Strategie & Entwicklung

Unter­neh­mer soll­ten in der Corona-Kri­se ihre Strategie hinterfragen

Eine Bin­sen­weis­heit mit ho­hem Wahr­heits­ge­halt: In je­der Kri­se liegt eine Chance. Er­ste Un­ter­neh­mer zei­gen be­reits, was das prak­tisch be­deu­tet. Je­der Fir­men­chef soll­te prü­fen, wie Ku­lanz und der rich­tige Ein­satz der Hilfs­pro­gram­me hel­fen, wie­der durch­zustarten.

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Corona und Wirtschaft: Das könnte als Katastrophe apokalyptischen Ausmaßes in die Geschichtsbücher eingehen. Viele Unternehmer machen sich berechtigte Sorgen um ihre Existenz. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Und deshalb gilt die Corona-Krise vielleicht auch irgendwann als Vorzeigebeispiel dafür, wie Firmenchefs mit Einfallsreichtum, Engagement und einer großen Portion Mut ihr Geschäft am Laufen gehalten haben. Wie aus Verzweiflung erst Trotz und dann Zuversicht wurde. Wie sie – durchaus mal mit etwas Glück – den großen Treffer landeten, der ihrem Betrieb das wirtschaftliche Überleben sicherte. Und vielleicht sogar zusätzlich den Grundstein für etwas Neues legten: Krisenerprobte Kundenbeziehungen, neue Produkte, einen weiteren Absatzkanal, ein komplett anderes Geschäftsmodell. Bereits jetzt deuten erste Beispiel in diese Richtung. Nicht ohne Grund lautet ein Lieblingsspruch vieler Unternehmer: „Ich bin Unternehmer, nicht Unterlasser.“ Als solcher diskutieren sie natürlich auch mit ihrem Steuerberater mögliche Hilfsangebote. Vor allem aber suchen sie nach einer tragfähigen Corona-Strategie in und aus der Krise.

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Informationen zur Corona-Krise

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Informationen zur Corona-Krise

Nö­ti­ge Hil­fen prü­fen – die He­raus­for­de­rungen sind groß

Wer hätte sich vor der aktuellen Krise vorstellen können, wegen einer Seuche nicht nur Wild- und Vogelparks vorübergehend zu schließen? Sondern gleich weite Teile der gesamten Wirtschaft? Die Gastronomie, Unterhaltungs- und Veranstaltungsbranche, Messen und Kongresse, Schulen – fast alles dicht. Das öffentliche Leben steht derzeit weitgehend still. Wer kann, lagert seine Mitarbeiter ins Homeoffice aus. Natürlich ist jetzt erst einmal vernünftig und verständlich, dass das Thema Nothilfen die Diskussion beherrscht. Wer null Umsatz macht und hohe Kosten hat, dessen Rücklagen schmelzen rasch dahin. Selbst wenn der Geschäftsbetrieb eingeschränkt weiterläuft, ist die Anschaffung von Laptops samt Installation der entsprechenden Konferenzsysteme zu organisieren und finanzieren. Auch kein Pappenstiel. Gut zu wissen, dass diverse öffentliche Hilfen bereitstehen: Zuschüsse, Stundungen, Förderkredite und -gelder, Kurzarbeitergeld und auch Entschädigungen gemäß Infektionsschutzgesetz.

Klopa­pier-Kuchen als ret­ten­de Corona-Strategie

Auf der anderen Seite ist viel dran an dem Spruch, dass in jeder Krise auch eine Chance liegen kann. Das chinesische Schriftzeichen für Krise setzt sich zusammen aus zwei anderen Zeichen: dem für Gefahr und dem für Gelegenheit. Darauf wird seit Beginn der Corona-Krise wieder vermehrt hingewiesen. Und gerade für Unternehmer ist an dieser Binsenweisheit viel dran. Manchen gelang in der derzeitigen Not auch schon ein kleiner Coup: Eine Dortmunder Bäckerei beispielsweise fing ihre wegbrechenden Bestellungen für Tagungsbrötchen und Hochzeitstorten zumindest teilweise mit einem neuen Angebot ab: Dort gibt es jetzt den Klopapier-Kuchen – einen runden Marmorkuchen, der mit weißem Fondant umwickelt ist und dadurch einer Klopapierrolle ähnelt. Als Scherz gedacht, fand er sofort reißenden Absatz. Derzeit produziert das 40-köpfige Backteam rund 200 Kuchen am Tag, um wenigstens teilweise andere Umsatzverluste auszugleichen. Und macht die Bäckerei zugleich durch Berichte in den sozialen Medien bekannt für den Aufschwung nach der Krise.

