Organisation & Management

Minijob auf Abruf birgt Risiken für Unternehmen

Per Mini­job auf Ab­ruf fan­gen vie­le Un­ter­neh­men sai­so­na­le Auf­trags­spit­zen ab. Doch manch­mal droht Är­ger bei Min­dest­lohn oder 520-Eu­ro-Jobs. Mit Un­ter­stüt­zung der An­walts- und Steuer­be­ra­tungs­kanz­lei las­sen sich die Ar­beits­ver­trä­ge rechts­si­cher formulieren.

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Prinzipiell ist die sogenannte Arbeit auf Abruf für Unternehmen eine gute Sache. Beschäftigte mit solchen Verträgen erbringen ihre vereinbarten Leistungen nicht zu festen Zeiten, sondern schwankend entsprechend dem Arbeitsanfall. So lassen sich wöchentlich unterschiedliche Stundenzahlen arbeiten, was vor allem Beschäftigte in Teilzeit oder mit Minijob nutzen. Das Weisungsrecht liegt in Person der Vorgesetzten beim Unternehmen – es hat also mehr Flexibilität bei der Einsatzplanung. Abrufarbeit ist eine Abweichung von allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen zum Arbeitnehmerschutz. Dafür sind andere gesetzliche Besonderheiten zu beachten. Insbesondere eine Änderung im §12 des hier geltenden Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) bereitet seit 2019 Sorgen. Dort steht zur Arbeit auf Abruf etwa: „Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart.“ Bis 2018 waren es zehn Stunden. Das bedeutet de facto eine glatte Verdoppelung der unterstellten Arbeitszeit – insbesondere beim Minijob auf Abruf drohen dadurch Probleme mit dem Mindestlohn.

Viele Branchen profitieren vom Minijob auf Abruf

Minijob auf Abruf nur mit Stundenzahl vereinbaren

Weitere Besonderheiten beim Minijob auf Abruf

Unternehmen sollten mögliche Alternativen prüfen

Viele Branchen profitieren vom Minijob auf Abruf

Besonders von der veränderten Stundenzahl betroffen sind Betriebe mit saisonal stark schwankendem Geschäft, beispielsweise Gastronomie oder Gartenbau. Schon immer nutzten sie im Sommer bei Arbeitsspitzen verstärkt den Minijob auf Abruf und setzten geringfügig Beschäftigte in Teilzeit je nach Wetter ein. Eben auf Abruf. Jetzt ist der Minijob auf Abruf für Restaurants und Clubs ein noch wichtigeres Instrument für mehr Flexibilität. Damit lässt sich besser auf die teilweise rasch wechselnden Corona-Beschränkungen reagieren. Auch in anderen Branchen könnte der Minijob auf Abruf künftig an Bedeutung gewinnen. Aber nur, solange die Verträge gerade mit Blick auf die veränderten Bedingungen für die Arbeitszeiten gut durchdacht formuliert sind. Vor allem gilt es dabei die Wechselwirkung von Stundenzahl und Mindestlohn im Auge zu behalten.

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Minijob auf Abruf nur mit Stundenzahl vereinbaren

Auch beim Minijob auf Abruf gilt die Lohnobergrenze von 520 Euro im Monat, damit die Vorteile einer geringfügigen Beschäftigung zum Tragen kommen – nämlich, dass die Beschäftigten weder Steuern noch Sozialabgaben zahlen. Das lässt sich aber nur mit einem Arbeitsvertrag erreichen, der die richtigen Rahmenbedingungen bei der Arbeitszeit festschreibt. Richtig heißt in diesem Fall, beim Minijob auf Abruf schriftlich eine Stundenzahl zu fixieren. Wer das vergisst, müsste – wie im Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) vorgegeben – mit einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden kalkulieren. Auf dieser Basis wäre das Überschreiten der 520-Euro-Grenze und damit der Verlust der Minijob-Vorteile aber programmiert. Die einfache Formel lautet dann nämlich: 20 Stunden pro Woche multipliziert mit rechnerisch 4,33 Wochen pro Monat mal derzeit 12 Euro Mindestlohn pro Stunde ergibt einen Monatslohn von 1.039,20 Euro – das ist sicher kein Minijob.

Unternehmen, die den Minijob auf Abruf nutzen, sollten deshalb regelmäßig ihre Verträge darauf überprüfen, ob die Stundenzahl richtig festgeschrieben ist. Mit Blick auf die generelle Vorgabe, dass spätestens bei Betriebsprüfungen wegen der fehlenden Stundenzahl automatisch 20 Wochenstunden unterstellt werden. Und mit Blick auf die Frage, ob durch einen steigenden Mindestlohn die 520-Euro-Grenze gerissen wird.

