Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat ein Urteil gefällt, das fast sensationell klingt. Geht eine Firma pleite, kann der Insolvenzverwalter nicht ohne Weiteres die einem stillen Gesellschafter gezahlte Vorabvergütung zurückholen. Konkret ging es um vertraglich vereinbarte garantierte Zinszahlungen, die nicht unter dem Vorbehalt einer Gewinnerzielung standen. Auch wenn natürlich jeder Fall individuell zu betrachten ist – also kommt jetzt vielleicht Bewegung in die Rechtsprechung?
Insolvenz kann schlimmstenfalls Kettenreaktion auslösen
Bislang war es ja meistens so: Erhielt jemand Geld für seine Einlage, Dienstleistung oder sonstige vertraglich gerechtfertigte Forderung, tauchten nach einer Insolvenz des zahlenden Unternehmens relativ bald Rückforderungen durch den Insolvenzverwalter auf – schlimmstenfalls mit der Folge einer Kettenreaktion an Insolvenzen. Dabei ging es oft um Zahlungen, die vor Jahren rechtmäßig stattgefunden hatten. Mit etwas Pech unterstellte der Insolvenzverwalter dem Begünstigten sogar, er habe die schlechte Finanzlage des Geschäftspartners erkennen können und sich darüber hinweggesetzt – und forderte wegen Gläubigerbenachteiligung auch noch Zinsen. Davon konnten Sie hier ja auch bereits in einem Gastbeitrag lesen. Das ist ein großes Problem für Unternehmer. Und eventuell auch bei der Vorabvergütung für einen Gesellschafter.
Verschleierung der Finanzlage spricht für Begünstigten
Interessant am neuen OLG-Urteil finde ich, dass die Richter dem Zahlungsempfänger zugutehalten, das inzwischen insolvente Unternehmen habe seine Finanzlage verschleiert und so verhindert, dass Zweifel an der Solvenz aufkommen – dies steht im Gegensatz zur bislang üblichen Betrachtungsweise. Die Richter erkannten in dem Verhalten ein Schneeballsystem, bei dem ein stiller Gesellschafter mit der Einlage eines anderen stillen Gesellschafters vergütet wurde, und stuften dies als treuwidriges Verhalten des Unternehmens gegenüber dem Gesellschafter ein. Außerdem war er beim Abschluss weiterer Gesellschaftsverträge nicht auf die schon bestehende Überschuldung hingewiesen worden. Vor diesem Hintergrund fiel das Urteil, dem Zahlungsempfänger die Vorabzahlung zu lassen und das Urteil der Vorinstanz aufzuheben.
Vorabvergütung für Gesellschafter mit Steuerberater besprechen
Die Bundesregierung hat die geltende Anfechtungsfrist von zehn Jahren bislang nicht wie angekündigt verkürzt. Der Abschluss einer Ratenzahlung an sich ist schon mal kein Indiz für Zahlungsschwierigkeiten, hat der Bundesgerichtshof (BGH) geurteilt. Daher sollten Sie gerade bei größeren Summen ruhig lieber einmal zu viel als einmal zu wenig Ihren Steuerberater oder Rechtsanwalt fragen, wenn Sie unsicher über die Finanzkraft des Kunden sind. Als stiller Gesellschafter sollten Sie deshalb mit Blick auf eine Vorabvergütung das OLG-Urteil zu Ihren Unterlagen nehmen. Nicht immer ist es von außen leicht durchschaubar, ob ein Schuldner finanziell solide dasteht oder nicht. Hier bietet das Urteil für den Fall der Fälle durchaus Argumentationshilfe.