Auch eine gu­te Corona-Strategie: Neu­e We­ge zum Kunden

Klar: Die Wirtschaftskrise aufgrund der Corona-Pandemie ist nicht wegzudiskutieren. Aber neben der Herstellung von Klopapier-Kuchen gibt es kreative Lösungen auch für das eigene Geschäft. Die Textilhersteller Trigema und Mey verlegen sich seit kurzem auf das Nähen von Mundschutz. Sie beliefern neuerdings auch Kliniken und weitere Abnehmer aus dem Gesundheitsbereich. Viele Nähstuben und Boutiquen für Kinder- oder Damenbekleidung haben solche Angebote ebenfalls in ihre Shops eingestellt und werden wärmstens empfohlen. Die private Nachfrage übersteigt das verfügbare Angebot. Auch diese Anbieter dürften ihre Umsatzeinbrüche zumindest teils ausgleichen. Ähnlich denken selbstständige Lehrkräfte, die sich erstmals an Online-Unterricht wagen, beispielsweise im Fitness- und Entspannungsbereich oder bei Sprach- und Instrumentalunterricht. Coaches gehen vielfach ebenfalls online oder sind es bereits. So ermöglichen sie nicht nur den bisherigen Klienten eine gewisse Kontinuität. Sie gewinnen auch an Reichweite – und damit potenziell Zugang zu neuen Schüler- oder Kundengruppen. Die Corona-Krise öffnet ihnen die Augen für einen zusätzlichen Absatzkanal.

Mit Kun­den die Auf­träge in der Zeit nach Corona pla­nen

Restaurants bieten als Corona-Strategie ihre Gerichte zum Mitnehmen an oder liefern. Einzelhändler verkaufen durch neu aufgesetzte Onlineshop-Systeme erstmals über ihren regionalen Einzugsbereich hinaus. Handwerker schließen zwar ihre Verkaufsräume – etwa Kfz-Werkstätten oder Unternehmen im Sanitärbereich. Doch der angeschlossene Handwerksbetrieb kann weiterlaufen oder bekommt sogar zusätzliche Aufträge, weil seine Dienstleistung jetzt besonders gefragt ist. Natürlich müssen Firmenchefs hier wegen des Kontaktthemas abwägen, welcher Auftrag geht und wann sie Kunden besser etwas vertrösten. Wichtig ist, mit guten Argumenten zu überzeugen und möglichst Absprache zum künftigen Leistungszeitraum und -umfang zu treffen. So lassen sich Verluste zumindest in gewissem Umfang gleich abfedern. Und es ist der Boden bereitet für ein schnelles Durchstarten mit bereits vereinbarten Aufträgen, sobald die Kontaktbeschränkungen aufgehoben sind oder das nötige Material da ist. Der Wiesbadener Veranstaltungsanbieter Schlachthof suchte sich einfach einen neuen Großkunden. Er funktionierte den Backstage-Bereich zur Feuerwache um. Das Unternehmen hilft so, die Ansteckungsgefahr für die Rettungskräfte zu mindern.

