Das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) ist mit 23 Paragrafen vergleichsweise kompakt. Wesentliches Ziel des Geschäftsgeheimnisgesetzes ist der Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung. In der Praxis kann sich das als eher sperrig anwendbare Materie zeigen.
-Geschäftsgeheimnisse müssen drei Kriterien erfüllen, um als solche zu gelten. Dazu zählt auch, dass das Geheimnis geschützt wird.
– Geheimnisse können beispielsweise Geschäftsdaten, Businesspläne und Marktforschung sein.
– Das Kaufen und Zurückbauen von Produkten, das sogenannte Reverse Engineering, ist erlaubt und soll den Wettbewerb und die Innovation fördern
Es beginnt mit der Frage, was überhaupt ein Geschäftsgeheimnis ist. Die Definition im Gesetz gibt dafür drei Kriterien vor, die allesamt erfüllt sein müssen: Demnach ist ein Geschäftsgeheimnis eine Information, die weder allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist. Diese Information ist ebenso nicht in Teilen oder insgesamt den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, bekannt. Diese Umstände machen die Information wirtschaftlich wertvoll.
Geschäftsgeheimnis wird erst durch Schutz zu einem solchen
Das allein genügt aber noch nicht. Vielmehr muss die Information auch „Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber“ sein, heißt es im Gesetz. In der Praxis bedeutet dies, dass ein Geschäftsgeheimnis erst durch die Behandlung seines Inhalts zu einem solchen wird. Wie die Schutzmaßnahmen im Einzelnen ausgestaltet sein sollen, lässt das Gesetz jedoch offen. Das letzte Kriterium für ein Geschäftsgeheimnis gemäß Gesetz ist, dass ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht. Auch dies eröffnet wieder ein weites Feld.
Im großindustriellen Umfeld spielt das Geschäftsgeheimnisgesetz daher in der Regel eher eine untergeordnete Rolle. Vielmehr vermeiden Unternehmen dort systematisch Risiken aus diesem Bereich, indem sie Vertraulichkeitserklärungen, sogenannte NDAs abschließen. Diese „Non Disclosure Agreements“ regeln normalerweise für den Einzelfall mit dem jeweiligen Geschäftspartner den Umgang mit den ausgetauschten Informationen. Hohe praktische Relevanz haben dabei Vereinbarungen zum Reverse Engineering, also dem Zerlegen und Analysieren von Produkten.
Analysieren von Produkten ist erlaubt
Inwieweit einzelne Verfahren, Bauteile oder Produkte bereits ohnehin durch Patente geschützt sind, ist dabei eine ganz andere Frage. Auch diese gilt es ebenfalls mit juristischer Unterstützung zu klären. Wichtig ist zu wissen, dass das Geschäftsgeheimnisgesetz jedenfalls Reverse Engineering nicht etwa untersagt. Vielmehr gestattet es dies ausdrücklich. Reverse Engineering ist als erlaubte Art und Weise aufgelistet, auf die ein Geschäftsgeheimnis erlangt werden kann.
So heißt es in § 3 GeschGehG: Ein Geschäftsgeheimnis dürfe insbesondere erlangt werden durch eine eigenständige Entdeckung oder Schöpfung, aber auch durch „ein Beobachten, Untersuchen, Rückbauen oder Testen eines Produkts oder Gegenstands“. Dies erfolgt, sofern diese öffentlich verfügbar gemacht wurden oder sich im rechtmäßigen Besitz des Beobachtenden, Untersuchenden, Rückbauenden oder Testenden befinden und dieser keiner Pflicht zur Beschränkung der Erlangung des Geschäftsgeheimnisses unterliegt.
Diese Formulierung steht dort nicht ohne Grund. Ziel der EU-Richtlinie war nicht nur der Schutz einzelner Unternehmensinteressen, sondern insbesondere die Förderung von Wettbewerb und Innovation. Und für letztere ist häufig Reverse Engineering notwendig.
Beispiele für Geschäftsgeheimnisse
Das führt zurück zur Frage, was nun überhaupt ein Geschäftsgeheimnis ist. Während das GeschGehG dies inhaltlich offen lässt und nur die eingangs erwähnten drei Kriterien aufstellt, liefert die zugrunde liegende EU-Richtlinie etwas konkretere Beispiele: „Unternehmen schätzen – unabhängig von ihrer Größe – Geschäftsgeheimnisse als genauso wichtig wie Patente und andere Formen von Rechten des geistigen Eigentums ein. Sie nutzen Vertraulichkeit als Managementinstrument für unternehmerische Wettbewerbsfähigkeit und Forschungsinnovationen. Dabei geht es um ein breites Spektrum von Informationen, das über das technologische Wissen hinausgeht. Es schließt auch Geschäftsdaten wie Informationen über Kunden und Lieferanten, Businesspläne sowie Marktforschung und -strategien ein. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) schätzen Geschäftsgeheimnisse in besonderem Maße und sind stärker auf sie angewiesen.“
Urteile wie das des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg schließen explizit etwa auch die Preiskalkulation ein. Im verhandelten Fall stritten die Parteien darum, ob eine an die private E-Mailadresse versandte Preiskalkulation des betroffenen Unternehmens in irgendeiner Form verwendet oder genutzt werden darf. Der Ausgang des Verfahrens hing von einer Reihe weiterer Umstände an. Unabhängig davon zeigt sich anhand des Verfahrens, wie weit der Begriff des Geschäftsgeheimnisses gehen kann.
§ 23 GeschGehG: mögliche Sanktionen und Strafen
Dies und die Tatsache, dass die Strafen bei Verstößen teils erheblich sein können, machen das GeschGehG zu einer Größe, die Unternehmen beachten müssen. So sieht § 23 GeschGehG eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe für diejenigen vor, die zur Förderung des eigenen oder fremden Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber eines Unternehmens Schaden zuzufügen widerrechtlich ein Geschäftsgeheimnis erlangen, nutzen oder offenlegen. Wer gewerbsmäßig agiert, muss mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe rechnen.
Allerdings gilt auch: Die Staatsanwaltschaft wird nicht von sich aus tätig, sondern die Tat wird nur auf Antrag verfolgt. Anders verhält es sich, wenn die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.
Relevanter als der strafrechtliche Aspekt ist für Unternehmen hingegen der zivilrechtliche: Das GeschGehG begründet auch einen Schadenersatzanspruch. Danach kann bei der Bemessung des Schadenersatzes auch der Gewinn, den der Rechtsverletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadenersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrags bestimmt werden, den der Rechtsverletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Zustimmung zur Erlangung, Nutzung oder Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses eingeholt hätte.
Betriebsgeheimnis oder Geschäftsgeheimnis?
Das GeschGehG unterscheidet im Übrigen nicht länger zwischen Betriebsgeheimnis und Geschäftsgeheimnis. In der Rechtsprechung aus den Jahren zuvor war dies durchaus noch Gegenstand, wie eine Klarstellung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2006 zeigt: „Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen im weitesten Sinne; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen. Zu derartigen Geheimnissen werden etwa Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte gezählt, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebs maßgeblich bestimmt werden können.“
Das Geschäftsgeheimnisgesetz und die ihm zugrunde liegende EU-Richtlinie gehen dagegen nur noch von einer einheitlichen Kategorie aus. Sie bezeichnen diese als „Geschäftsgeheimnis“ beziehungsweise „vertrauliche Geschäftsinformationen“. In diese fallen sowohl technische als auch kaufmännische Sachverhalte.