umgehen
Die Einwilligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ihr Recht am eigenen Bild für eine bestimmte Nutzung dem Unternehmen zu überlassen, kann also rein juristisch betrachtet für weitreichende Sicherheit sorgen. Das klappt allerdings nur, wenn das Vorgehen rechtsanwaltlich abgesegnet ist und in der betrieblichen Praxis dann auch konsequent eingehalten wird. Insbesondere vor der Herstellung von Werbe- und Informationsmaterialien, die längere Zeit genutzt werden sollen, gilt es deshalb, Alternativen zu prüfen. Wenn nicht aus gutem Grund bestimmte Beschäftigte im Bild auftauchen sollen, könnte sich etwa auch der Einsatz von Models empfehlen. Die kosten zwar Geld, aber dafür lässt ist die vertragliche Situation oft leichter klären. Gerade für kleine, familiär geführte Betriebe kann das Recht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am eigenen Bild auch ein zu komplexes oder sogar emotionales Thema sein, weil man ja sonst auch per Du ist. Dann geraten die rechtlichen Leitplanken schnell aus dem Blick, bis plötzlich ein ernstes Problem entsteht.