Auch be­son­de­re Ku­lanz ist als Corona-Strategie viel­ver­sprechend

In Corona-Zeiten eröffnen sich auch Chancen für einen neuen Umgang mit den Kunden. Viele Dienstleister, Händler und produzierende Unternehmen müssen sich mit einem Thema befassen, das in früheren Boom-Zeiten keine große Rolle spielte: Kulanz. Gerade wer länger laufende Kundenbeziehungen pflegt, punktet jetzt mit fairem Verhalten und guter Kommunikation als Corona-Strategie. Manche Fitnessstudios bieten etwa an, laufende Verträge kostenfrei um die Dauer der infektionsschutzbedingten Schließungen zu verlängern. Wer sich diese Kulanz leistet, darf auf eine bessere Kundenbeziehung hoffen. Und darauf, später weiterempfohlen zu werden. Es kann sich also sehr lohnen, Dauerkunden durch Kulanz bei Laune zu halten – gerade in der Krise. Bei guten Geschäftsbeziehungen wirkt Kulanz übrigens in beide Richtungen, wenn auch Kunden beschließen, sich ihrerseits Kulanz zu leisten: Dauerkarteninhaber des Vereins 1860 München verzichten darauf, sich anteilig ihr Geld zurückerstatten zu lassen, weil ja keine Spiele stattfinden. So stärkt die Kulanz der Zuschauer die Liquidität eines Wirtschaftsunternehmens im Fußballbetrieb.

Manch­mal soll­ten Un­ter­neh­mer aber auf ihre AGB pochen

In anderen Fällen sollten Firmenchefs allerdings gründlicher über Kulanz als Corona-Strategie nachdenken. Manche Kunden fordern diese derzeit vehement, wenn es um die Erstattung von Eintrittspreisen oder bereits gebuchten und angezahlten Veranstaltungen geht. Hier geht es beispielsweise um aufwändige Tagungen oder Kompaktschulungsangebote mit Unterkunft – also Termine, die nicht so einfach nachgeholt werden können. Meistens sind hier bereits Kosten angefallen, etwa für die Raummieten oder unter Umständen für weitere Dienstleister. Hier sollten Unternehmer sehr genau darüber nachdenken, wieviel Kulanz sie sich leisten können, und den Auftraggeber um etwas Zeit bitten. Solche Dienstleister brauchen die Rechtsberatung beim Anwalt über ihre Rechte und Pflichten laut AGB etwa mit Blick auf höhere Gewalt. Und sie sollten angesichts massiver, manchmal unverschämter Forderungen die bisherige Bewertung der Kundenbeziehungen überdenken. Selbst wer mit seinem Geschäftsmodell weitermachen will, könnte in der aktuellen Krise erkennen, dass das nicht für jeden Kunden gilt…

Corona-Strategie: Kun­den­analyse und Hilfs­pro­gram­me nutzen

Die strategische Überlegung kann und muss im Corona-Fall keine vollwertige Kundenwertanalyse oder gründlich durchgerechnete ABC-Segmentierung sein. Es reicht, wenn Unternehmer abwägen: Wie gut ist das Geschäft mit dem Kunden? Wie sind die Zukunftsaussichten? Wie hoch ist der Aufwand für die Kundenbeziehung? Sprich: Ist der Kontakt unter dem Strich gut, oder kostet er unnötig Zeit und Nerven? Die Diskussion mit Unternehmerkollegen und Mitarbeitern erleichtert das Abwägen. Manchen Kunden signalisiert der Unternehmer vielleicht Kulanz, möglicherweise kommt ein Entgegenkommen auf halbem Weg heraus. Anderen sagt er ab, um bislang eingegangene Beträge für entstandene Kosten aufzuwenden. Nicht zuletzt auch, um seine Liquidität zu sichern. Das hilft dann auch, aus eigener Kraft durch die Krise zu kommen. Auch die über Hilfsprogramme zur Verfügung stehenden Zuschüsse oder Kredite sind nicht unendlich, sie wollen mit Bedacht eingesetzt sein: Nicht nur, um laufende Kosten zu tragen, sondern auch, um die Basis für die künftige unternehmerische Existenz zu legen.

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Midia Nuri

ist Wirtschaftsjournalistin. Sie schreibt vor allem über nutzwertige Unternehmerthemen rund um Betriebsführung oder auch Finanzielles und Steuerliches für verschiedene Branchenzeitschriften, wie etwa den kfz-Betrieb, Die Fleischerei, Der Freie Zahnarzt, Fahrzeug + Karosserie oder auch etwa Das Dachdeckerhandwerk. Außerdem ist sie Chefredakteurin eines Newsletters von BWRMed!a zum Thema Steuern und Bilanzierung. Zu Steuer- und Finanzthemen bloggt und twittert sie derzeit sporadisch unter lady-godiva-blog.de und twitter.com/LadyGodivaBlog.

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