Arbeitsrecht & Soziales

Weiterbeschäftigung nach Renteneintritt ist relativ einfach

Wenn es bei­de wol­len, ist eine Wei­ter­be­schäf­tigung nach Ren­ten­ein­tritt kein Pro­blem – und kann für Chefs wie Mit­ar­bei­ter sehr in­te­res­sant sein. Un­ter­neh­mer soll­ten sich aber zu­vor gut be­raten lassen, was die recht­li­chen De­tails angeht.

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Vor nicht allzu langer Zeit sorgten Finanzinstitute für Schlagzeilen, die unbedingt ihre Rentner aus dem Ruhestand zurückholen wollten. Weil diese älteren Semester noch antiquierte Programmiersprachen wie Cobol beherrschen, verringert bei der IT-Modernisierung ihr Wissen das Risiko von Datenverlusten. Inzwischen reaktivieren nicht nur Banken altersbedingt ausgeschiedene Mitarbeiter. Längst setzen auch Mittelständler schon in größerem Stil auf alte Hasen. Die mit einer Antenne für den drohenden Fachkräftemangel bereits seit Jahren. Ein japanisches Sprichwort sagt: „Wenn ein alter Mensch stirbt, ist es wie eine Bibliothek, die brennt.“ Das wollen sich viele Unternehmer nicht mehr leisten. Manche Konzerne, beispielsweise Bosch, gründen Gesellschaften zur projektbezogenen Vermittlung der seit den frühen 80er-Jahren von einer gemeinnützigen Stiftung vermittelten und ehrenamtlich tätigen Senior-Experten. Auch viele Mitarbeiter interessieren sich für eine Weiterbeschäftigung nach Renteneintritt. Kein Problem, falls beide Seiten das Thema gründlich mit Anwalt und Steuerberater besprechen, um das längere Arbeiten sorgfältig vorzubereiten.

Wei­ter­be­schäf­ti­gung: Nicht nur we­gen des Gel­des interessant

Für jeden vierten Rentner gibt es inzwischen eine Weiterbeschäftigung nach Renteneintritt. 31 Prozent der Frauen und 28 Prozent der Männer bleiben länger beim Betrieb an Bord, so eine aktuelle Umfrage des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Freude an der Arbeit und den Kontakt zu anderen Menschen nannten gut 90 Prozent der erwerbstätigen Rentner als Grund für die Weiterbeschäftigung. Zudem wollen viele mit dem Zusatzeinkommen ihren Lebensstandard aufrechterhalten – oder brauchen es, um über die Runden zu kommen. In den Einkommensklassen bis 3.000 Euro Haushaltseinkommen nannte mindestens jeder zweite Rentner das Motiv Geld, darüber waren es 37 Prozent. Gerade die gut Qualifizierten arbeiten weiter: Knapp 60 Prozent von jenen mit mehr als 2.500 Euro Haushaltseinkommen im Monat. Dagegen sind es laut IAB bis 1.000 Euro nur 26 Prozent der Männer und 29 Prozent der Frauen.

Verdienst bei Wei­ter­be­schäf­ti­gung ist un­be­grenzt möglich

Auf die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung nach Renteneintritt sollten Unternehmer ihre Mitarbeiter unbedingt ansprechen. 21 Prozent der Frauen und 17 Prozent der Männer hätten dies laut IAB-Umfrage gewünscht und ihren Abschied vom Betrieb verschoben. Rechtlich ist das kein Problem. Den Antrag auf Rentenbezug – und ohne Antrag keine Rente – können Versicherte auch später stellen. Das zahlt sich nicht nur in Form des Gehalts aus, das sie weiter beziehen. Sondern sie erhöhen dadurch auch ihre spätere Rente: Pro Monat hinausgeschobenen Renteneintritt erhalten sie 0,5 Prozent mehr. Drei Jahre mehr Arbeit bringt mit 18 Prozent also ein üppiges Rentenplus. Wer neben der regulären Altersrente arbeitet, also nicht vorzeitig in Ruhestand gegangen ist, kann unbegrenzt hinzuverdienen. Die Rente lässt sich zusätzlich noch durch freiwillige Rentenversicherungsbeiträge aufbessern – das neue Flexirentengesetz ermöglicht dies.

