Das gab es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie: Zum 1. Juli soll die Mehrwertsteuer vorübergehend gesenkt werden. Der reguläre Satz kehrt zurück zu 16 Prozent, der ermäßigte Mehrwertsteuersatz auf den ursprünglichen Satz von 5 Prozent. Aber mit diesem in der Tat historischen Schritt geht der Gesetzgeber nur ein Stück des Weges. Denn die Reduzierung der Mehrwertsteuersätze ist befristet und soll Ende des Jahres auslaufen. Der Gesetzgeber will damit der Konjunktur neuen Schwung verleihen, die durch die Corona-Krise in beispielloser Weise eingebrochen ist. Selbst wenn nicht alle Branchen und Unternehmen das Senken der Mehrwertsteuer weitergeben, so ist die Bundesregierung doch überzeugt, dass genug Anreize für Verbraucher bleiben, um ihr Geld wieder auf den Markt zu tragen.
Senken der Mehrwertsteuersätze im Grundsatz richtig
Grundsätzlich ist dieser Ansatz richtig, denn die Wirtschaft insgesamt und die Nachfrage im Besonderen hat in den vergangenen Monaten aufgrund des Shutdowns extrem gelitten. Wo hätte man Kleidung einkaufen sollen, wenn Geschäfte schließen mussten? Wo hätte man eine Pizza und ein Glas Wein genießen sollen, wenn Restaurants zu waren? Wo hätte man einen neuen Schlafzimmerschrank kaufen sollen, wenn das örtliche Möbelgeschäft nicht öffnen durfte? Natürlich lassen sich viele Dinge auch online und im E-Commerce bestellen. Aber ich persönlich – wie wahrscheinlich auch viele andere Menschen – kaufe auch gern im Laden vor Ort und wünsche mir, dass die regionale Wirtschaft weiterhin lebendig bleibt. Und natürlich sind nicht nur der Handel, sondern ebenso Handwerker und Zulieferbetriebe größerer Industrie von der Corona-Krise stark betroffen.
Finanzverwaltung muss Aufwand klein halten
Mit dem Senken der Mehrwertsteuersätze den Konsum anzuregen, ist also ein prinzipiell guter Impuls. Dass dieser Impuls kurzfristig kommt, ist im Sinne des Gesetzgebers, um den Konjunkturmotor schnell wieder in Gang zu bringen. Allerdings stellt genau dieser außergewöhnlich kurze Vorlauf Unternehmen vor große Herausforderungen. Beispielsweise mit Blick darauf, die Kassensysteme kurzfristig umzustellen sowie die Änderungen in der Buchführung umzusetzen – über die Umsatzsteuervoranmeldung bis hin zum Jahresabschluss und zur Umsatzsteuererklärung. Immerhin sollen über die Preisangabenverordnung Erleichterungen bei der Preisauszeichnung in Verbindung mit pauschalen Rabatten eingeräumt werden . Daneben gibt es weitere Ansatzpunkte für eine Umsetzung mit möglichst wenig zusätzlichem Aufwand, die aktuell zu Recht intensiv diskutiert werden. Es ist entscheidend, dass die Finanzbehörden weiterhin darauf achten, die bürokratischen Hürden und die Auswirkungen auf die Besteuerungsprozesse möglichst klein zu halten.
Klar ist: Auf Sie als Unternehmer kommt ein erheblicher Umstellungsaufwand zu. Aber Sie sind nicht allein. Bei allen Fragen rund um die Mehrwertsteueränderungen ist Ihr Steuerberater mit seiner Kompetenz und Unterstützung ein bewährter Sparringspartner. Und letztlich gehe ich davon aus, dass die Vorteile sowohl bei Verbrauchern als auch bei Unternehmen überwiegen werden. Und zwar selbst dann, wenn nicht alle Unternehmen die niedrigeren Mehrwertsteuersätze an ihre Kunden weitergeben. Denn in diesem Fall steigen die Margen und Erträge und somit am Ende das Eigenkapital in den Unternehmen. Und letztlich wäre auch das ein Impuls, um den stotternden Konjunkturmotor wieder in Fahrt zu bringen.