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Weitere Besonderheiten beim Minijob auf Abruf

Wer sich per Minijob auf Abruf mehr Flexibilität verschaffen will, muss wasserdichte Verträge aufsetzen. Das heißt, schriftlich die vereinbarte wöchentliche Stundenzahl zu fixieren. Denn andernfalls kämen die im Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) vorgesehenen 20 Wochenstunden zum Tragen. Und dann wäre der Minijob auf Abruf wegen des Mindestlohns kein Minijob mehr, sondern nur noch Arbeit auf Abruf. Allerdings sind beim Festsetzen der Stundenzahl noch weitere Besonderheiten der Arbeit auf Abruf zu beachten, die es mit der Steuerberatungs- und/oder Anwaltskanzlei zu klären gilt. Ist nämlich eine wöchentliche Mindestarbeitszeit vereinbart, darf das Unternehmen nur bis zu 25 Prozent mehr Arbeitsstunden abrufen. Steht im Vertrag eine wöchentlichen Höchstarbeitszeit, darf es wiederum nur bis zu 20 Prozent weniger abrufen. Auch diese Details sind nicht nur bei der Vertragsformulierung wichtig, sondern ebenso beim Dokumentieren der geleisteten Stunden. Deshalb sollten derartige Vereinbarungen stets nur mit Hilfe von Fachleuten zustande kommen.

Manchmal sind auch nicht geleistete Stunden zu zahlen

Ebenfalls zu beachten sind beim Minijob auf Abruf die Vorgaben mit Blick auf die tägliche Arbeitszeit. Ist deren Dauer nicht vertraglich festgelegt, unterstellt die Sozialversicherung nämlich, dass das Unternehmen die Arbeitsleistung von Beschäftigten für mindestens drei aufeinanderfolgende Stunden in Anspruch genommen hat. Diese drei Stunden sind dann auch bei einem kürzeren Einsatz zu bezahlen. So kann es ebenfalls zum Überschreiten der Minijob-Grenze kommen und der gefürchtete Phantomlohn entstehen. Denn die Sozialversicherung rechnet dann mit tatsächlich nicht geleisteten, aber rein rechtlich zu bezahlenden Stunden. Wer jemanden mit Minijob auf Abruf dreimal im Monat für nur eine Stunde kommen lässt, aber drei Stunden zu entgelten hat, müsste also auf Mindestlohnniveau derzeit 72 Euro zahlen, ohne einen Gegenwert in Form von Arbeitsleistung zu bekommen. Fachleute können den Vertrag für einen Minijob auf Abruf mit Blick auf die wöchentliche sowie tägliche Stundenzahl richtig formulieren.

Auf Vorgaben zum Ankündigungstag achten

Und sie informieren über weitere Besonderheiten. Beispielsweise, dass zwischen dem Abruf der Arbeitsleistung und dem Arbeitsantritt mindestens vier Tage liegen müssen. Dabei zählt der Tag der Ankündigung nicht mit. Fällt der letzte mögliche Ankündigungstag auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, gilt der Werktag davor als letzter möglicher Ankündigungstag. Die Beschäftigten dürfen natürlich auch bei einer kürzeren Ankündigung zur Arbeit antreten, sind dazu aber nicht verpflichtet. Trotzdem steht ihnen dann die vereinbarte Vergütung für nicht abgerufene Arbeitszeit zum Ende des Abrechnungszeitraums zu, wenn die Vier-Tagesfrist unterschritten wurde und sie deshalb keine Arbeitsleistung erbracht haben. Ausnahme: Gestattet der Arbeitsvertrag oder eine Betriebsvereinbarung, die unverbrauchte Arbeitszeit in den nächsten Abrechnungszeitraum zu übertragen, entfällt die Bezahlung der nicht abgerufenen Arbeitszeit. Auch das spricht für einen mit anwaltlicher Unterstützung formulierten Vertrag für einen Minijob auf Abruf.

Unternehmen sollten mögliche Alternativen prüfen

Statt einem Minijob auf Abruf könnten sich aber auch andere Lösungen anbieten, falls sie richtig gestrickt sind. Eine Alternative wären Arbeitszeitkonten. Statt einem Minijob auf Abruf erhalten die Beschäftigten dabei einen Arbeitsvertrag mit einem gleichbleibenden, also verstetigtem Entgelt von 520 Euro. Sie können dann je nach Bedarf unterschiedlich viele Stunden im Monat leisten und Plus- oder Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto sammeln. Das Arbeitszeitkonto wird innerhalb eines vereinbarten Zeitraums ausgeglichen. Oder der Minijob auf Abruf wird zum Midijob innerhalb der Gleitzone. Das ist nicht ganz so billig für das Unternehmen, bietet aber viel Flexibilität und hilft so, möglichen Ärger zu vermeiden.

Die wichtigsten Informationen zum Thema Übergangsbereich fasst dieses Video zusammen.
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Frank Wiercks

ist Mitglied der Redaktion von TRIALOG, dem Unternehmermagazin für Mittelständler, Selbständige und Freiberufler. Außerdem arbeitet er für verschiedene Wirtschafts- und Managementmagazine. Zuvor war er unter anderem Chefredakteur von handwerk magazin und Markt und Mittelstand.

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