Neu­es Ge­setz er­leich­tert Wei­ter­bes­chäf­tigung von Ren­tnern

Natürlich können Chefs ihre Mitarbeiter auch über einen Minijob im Unternehmen halten. Vorsichtig sollten sie mit Aufträgen auf selbstständiger Basis sein – hier droht Scheinselbstständigkeit. Doch Weiterbeschäftigung nach Renteneintritt ist auch festangestellt heute kein Problem. Das 2017 in Kraft getretene Flexirentengesetz (Gesetz zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand und zur Stärkung von Prävention und Rehabilitation im Erwerbsleben) hat Erleichterungen gebracht. Vorzeitig in Rente gegangene Arbeitnehmer können durch Sonderzahlungen ihre bisherigen Rentenabschläge ausgleichen. Und statt 520 Euro monatlich dürfen sie bis zu 6.300 Euro jährlich hinzuverdienen, ohne dass die Rentenversicherung ihre Bezüge kürzt. Was über der Verdienstgrenze liegt, wird zu 40 Prozent angerechnet. Günstig aus Arbeitgebersicht: Die Arbeitslosenversicherung fällt weg. Was genau für eine Weiterbeschäftigung nach Renteneintritt gilt, kann individuell unterschiedlich sein. Unternehmer und Mitarbeiter sollten also stets mit dem Steuerberater den konkreten Fall durchsprechen.

Mit­ar­bei­ter im Ren­ten­al­ter nicht ein­fach wei­ter­ma­chen lassen

Auch wenn die Weiterbeschäftigung nach Renteneintritt jetzt leichter ist: Chefs sollten niemanden einfach so weiterarbeiten lassen. Das geht zwar, aber damit binden sie den Mitarbeiter stärker ans Unternehmen, als ihnen vielleicht lieb ist. Denn die meisten Arbeitsverträge sind regulär bis zum Eintritt des Rentenalters befristet. Lassen Unternehmer jemanden einfach weiterarbeiten, verwandelt sich der bis Renteneintrittsalter befristete Vertrag in einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Das hat Nachteile beim gesetzlichen Kündigungsschutz. Stehen etwa betriebsbedingte Kündigungen an, werden Unternehmer wegen einer möglicherweise notwendigen Sozialauswahl ältere oder vielleicht gesundheitlich angeschlagene Mitarbeiter kaum los. Das kann bei einer geplanten Nachfolgeregelung die Übergabe an einen Firmenkäufer erschweren. Wer einen weiter beschäftigten Mitarbeiter dann in Rente schicken will, ist bei einem unbefristeten Vertrag darauf angewiesen, dass dieser einwilligt. Eine altersbedingte Kündigung ist gesetzlich verboten.

Ver­trag bei Wei­ter­be­schäf­ti­gung nach Ren­ten­ein­tritt be­fristen

Firmenchefs, die mit einem Mitarbeiter eine Weiterbeschäftigung nach Renteneintritt vereinbaren, sollten besser dessen Arbeitsvertrag befristen. Das können sie beliebig oft – die immer neue Befristung diskriminiert den älteren nicht, so das Bundesarbeitsgericht. Auch mit Unionsrecht ist diese nationale Befristungsregelung vereinbar, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) später in diesem Fall. Wegen möglicher tariflicher oder gesetzlicher Vorgaben sollten Unternehmer für die rechtssichere Gestaltung des neuen Vertrags aber in jedem Fall anwaltlichen Rat einholen.

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Midia Nuri

ist Wirtschaftsjournalistin. Sie schreibt vor allem über nutzwertige Unternehmerthemen rund um Betriebsführung oder auch Finanzielles und Steuerliches für verschiedene Branchenzeitschriften, wie etwa den kfz-Betrieb, Die Fleischerei, Der Freie Zahnarzt, Fahrzeug + Karosserie oder auch etwa Das Dachdeckerhandwerk. Außerdem ist sie Chefredakteurin eines Newsletters von BWRMed!a zum Thema Steuern und Bilanzierung. Zu Steuer- und Finanzthemen bloggt und twittert sie derzeit sporadisch unter lady-godiva-blog.de und twitter.com/LadyGodivaBlog.

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