In den letzten Monaten habe ich viele Selbsttests gemacht: etwa, welchen Zauberstab ich hätte und in welches Haus mich der sprechende Hut vom Zauberinternat Hogwarts bei Harry Potter stecken würde. Es ist auch kaum zu glauben, wie viele Pokémon-Selbsttests es gibt. Meine Kinder lieben sie. Auf Facebook habe ich mich ebenfalls schon von Selbsttests ablenken lassen, die keinen Zugang zu meiner Freundesliste wollten – ist doch zu interessant, welcher chinesische Drache man wäre. Warum also nicht auch den Selbsttest, der neulich im Posteingang war: zur Frage, ob ich eine familienfreundlicher Betrieb bin. Sicher sehr, denke ich, schließlich ist es klein – nur meine Familie ist hier unter einen Hut zu bekommen. Da sollte das mit der Familienfreundlichkeit doch leicht hinzukriegen sein. Oder?
Die Ergebnisse des Selbsttests geben durchaus zu denken
Es ist zwar komisch, die Bedeutung der internen Kommunikation mit „sehr wichtig“ zu bewerten, wenn es darum geht, dass ich mich mit mir selbst abstimme, ob ich nun etwa einen Artikel unbedingt bis 17 Uhr fertig bekommen muss oder ob es reicht, wenn ich zur Freude meiner Kinder schon um 16 Uhr Schluss mache und ihn erst am frühen Abend oder nächsten Morgen schicke. Mit so viel Puffer arbeite ich meistens. Immer sehr familienfreundlich ist meine Arbeitsgestaltung trotzdem nicht, darum gebe ich mir hier keine absolute Topnote. Meine Angebote für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in den verschiedenen Lebensphasen waren dagegen bislang immer top. Der Test beginnt doch ziemlich lässig.
Neue Lösungsansätze zur Familienfreundlichkeit gefragt
Aber dann geht es ans Eingemachte, der Test wird interessant und in vielerlei Hinsicht inspirierend. Vor allem, wenn Sie Mitarbeiter beschäftigen, würde ich Ihnen raten, den Selbstcheck zu machen. Wichtig ist das Thema allemal: Familienfreundlichkeit gilt heute erwiesenermaßen als Erfolgsfaktor. Und egal, für wie gut Sie sich und Ihren Betrieb in diesem Punkt halten – schon die Fragen führen gedanklich zu interessanten Ideen und Lösungsansätzen zur Familienfreundlichkeit. Und vielleicht kommen Sie sogar zu überraschenden Ergebnissen. In meinem Fall etwa besteht offenbar doch mehr Nachholbedarf als gedacht. Vor allem die grundlegenden Werte fallen schwächer aus, als ich erwartet hätte. Auch in Bereichen wie Arbeitsbedingungen und -organisation liegen die Werte nur im oberen, bei neuer Zielgruppen- und Lebensphasenorientierung sogar im unteren Mittelfeld. Top sind dafür Führungsverhalten und Management. Gut, immerhin führe ich letztlich nur mich selbst. Und natürlich meine Kinder – weshalb mir die Erkenntnisse aus dem Selbstcheck schon zu denken geben.
Familienfreundlicher Betrieb hat Vorteile bei Personalsuche
Interessant ist aus meiner Sicht vor allem, dass der Test darauf abzielt, Unternehmen in Sachen Familienfreundlichkeit wettbewerbsfähig im wahrsten Sinne des Wortes zu machen. Auch keine schlechte Idee. Gerade kleinere Mittelständler können von solchen Wettbewerben profitieren, wie Sie hier ja schon lesen konnten. Bei diesem Auditverfahren bekommen die Teilnehmer laut Selbstdarstellung „Unterstützung dabei, maßgeschneiderte und gewinnbringende Lösungen zur Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben umzusetzen und die Vereinbarkeit in der Unternehmenskultur zu verankern“. Außerdem empfehlen es die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft – BDA, BDI, DIHK und ZDH. Derzeit tragen insgesamt 971 Arbeitgeber das Zertifikat, was sicher auch Vorteile im Wettbewerb um Fachkräfte bringt. Im Wettbewerb um das Wohlbefinden meiner Kinder werde ich mich demnächst jedenfalls noch mal genauer nach deren Wünschen erkundigen.