Zahlungsziel ist Zahlungsziel – auch beim Lohn. Der muss pünktlich auf den Konten der Arbeitnehmer eingehen: Die Lohnzahlung gehört von jeher zu den Hauptpflichten jedes Arbeitgebers. Unklar war lange, ob ein Beschäftigter deshalb für verspätete Lohn- und Gehaltszahlungen einen Verspätungszuschlag fordern kann. Das ließ sich aus dem 2014 ins Bürgerliche Gesetzbuch eingefügten Paragraph 288 (§ 288 BGB) durchaus folgern, war aber rechtlich nicht endgültig geklärt. Seit Jahren schwelten in dieser Frage juristische Kontroversen. Die hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) nun mit einem Urteil beendet. Die Richter stellten klar: Arbeitgeber sind nicht verpflichtet, Arbeitnehmern wegen verspäteter Lohn- oder Gehaltszahlungen einen Verspätungszuschlag zu zahlen.
BAG hebt Urteil zum Verspätungszuschlag auf
Im konkreten Fall hatte ein Baumaschinenführer für drei verspätete Überweisungen eine Pauschale von jeweils 40 Euro verlangt. Der nach einem Betriebsübergang als Vertragsnachfolger fungierende Arbeitgeber hatte die so genannte Besitzstandszulage – laut Übergangstarifvertrag sollte sie Gehaltsunterschiede ausgleichen – sowie zumindest zeitweise auch eine Erschwerniszulage nicht in der vom Arbeitnehmer erwarteten Höhe gezahlt. Frühere Verhandlungen zwischen Unternehmensleitung und Betriebsrat hatten bereits zu Nachzahlungen auch an den Kläger geführt. Allerdings war deren Höhe streitig. Der Arbeitnehmer berief sich mit Blick auf die Zulagen auf betriebliche Übung und forderte deren volle Nachzahlung sowie mit Verweis auf das BGB einen Verspätungszuschlag. In erster und zweiter Instanz kam er damit durch, nicht aber vor dem Bundesarbeitsgericht.
ArbGG sticht beim Verspätungszuschlag das BGB
Das BAG-Urteil datiert vom 25. September 2018 – die vollständige Urteilsbegründung steht noch aus. Klar macht aber bereits die Pressemitteilung: Arbeitnehmer haben generell keinen Anspruch auf den Verspätungszuschlag. „Zwar findet § 288 Abs. 5 BGB grundsätzlich auch in Fällen Anwendung, in denen sich der Arbeitgeber mit der Zahlung von Arbeitsentgelt in Verzug befindet“, erklärten die Bundesarbeitsrichter, um dann einzuschränken: Paragraph 12a des Arbeitsgerichtsgesetzes (§ 12a ArbGG) schließe „als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch wegen erstinstanzlich entstandener Beitreibungskosten, sondern auch einen entsprechenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch und damit auch den Anspruch auf Pauschalen nach § 288 Abs. 5 BGB aus“.
BAG bleibt bei seiner Haltung zum Verspätungszuschlag
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts beendet jahrelange Kontroversen darüber, ob Arbeitnehmern ein Verspätungszuschlag zusteht, wenn Lohn oder Gehalt zu spät auf dem Konto landen. Neben dem Landesarbeitsgericht Köln hatte bereits das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz geurteilt, der Zuschlag stehe Arbeitnehmern zu – in dem zweiten Fall sogar höchstrichterlich, ohne die Revision zuzulassen. Trotzdem dürfte das aktuelle Urteil die Arbeitsrechtler unter den Juristen nicht sehr überrascht haben. Das BAG-Urteil steht laut „Legal Tribune Online“ im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, „dass die in § 12 ArbGG festgelegte Norm über ihren Wortlaut hinaus nicht nur den prozessualen Kostenerstattungsanspruch, sondern auch entsprechende materiell-rechtliche Erstattungsansprüche ausschließt – egal, worauf diese beruhen.“ Mit Blick auf den im BGB vorgesehenen Verspätungszuschlag für Arbeitnehmer ist das Urteil also konsequent. Alles andere führe „zu schwer nachvollziehbaren Wertungswidersprüchen und die Regelung des § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG liefe faktisch leer“, so LTO.